Wenn wir uns zu höheren Ansichten erheben, so finden wir, dass die Vertheilung der Wärme auf dem Erdkörper zu den wich- tigsten Momenten gehört, auf welche das Leben und der Kultur- zustand der Menschen basirt sind. Hier ist der Punkt, wo die grosse Lehre von der Vertheilung der Wärme über den Erdkör- per sich an die Geschichte der Menschheit anknüpft. Ebendes- halb fält das Problem ausserhalb des Gebietes einer rein phy- sikalischen Empirie. Man kann nicht läugnen, dass das Klima, und sein erhebender oder niederdrükkender Einflus gleichsam das ganze häusliche und bürgerliche Leben einer Nazion durchdringen. Es hat den grösten Einflus auf die Entwilderung des Menschengeschlechtes: es offenbart sich in dem Karakter, dem Kulturzustande, vielleicht selbst in der Sprach-entwik- kelung einzelner Volkerstämme. Im Abendlande wird es als eine der ältesten geschichtlichen Überlieferungen betrachtet, dass das gemässigte Klima für die Geistes-ausbildung am günstigsten ist: allein das Wort "gemässigt" hat einen so weiten Sinn, dass man nicht immer genau sagen kann, was damit
Wenn wir uns zu höheren Ansichten erheben, so finden wir, dass die Vertheilung der Wärme auf dem Erdkörper zu den wich- tigsten Momenten gehört, auf welche das Leben und der Kultur- zustand der Menschen basirt sind. Hier ist der Punkt, wo die grosse Lehre von der Vertheilung der Wärme über den Erdkör- per sich an die Geschichte der Menschheit anknüpft. Ebendes- halb fält das Problem ausserhalb des Gebietes einer rein phy- sikalischen Empirie. Man kann nicht läugnen, dass das Klima, und sein erhebender oder niederdrükkender Einflus gleichsam das ganze häusliche und bürgerliche Leben einer Nazion durchdringen. Es hat den grösten Einflus auf die Entwilderung des Menschengeschlechtes: es offenbart sich in dem Karakter, dem Kulturzustande, vielleicht selbst in der Sprach-entwik- kelung einzelner Volkerstämme. Im Abendlande wird es als eine der ältesten geschichtlichen Überlieferungen betrachtet, dass das gemässigte Klima für die Geistes-ausbildung am günstigsten ist: allein das Wort „gemässigt” hat einen so weiten Sinn, dass man nicht immer genau sagen kann, was damit
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[288r/0579]
47. 1. April.
Wenn wir uns zu höheren Ansichten erheben, so finden wir,
dass die Vertheilung der Wärme auf dem Erdkörper zu den wich-
tigsten Momenten gehört, auf welche das Leben und der Kultur-
zustand der Menschen basirt sind. Hier ist der Punkt, wo die
grosse Lehre von der Vertheilung der Wärme über den Erdkör-
per sich an die Geschichte der Menschheit anknüpft. Ebendes-
halb fält das Problem ausserhalb des Gebietes einer rein phy-
sikalischen Empirie. Man kann nicht läugnen, dass das Klima,
und sein erhebender oder niederdrükkender Einflus gleichsam
das ganze häusliche und bürgerliche Leben einer Nazion
durchdringen. Es hat den grösten Einflus auf die Entwilderung
des Menschengeschlechtes: es offenbart sich in dem Karakter,
dem Kulturzustande, vielleicht selbst in der Sprach-entwik-
kelung einzelner Volkerstämme. Im Abendlande wird es als
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dass das gemässigte Klima für die Geistes-ausbildung am
günstigsten ist: allein das Wort „gemässigt” hat einen so
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Parthey, Gustav: Alexander von Humboldt[:] Vorlesungen über physikalische Geographie. Novmbr. 1827 bis April,[!] 1828. Nachgeschrieben von G. Partheÿ. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 288r. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_msgermqu1711_1828/579>, abgerufen am 22.11.2024.
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