eine Erdbeere mit einem einzigen Blatte entstand vor ungefähr 40 Jahren in den Gärten von Paris, und hat sich bis jezt dort er- halten.
Von den Polen nach dem Aequator hin ist die Pflanzendekke im- mer dichter gewebt. Noch im Anfange dieses Jahrhunderts glaub- te man mit Brown, dass der gröste Pflanzenreichthum sich zwischen 28 und 30° Südbreite befinde, weil er (Brown) in Neu Hol- land eine sehr grosse Menge von Pflanzen vorfand. Allein schon vor meiner Reise glaubte ich annehmen zu dürfen, dass die Pflanzen- masse unter dem Aequator am grösten sei, und jezt hat Brown seine frü- here Meinung aufgegeben. Der DrPohl brachte allein 8000 Spezies aus Brasilien, die er auf einer Area von 18000 Quadratmeilen gesammelt hatte: wenn man aber bedenkt, dass die Reisenden immer nur auf schmalen Fus- steigen durch die Länder gehn, und lange nicht alle Pflanzen finden können, welche rechts und links davon im Innern des Landes liegen, so begreift man wohl, wie reich im Ganzen die brasilianische Flora sein müsse, da Frankreich mit 11000 Quadratmeilen nur 6000 Phanerogamen und Kryptogamen hat, und obgleich in den südlichen Theilen ein sehr üppiger Pflanzenwuchs herscht. Brasiliens Lage unter den Wendekreisen
eine Erdbeere mit einem einzigen Blatte entstand vor ungefähr 40 Jahren in den Gärten von Paris, und hat sich bis jezt dort er- halten.
Von den Polen nach dem Aequator hin ist die Pflanzendekke im- mer dichter gewebt. Noch im Anfange dieses Jahrhunderts glaub- te man mit Brown, dass der gröste Pflanzenreichthum sich zwischen 28 und 30° Südbreite befinde, weil er (Brown) in Neu Hol- land eine sehr grosse Menge von Pflanzen vorfand. Allein schon vor meiner Reise glaubte ich annehmen zu dürfen, dass die Pflanzen- masse unter dem Aequator am grösten sei, und jezt hat Brown seine frü- here Meinung aufgegeben. Der DrPohl brachte allein 8000 Spezies aus Brasilien, die er auf einer Area von 18000 Quadratmeilen gesammelt hatte: wenn man aber bedenkt, dass die Reisenden immer nur auf schmalen Fus- steigen durch die Länder gehn, und lange nicht alle Pflanzen finden können, welche rechts und links davon im Innern des Landes liegen, so begreift man wohl, wie reich im Ganzen die brasilianische Flora sein müsse, da Frankreich mit 11000 Quadratmeilen nur 6000 Phanerogamen und Kryptogamen hat, und obgleich in den südlichen Theilen ein sehr üppiger Pflanzenwuchs herscht. Brasiliens Lage unter den Wendekreisen
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[352r/0707]
eine Erdbeere mit einem einzigen Blatte entstand vor ungefähr
40 Jahren in den Gärten von Paris, und hat sich bis jezt dort er-
halten.
Von den Polen nach dem Aequator hin ist die Pflanzendekke im-
mer dichter gewebt. Noch im Anfange dieses Jahrhunderts glaub-
te man mit Brown, dass der gröste Pflanzenreichthum sich
zwischen 28 und 30° Südbreite befinde, weil er (Brown) in Neu Hol-
land eine sehr grosse Menge von Pflanzen vorfand. Allein schon
vor meiner Reise glaubte ich annehmen zu dürfen, dass die Pflanzen-
masse unter dem Aequator am grösten sei, und jezt hat Brown seine frü-
here Meinung aufgegeben. Der Dr Pohl brachte allein 8000 Spezies aus
Brasilien, die er auf einer Area von 18000 □ meilen gesammelt hatte: wenn
man aber bedenkt, dass die Reisenden immer nur auf schmalen Fus-
steigen durch die Länder gehn, und lange nicht alle Pflanzen finden
können, welche rechts und links davon im Innern des Landes liegen,
so begreift man wohl, wie reich im Ganzen die brasilianische Flora
sein müsse, da Frankreich mit 11000 □ meilen nur 6000 Phanerogamen
und Kryptogamen hat, obgleich in den südlichen Theilen ein sehr
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Parthey, Gustav: Alexander von Humboldt[:] Vorlesungen über physikalische Geographie. Novmbr. 1827 bis April,[!] 1828. Nachgeschrieben von G. Partheÿ. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 352r. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_msgermqu1711_1828/707>, abgerufen am 23.11.2024.
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