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Patzig, Gotthilf: Vorträge über physische Geographie des Freiherrn Alexander von Humbold: gehalten im großen Hörsaale des Universitäts-Gebäudes zu Berlin im Wintersemester 1827/28 vom 3ten Novbr. 1827. bis 26 April 1828. Aus schriftlichen Notizen nach jedem Vortrage zusammengestellt vom Rechnungsrath Gotthilf Friedrich Patzig. Berlin, 1827/28. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.]

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Tillet 1764 ließ ein zehn Jahr altes Mä[unleserliches Material]dchen eine
Temperatur von 25° über dem Südpunkt aushalten
wo Kartoffeln kochten. Cap. Fips, nachher Lord
Mulgraive ging von 3° Kälte in Schweisbäder
von + 102° R. wo Eyer in wenig Minuten siedeten
Bieeafsstücks neben ihm Brieten etc. Er war frei-
lich in der Temperatur der eignen Ausdünstung
u. doch vermehrte sich die innere Wärme nicht
um 11/2° R. obgleich der Pulsschlag unerhört
zugenommen. So groß ist die Biegsamkeit der
menschl. Natur, daß die Bewohnbarkeit des Erdbodens
durch den Menschen unter den verschiedensten Beding-
nissen statt finden kann. Er kann sich von dem
Druck unter der Taucherglocke bis zur Höhe
von 24000 Fuß erheben, Kälte [unleserliches Material]und Wärme
von 40 bis + 105° ertragen, obwohl
letzteres nur wenige Minuten. Jedoch leben
muntere Völker in einer Gegend wo 4 Monate
lang die Temper. 30-40° unter Null ist.

60. Vorlesung, 24. April 1828

Wir haben aus in der physischen Geographie
zur Vertheilung des Menschengeschlechtes auf der
Erdoberfläche erhoben. Nichts ist mit größerer
Lebendigkeit, selbst Gehässigkeit untersucht
worden. Es sind hiebei eine Menge Dinge einge-
mischt worden, die der historischen Untersuchung
angehören u. hier uns völlig fremd bleiben
müssen. Nachdem über die Völker Asiens, die
dessen Central-Land bewohnen Entdeckungen ge-
macht worden, hat sich über die Abstammung
vieler Völker, der Jberier, Slaven, Germanen etc.
viel Licht verbreitet. Hier trennen wir die
Dinge die bloß zum Causal-Zusammenhange
gehören, wie Geognosie u. Geologie in der Erd-
kunde. Wir werden hier bei der Erscheinung
der verschiedenen Menschenracen stehen bleiben.
Jch sagte nur Jntelligenz ist Ursache, daß der Mensch
gegen die Elemente ankämpfen u. über sich selbst
herrschen kann. Wie wilde Völkerschaften noch
jetzt die größte Unbiegsamkeit zeigen habe ich
in Amerika gesehen, wo es schwer fält die Ure[in-]

wohner

Tillet 1764 ließ ein zehn Jahr altes Mä[unleserliches Material]dchen eine
Temperatur von 25° über dem Südpunkt aushalten
wo Kartoffeln kochten. Cap. Fips, nachher Lord
Mulgraive ging von 3° Kälte in Schweisbäder
von + 102° R. wo Eyer in wenig Minuten ſiedeten
Bieeafsſtücks neben ihm Brieten etc. Er war frei-
lich in der Temperatur der eignen Ausdünſtung
u. doch vermehrte ſich die iñere Wärme nicht
um 1½° R. obgleich der Pulsſchlag unerhört
zugenom̃en. So groß iſt die Biegſamkeit der
menſchl. Natur, daß die Bewohnbarkeit des Erdbodens
durch den Menſchen unter den verſchiedenſten Beding-
niſſen ſtatt finden kañ. Er kañ ſich von dem
Druck unter der Taucherglocke bis zur Höhe
von 24000 Fuß erheben, Kälte [unleserliches Material]und Wärme
von − 40 bis + 105° ertragen, obwohl
letzteres nur wenige Minuten. Jedoch leben
muntere Völker in einer Gegend wo 4 Monate
lang die Temper. 30–40° unter Null iſt.

60. Vorlesung, 24. April 1828

Wir haben aus in der phyſiſchen Geographie
zur Vertheilung des Menſchengeſchlechtes auf der
Erdoberfläche erhoben. Nichts iſt mit größerer
Lebendigkeit, ſelbſt Gehäſſigkeit unterſucht
worden. Es ſind hiebei eine Menge Dinge einge-
miſcht worden, die der hiſtoriſchen Unterſuchung
angehören u. hier uns völlig fremd bleiben
müſſen. Nachdem über die Völker Aſiens, die
deſſen Central-Land bewohnen Entdeckungen ge-
macht worden, hat ſich über die Abſtam̃ung
vieler Völker, der Jberier, Slaven, Germanen etc.
viel Licht verbreitet. Hier treñen wir die
Dinge die bloß zum Cauſal-Zuſam̃enhange
gehören, wie Geognoſie u. Geologie in der Erd-
kunde. Wir werden hier bei der Erſcheinung
der verſchiedenen Menſchenraçen ſtehen bleiben.
Jch ſagte nur Jntelligenz iſt Urſache, daß der Menſch
gegen die Elemente ankämpfen u. über ſich ſelbſt
herrſchen kañ. Wie wilde Völkerſchaften noch
jetzt die größte Unbiegſamkeit zeigen habe ich
in Amerika geſehen, wo es ſchwer fält die Ure[in-]

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[376./0393] Tillet 1764 ließ ein zehn Jahr altes Mädchen eine Temperatur von 25° über dem Südpunkt aushalt wo Kartoffeln kochten. Cap. Fips, nachher Lord Mulgraive ging von 3° Kälte in Schweisbäder von + 102° R. wo Eyer in wenig Minuten ſiedet Beafsſtücks neben ihm Brieten p Er war frei- lich in der Temperatur der eignen Ausdünſtung u. doch vermehrte ſich die iñere Wärme nicht um 1½° R. obgleich der Pulsſchlag unerhört zugenom̃en. So groß iſt die Biegſamkeit der menſchl. Natur, daß die Bewohnbarkeit des Erdbodens durch den Menſchen unter den verſchiedenſten Beding- niſſen ſtatt finden kañ. Er kañ ſich von dem Druck unter der Taucherglocke bis zur Höhe von 24000 Fuß erheben, Kälte und Wärme von − 40 bis + 105° ertragen, obwohl letzteres nur wenige Minuten. Jedoch leben muntere Völker in einer Gegend wo 4 Monate lang die Temper. 30–40° unter Null iſt. D. 24 April. Wir haben aus in der phyſiſchen Geographie zur Vertheilung des Menſchengeſchlechtes auf der Erdoberfläche erhoben. Nichts iſt mit größerer Lebendigkeit, ſelbſt Gehäſſigkeit unterſucht worden. Es ſind hiebei eine Menge Dinge einge- miſcht worden, die der hiſtoriſchen Unterſuchung angehören u. hier uns völlig fremd bleiben müſſen. Nachdem über die Völker Aſiens, die deſſen Central-Land bewohnen Entdeckungen ge- macht worden, hat ſich über die Abſtam̃ung vieler Völker, der Jberier, Slaven, German p viel Licht verbreitet. Hier treñen wir die Dinge die bloß zum Cauſal-Zuſam̃enhange gehören, wie Geognoſie u. Geologie in der Erd- kunde. Wir werden hier bei der Erſcheinung der verſchiedenen Menſchenraçen ſtehen bleiben. Jch ſagte nur Jntelligenz iſt Urſache, daß der Menſch gegen die Elemente ankämpfen u. über ſich ſelbſt herrſchen kañ. Wie wilde Völkerſchaften noch jetzt die größte Unbiegſamkeit zeigen habe ich in Amerika geſehen, wo es ſchwer fält die Urein- wohner

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Zitationshilfe: Patzig, Gotthilf: Vorträge über physische Geographie des Freiherrn Alexander von Humbold: gehalten im großen Hörsaale des Universitäts-Gebäudes zu Berlin im Wintersemester 1827/28 vom 3ten Novbr. 1827. bis 26 April 1828. Aus schriftlichen Notizen nach jedem Vortrage zusammengestellt vom Rechnungsrath Gotthilf Friedrich Patzig. Berlin, 1827/28. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 376.. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/patzig_msgermfol841842_1828/393>, abgerufen am 23.11.2024.