Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804.

Bild:
<< vorherige Seite

her, in allen vom Jus freigelassenen Stunden
an gar nichts zu hangen, an gar nichts aufzu¬
klettern, als am hohen Olymp der Musen, dem
Göttersize des Herzens, wiewohl ihm noch nie¬
mand recht gegeben, als Goldine und der Kandi¬
dat; "aber, guter Vult, scherze hier nicht mit
mir. Die Mutter nannte dich schon früh den
Spasser. Ist dein Urtheil Ernst?" -- "Ich
will hier den Hals brechen, Tabellio, versezte
Vult, bewunder' ich nicht dich und deine Verse
aus voller Kunst-Seele. Hör' erst weiter!" --

"Ach warum werd ich denn so überglücklich,
(unterbrach ihn Walt und trank)? Gestern find
ich den Plato, heute dich, gerade zwei Num¬
mern nach meinem Aberglauben. Du hörtest
gestern alle Verse?" -- Mitten unter dem hef¬
tigen Auf- und Abschreiten suchte er immer das
Wirthskind, das im Hofe unter der Baute von
Kartoffeln-Samenkapseln furchtsam aufgukte,
jedesmal sehr anzulächeln, damit es nicht er¬
schräcke.

Vult fieng, ohne ihm zu antworten, sein
Mühlen-Model folgendermaaßen vorzulegen an,

her, in allen vom Jus freigelaſſenen Stunden
an gar nichts zu hangen, an gar nichts aufzu¬
klettern, als am hohen Olymp der Muſen, dem
Goͤtterſize des Herzens, wiewohl ihm noch nie¬
mand recht gegeben, als Goldine und der Kandi¬
dat; „aber, guter Vult, ſcherze hier nicht mit
mir. Die Mutter nannte dich ſchon fruͤh den
Spaſſer. Iſt dein Urtheil Ernſt?“ — „Ich
will hier den Hals brechen, Tabellio, verſezte
Vult, bewunder' ich nicht dich und deine Verſe
aus voller Kunſt-Seele. Hoͤr' erſt weiter!“ —

„Ach warum werd ich denn ſo uͤbergluͤcklich,
(unterbrach ihn Walt und trank)? Geſtern find
ich den Plato, heute dich, gerade zwei Num¬
mern nach meinem Aberglauben. Du hoͤrteſt
geſtern alle Verſe?“ — Mitten unter dem hef¬
tigen Auf- und Abſchreiten ſuchte er immer das
Wirthskind, das im Hofe unter der Baute von
Kartoffeln-Samenkapſeln furchtſam aufgukte,
jedesmal ſehr anzulaͤcheln, damit es nicht er¬
ſchraͤcke.

Vult fieng, ohne ihm zu antworten, ſein
Muͤhlen-Model folgendermaaßen vorzulegen an,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0176" n="166"/>
her, in allen vom <hi rendition="#aq">Jus</hi> freigela&#x017F;&#x017F;enen Stunden<lb/>
an gar nichts zu hangen, an gar nichts aufzu¬<lb/>
klettern, als am hohen Olymp der Mu&#x017F;en, dem<lb/>
Go&#x0364;tter&#x017F;ize des Herzens, wiewohl ihm noch nie¬<lb/>
mand recht gegeben, als Goldine und der Kandi¬<lb/>
dat; &#x201E;aber, guter Vult, &#x017F;cherze hier nicht mit<lb/>
mir. Die Mutter nannte dich &#x017F;chon fru&#x0364;h den<lb/>
Spa&#x017F;&#x017F;er. I&#x017F;t dein Urtheil Ern&#x017F;t?&#x201C; &#x2014; &#x201E;Ich<lb/>
will hier den Hals brechen, Tabellio, ver&#x017F;ezte<lb/>
Vult, bewunder' ich nicht dich und deine Ver&#x017F;e<lb/>
aus voller Kun&#x017F;t-Seele. Ho&#x0364;r' er&#x017F;t weiter!&#x201C; &#x2014;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ach warum werd ich denn &#x017F;o u&#x0364;berglu&#x0364;cklich,<lb/>
(unterbrach ihn Walt und trank)? Ge&#x017F;tern find<lb/>
ich den Plato, heute dich, gerade zwei Num¬<lb/>
mern nach meinem Aberglauben. Du ho&#x0364;rte&#x017F;t<lb/>
ge&#x017F;tern alle Ver&#x017F;e?&#x201C; &#x2014; Mitten unter dem hef¬<lb/>
tigen Auf- und Ab&#x017F;chreiten &#x017F;uchte er immer das<lb/>
Wirthskind, das im Hofe unter der Baute von<lb/>
Kartoffeln-Samenkap&#x017F;eln furcht&#x017F;am aufgukte,<lb/>
jedesmal &#x017F;ehr anzula&#x0364;cheln, damit es nicht er¬<lb/>
&#x017F;chra&#x0364;cke.</p><lb/>
        <p>Vult fieng, ohne ihm zu antworten, &#x017F;ein<lb/>
Mu&#x0364;hlen-Model folgendermaaßen vorzulegen an,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[166/0176] her, in allen vom Jus freigelaſſenen Stunden an gar nichts zu hangen, an gar nichts aufzu¬ klettern, als am hohen Olymp der Muſen, dem Goͤtterſize des Herzens, wiewohl ihm noch nie¬ mand recht gegeben, als Goldine und der Kandi¬ dat; „aber, guter Vult, ſcherze hier nicht mit mir. Die Mutter nannte dich ſchon fruͤh den Spaſſer. Iſt dein Urtheil Ernſt?“ — „Ich will hier den Hals brechen, Tabellio, verſezte Vult, bewunder' ich nicht dich und deine Verſe aus voller Kunſt-Seele. Hoͤr' erſt weiter!“ — „Ach warum werd ich denn ſo uͤbergluͤcklich, (unterbrach ihn Walt und trank)? Geſtern find ich den Plato, heute dich, gerade zwei Num¬ mern nach meinem Aberglauben. Du hoͤrteſt geſtern alle Verſe?“ — Mitten unter dem hef¬ tigen Auf- und Abſchreiten ſuchte er immer das Wirthskind, das im Hofe unter der Baute von Kartoffeln-Samenkapſeln furchtſam aufgukte, jedesmal ſehr anzulaͤcheln, damit es nicht er¬ ſchraͤcke. Vult fieng, ohne ihm zu antworten, ſein Muͤhlen-Model folgendermaaßen vorzulegen an,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre01_1804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre01_1804/176
Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre01_1804/176>, abgerufen am 01.05.2024.