chen, was eben so schwer zu finden war als vorhin der Eingang, nehmlich der Ausgang am glatten Kabinet. Keiner wollte vorstechen. Leise überstrich er mit den Händen die fugenlosen Wandtapeten, weil er sich schämte, zu fragen, wie er herein gekommen. Ueber drei Wände glitt er mit dem Bügel der Hand, bis er end¬ lich in eine Ecke auf ein goldenes Kreuz einer Thüre grif. Er dreht es mit Vergnügen um und es that sich ein Wandschrank auf, worinn Winas himmelblaues Konzert-Kleid lang und nahe nieder hieng. Staunend gukte er hinein und wollte noch lange davor erstaunen, als sich der General, der das Handstreicheln und Glät¬ ten vernommen, endlich umdrehte und ihn vor dem Schranke mit dem Schauen halten sah: "ich wollte hinaus" sagt' er. "Das geht hier" sag¬ te Zablocki und öfnete eine Thüre, wo das wirk¬ lich zu machen war.
Das Schicksal mag ihm absichtlich die klei¬ ne Schamröthe auf seinen Sieges-Weg mitge¬ geben haben, um damit einigermaßen das Be¬ wustseyn zu dämpfen, womit er so mit Ehren¬
chen, was eben ſo ſchwer zu finden war als vorhin der Eingang, nehmlich der Ausgang am glatten Kabinet. Keiner wollte vorſtechen. Leiſe uͤberſtrich er mit den Haͤnden die fugenloſen Wandtapeten, weil er ſich ſchaͤmte, zu fragen, wie er herein gekommen. Ueber drei Waͤnde glitt er mit dem Buͤgel der Hand, bis er end¬ lich in eine Ecke auf ein goldenes Kreuz einer Thuͤre grif. Er dreht es mit Vergnuͤgen um und es that ſich ein Wandſchrank auf, worinn Winas himmelblaues Konzert-Kleid lang und nahe nieder hieng. Staunend gukte er hinein und wollte noch lange davor erſtaunen, als ſich der General, der das Handſtreicheln und Glaͤt¬ ten vernommen, endlich umdrehte und ihn vor dem Schranke mit dem Schauen halten ſah: „ich wollte hinaus“ ſagt' er. „Das geht hier“ ſag¬ te Zablocki und oͤfnete eine Thuͤre, wo das wirk¬ lich zu machen war.
Das Schickſal mag ihm abſichtlich die klei¬ ne Schamroͤthe auf ſeinen Sieges-Weg mitge¬ geben haben, um damit einigermaßen das Be¬ wuſtſeyn zu daͤmpfen, womit er ſo mit Ehren¬
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0165"n="157"/>
chen, was eben ſo ſchwer zu finden war als<lb/>
vorhin der Eingang, nehmlich der Ausgang am<lb/>
glatten Kabinet. Keiner wollte vorſtechen. Leiſe<lb/>
uͤberſtrich er mit den Haͤnden die fugenloſen<lb/>
Wandtapeten, weil er ſich ſchaͤmte, zu fragen,<lb/>
wie er herein gekommen. Ueber drei Waͤnde<lb/>
glitt er mit dem Buͤgel der Hand, bis er end¬<lb/>
lich in eine Ecke auf ein goldenes Kreuz einer<lb/>
Thuͤre grif. Er dreht es mit Vergnuͤgen um<lb/>
und es that ſich ein Wandſchrank auf, worinn<lb/>
Winas himmelblaues Konzert-Kleid lang und<lb/>
nahe nieder hieng. Staunend gukte er hinein<lb/>
und wollte noch lange davor erſtaunen, als ſich<lb/>
der General, der das Handſtreicheln und Glaͤt¬<lb/>
ten vernommen, endlich umdrehte und ihn vor<lb/>
dem Schranke mit dem Schauen halten ſah: „ich<lb/>
wollte hinaus“ſagt' er. „Das geht <hirendition="#g">hier</hi>“ſag¬<lb/>
te Zablocki und oͤfnete eine Thuͤre, wo das wirk¬<lb/>
lich zu machen war.</p><lb/><p>Das Schickſal mag ihm abſichtlich die klei¬<lb/>
ne Schamroͤthe auf ſeinen Sieges-Weg mitge¬<lb/>
geben haben, um damit einigermaßen das Be¬<lb/>
wuſtſeyn zu daͤmpfen, womit er ſo mit Ehren¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[157/0165]
chen, was eben ſo ſchwer zu finden war als
vorhin der Eingang, nehmlich der Ausgang am
glatten Kabinet. Keiner wollte vorſtechen. Leiſe
uͤberſtrich er mit den Haͤnden die fugenloſen
Wandtapeten, weil er ſich ſchaͤmte, zu fragen,
wie er herein gekommen. Ueber drei Waͤnde
glitt er mit dem Buͤgel der Hand, bis er end¬
lich in eine Ecke auf ein goldenes Kreuz einer
Thuͤre grif. Er dreht es mit Vergnuͤgen um
und es that ſich ein Wandſchrank auf, worinn
Winas himmelblaues Konzert-Kleid lang und
nahe nieder hieng. Staunend gukte er hinein
und wollte noch lange davor erſtaunen, als ſich
der General, der das Handſtreicheln und Glaͤt¬
ten vernommen, endlich umdrehte und ihn vor
dem Schranke mit dem Schauen halten ſah: „ich
wollte hinaus“ ſagt' er. „Das geht hier“ ſag¬
te Zablocki und oͤfnete eine Thuͤre, wo das wirk¬
lich zu machen war.
Das Schickſal mag ihm abſichtlich die klei¬
ne Schamroͤthe auf ſeinen Sieges-Weg mitge¬
geben haben, um damit einigermaßen das Be¬
wuſtſeyn zu daͤmpfen, womit er ſo mit Ehren¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/165>, abgerufen am 27.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.