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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804.

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Endlich fiengen die in allen Konzerten ein¬
geführten Hör-Ferien an, die Sprech-Minu¬
ten, in denen man erst weiß, daß man in einem
Konzert ist, weil man doch seinen Schritt thun
und sein Wort sagen und Herzen und Gefrornes
auf der Zunge schmelzen kann. Wer Henker,
sagt Vult sehr gut, in einem Extrablatt seines
Hoppelpoppels oder das Herz überschrieben
Vox humana -- Konzert.

"Wer Henker wollte Ton- wie Dicht-Kunst
lang' aushalten ohne das Haltbare, das nach¬
hält? Beider Schönheiten sind die herrlichsten
Blumen, aber doch auf einem Schinken, den
man anbeissen will. Kunst und Manna -- sonst
Speisen -- sind jezt Abführungsmittel, wenn
man sich durch Lust und Last verdorben. Ein
Konzertsaal ist seiner Bestimmung nach ein
Sprachzimmer; für den leisen Ton der Feindin
und Freundin, nicht für den lauten der Instru¬
mente, hat das Weib das Ohr; wie ähnlicher
Weise nicht für Wohlgeruch, sondern nur für
Geruch feindlicher und bekannter Menschen nach
Bechstein die Nase der Hund hat. Bei Gott

Endlich fiengen die in allen Konzerten ein¬
gefuͤhrten Hoͤr-Ferien an, die Sprech-Minu¬
ten, in denen man erſt weiß, daß man in einem
Konzert iſt, weil man doch ſeinen Schritt thun
und ſein Wort ſagen und Herzen und Gefrornes
auf der Zunge ſchmelzen kann. Wer Henker,
ſagt Vult ſehr gut, in einem Extrablatt ſeines
Hoppelpoppels oder das Herz uͤberſchrieben
Vox humana — Konzert.

„Wer Henker wollte Ton- wie Dicht-Kunſt
lang' aushalten ohne das Haltbare, das nach¬
haͤlt? Beider Schoͤnheiten ſind die herrlichſten
Blumen, aber doch auf einem Schinken, den
man anbeiſſen will. Kunſt und Manna — ſonſt
Speiſen — ſind jezt Abfuͤhrungsmittel, wenn
man ſich durch Luſt und Laſt verdorben. Ein
Konzertſaal iſt ſeiner Beſtimmung nach ein
Sprachzimmer; fuͤr den leiſen Ton der Feindin
und Freundin, nicht fuͤr den lauten der Inſtru¬
mente, hat das Weib das Ohr; wie aͤhnlicher
Weiſe nicht fuͤr Wohlgeruch, ſondern nur fuͤr
Geruch feindlicher und bekannter Menſchen nach
Bechſtein die Naſe der Hund hat. Bei Gott

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[113/0121] Endlich fiengen die in allen Konzerten ein¬ gefuͤhrten Hoͤr-Ferien an, die Sprech-Minu¬ ten, in denen man erſt weiß, daß man in einem Konzert iſt, weil man doch ſeinen Schritt thun und ſein Wort ſagen und Herzen und Gefrornes auf der Zunge ſchmelzen kann. Wer Henker, ſagt Vult ſehr gut, in einem Extrablatt ſeines Hoppelpoppels oder das Herz uͤberſchrieben Vox humana — Konzert. „Wer Henker wollte Ton- wie Dicht-Kunſt lang' aushalten ohne das Haltbare, das nach¬ haͤlt? Beider Schoͤnheiten ſind die herrlichſten Blumen, aber doch auf einem Schinken, den man anbeiſſen will. Kunſt und Manna — ſonſt Speiſen — ſind jezt Abfuͤhrungsmittel, wenn man ſich durch Luſt und Laſt verdorben. Ein Konzertſaal iſt ſeiner Beſtimmung nach ein Sprachzimmer; fuͤr den leiſen Ton der Feindin und Freundin, nicht fuͤr den lauten der Inſtru¬ mente, hat das Weib das Ohr; wie aͤhnlicher Weiſe nicht fuͤr Wohlgeruch, ſondern nur fuͤr Geruch feindlicher und bekannter Menſchen nach Bechſtein die Naſe der Hund hat. Bei Gott

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/121>, abgerufen am 23.11.2024.