Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804."Ich dencke roher, sagte Vult, ich respek¬ Walt unterdrückte sein Misfallen an der Re¬ Flegeljahre I. Bd. 12
„Ich dencke roher, ſagte Vult, ich reſpek¬ Walt unterdruͤckte ſein Misfallen an der Re¬ Flegeljahre I. Bd. 12
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0187" n="177"/> <p>„Ich dencke roher, ſagte Vult, ich reſpek¬<lb/> tiere alles was zum Magen gehoͤrt, dieſe Mont¬<lb/> golfiere des Menſchen-Zentaurs, der Realiſmus<lb/> iſt der Sancho Panſa des Idealiſmus. — Aber<lb/> oft geh' ich weit und mache in mir edle Seelen,<lb/> z. B. weibliche zum Theil laͤcherlich, indem ich<lb/> ſie eſſen und als Selbſt-Futterbaͤnke ihre untern<lb/> Kinnbacken ſo bewegen laſſe, daß ſie dem Thier<lb/> vorſchneiden.“</p><lb/> <p>Walt unterdruͤckte ſein Misfallen an der Re¬<lb/> de. Begluͤckt aßen ſie oben vor der ausgebroche¬<lb/> nen Wand; die Abendroͤthe war das Tafellicht.<lb/> Auf einmal rauſchte mit verlornem Donnern eine<lb/> friſche Fruͤhlingswolke auf Laub und Graͤſer her¬<lb/> unter, der helle goldne Abendſaum blikte durch<lb/> die herabtropfende Nacht, die Natur wurde eine<lb/> einzige Blume und duftete herein und die erquick¬<lb/> te gebadete Nachtigall zog wie einen langen<lb/> Strahl einen heiſſen langen Schlag durch die<lb/> kuͤhle Luft. „Vermiſſeſt du jezt ſonderlich, frag¬<lb/> te Vult, die Park-Baͤume, den Parukenbaum,<lb/> den Gerberbaum — oder hier oben die Bedien¬<lb/> ten, die Servicen, den Goldteller mit ſeinem<lb/> <fw place="bottom" type="sig">Flegeljahre <hi rendition="#aq">I</hi>. Bd. 12<lb/></fw> </p> </div> </body> </text> </TEI> [177/0187]
„Ich dencke roher, ſagte Vult, ich reſpek¬
tiere alles was zum Magen gehoͤrt, dieſe Mont¬
golfiere des Menſchen-Zentaurs, der Realiſmus
iſt der Sancho Panſa des Idealiſmus. — Aber
oft geh' ich weit und mache in mir edle Seelen,
z. B. weibliche zum Theil laͤcherlich, indem ich
ſie eſſen und als Selbſt-Futterbaͤnke ihre untern
Kinnbacken ſo bewegen laſſe, daß ſie dem Thier
vorſchneiden.“
Walt unterdruͤckte ſein Misfallen an der Re¬
de. Begluͤckt aßen ſie oben vor der ausgebroche¬
nen Wand; die Abendroͤthe war das Tafellicht.
Auf einmal rauſchte mit verlornem Donnern eine
friſche Fruͤhlingswolke auf Laub und Graͤſer her¬
unter, der helle goldne Abendſaum blikte durch
die herabtropfende Nacht, die Natur wurde eine
einzige Blume und duftete herein und die erquick¬
te gebadete Nachtigall zog wie einen langen
Strahl einen heiſſen langen Schlag durch die
kuͤhle Luft. „Vermiſſeſt du jezt ſonderlich, frag¬
te Vult, die Park-Baͤume, den Parukenbaum,
den Gerberbaum — oder hier oben die Bedien¬
ten, die Servicen, den Goldteller mit ſeinem
Flegeljahre I. Bd. 12
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |