Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Parthey, Gustav: Alexander von Humboldt[:] Vorlesungen über physikalische Geographie. Novmbr. 1827 bis April,[!] 1828. Nachgeschrieben von G. Partheÿ. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.]

Bild:
<< vorherige Seite

lung der Menschenracen. Ob es wirklich einen spezifischen Unter-
schied in der Menschennatur gebe, lasse ich noch dahin gestelt
sein, und bemerke nur, dass man zu der Eintheilung in Racen
die verschiedenartigsten GegenständeMerkmale, wie: Knochenbau, Haut-
farbe, Dermoidalsystem, Haare pp. gewählt hat.

Cuvier nimt 3 Menschenracen an: eine weisse, gelbe und schwarze.
Blumenbach hat diesen noch 2 hinzugefügt.

Wie unbestimt alle diese Eintheilungen sind, will ich nur an
einem Beispiele zeigen: im Alterthume hielt man die
Aethiopen für ein einziges grosses Neger-Volk von derselben Bildung:
krauses Haar, eingequetschte Nase, unangenehm aufgeworfene
Lippen waren die Kennzeichen desselben: in neuerer Zeit ent-
dekte man aber Negervölker, welche keinesweges diese Merk-
male zeigten, deren Bildung sich vielmehr schon der euro-
päischen näherte.

Man kam nun auf einen Ein[thei]lungsgrund, der allerdings
viel für sich zu haben scheint, nämlich auf die Sprachverschie-
denheit. Meines Bruders, W. v. Humboldt: philosophische
Untersuchungen über die Vertheilung der Sprachen auf der ganzen
Erde beweisen indessen die Gleichheit der körperlichen Anlagen
bei den verschiedenartigen Völkern, so dass zuweilen in einer

lung der Menschenraçen. Ob es wirklich einen spezifischen Unter-
schied in der Menschennatur gebe, lasse ich noch dahin gestelt
sein, und bemerke nur, dass man zu der Eintheilung in Racen
die verschiedenartigsten GegenständeMerkmale, wie: Knochenbau, Haut-
farbe, Dermoïdalsystem, Haare pp. gewählt hat.

Cuvier nimt 3 Menschenraçen an: eine weisse, gelbe und schwarze.
Blumenbach hat diesen noch 2 hinzugefügt.

Wie unbestimt alle diese Eintheilungen sind, will ich nur an
einem Beispiele zeigen: im Alterthume hielt man die
Aethiopen für ein einziges grosses Neger-Volk von derselben Bildung:
krauses Haar, eingequetschte Nase, unangenehm aufgeworfene
Lippen waren die Kennzeichen desselben: in neuerer Zeit ent-
dekte man aber Negervölker, welche keinesweges diese Merk-
male zeigten, deren Bildung sich vielmehr schon der euro-
päischen näherte.

Man kam nun auf einen Ein[thei]lungsgrund, der allerdings
viel für sich zu haben scheint, nämlich auf die Sprachverschie-
denheit. Meines Bruders, W. v. Humboldt: philosophische
Untersuchungen über die Vertheilung der Sprachen auf der ganzen
Erde beweisen indessen die Gleichheit der körperlichen Anlagen
bei den verschiedenartigen Völkern, so dass zuweilen in einer

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="session" n="4">
          <p><pb facs="#f0048" n="22v"/>
lung der Menschenraçen. Ob es wirklich einen spezifischen Unter-<lb/>
schied in der Menschennatur gebe, lasse ich noch dahin gestelt<lb/>
sein, und bemerke nur, dass man zu der Eintheilung in Racen<lb/>
die verschiedenartigsten <subst><del rendition="#s">Gegenstände</del><add place="superlinear">Merkmale</add></subst>, wie: Knochenbau, Haut-<lb/>
farbe, Dermoïdalsystem, Haare <choice><orig>pp</orig><reg resp="#CT">pp.</reg></choice> gewählt hat.</p><lb/>
          <p><persName resp="#SB" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118677578 http://d-nb.info/gnd/118677578">Cuvier</persName> nimt 3 Menschenraçen an: eine weisse, gelbe und schwarze.<lb/><persName resp="#SB" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-116208503 http://d-nb.info/gnd/116208503">Blumenbach</persName> hat diesen noch 2 hinzugefügt.</p><lb/>
          <p>Wie unbestimt alle diese Eintheilungen sind, will ich nur an<lb/>
einem Beispiele zeigen: im Alterthume hielt man die<lb/>
Aethiopen für ein einziges grosses <metamark/><choice><orig><add place="superlinear">Neger</add>Volk</orig><reg resp="#CT"><add place="superlinear">Neger-</add>Volk</reg></choice> von derselben Bildung:<lb/>
krauses Haar, <choice><orig>ein gequetschte</orig><reg resp="#CT">eingequetschte</reg></choice> Nase, unangenehm aufgeworfene<lb/>
Lippen waren die Kennzeichen desselben: in neuerer Zeit ent-<lb/>
dekte man aber Negervölker, welche keinesweges diese Merk-<lb/>
male zeigten, deren Bildung sich vielmehr schon der euro-<lb/>
päischen näherte.</p><lb/>
          <p>Man kam nun auf einen Ein<supplied reason="damage" resp="#CT">thei</supplied>lungsgrund, der allerdings<lb/>
viel für sich zu haben scheint, nämlich auf die Sprachverschie-<lb/>
denheit. Meines Bruders, <persName resp="#SB" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118554727 http://d-nb.info/gnd/118554727">W. v. Humboldt</persName>: philosophische<lb/>
Untersuchungen über die Vertheilung der Sprachen auf der ganzen<lb/>
Erde beweisen indessen die Gleichheit der körperlichen Anlagen<lb/>
bei den verschiedenartigen Völkern, so dass zuweilen in einer<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[22v/0048] lung der Menschenraçen. Ob es wirklich einen spezifischen Unter- schied in der Menschennatur gebe, lasse ich noch dahin gestelt sein, und bemerke nur, dass man zu der Eintheilung in Racen die verschiedenartigsten Merkmale, wie: Knochenbau, Haut- farbe, Dermoïdalsystem, Haare pp gewählt hat. Cuvier nimt 3 Menschenraçen an: eine weisse, gelbe und schwarze. Blumenbach hat diesen noch 2 hinzugefügt. Wie unbestimt alle diese Eintheilungen sind, will ich nur an einem Beispiele zeigen: im Alterthume hielt man die Aethiopen für ein einziges grosses NegerVolk von derselben Bildung: krauses Haar, ein gequetschte Nase, unangenehm aufgeworfene Lippen waren die Kennzeichen desselben: in neuerer Zeit ent- dekte man aber Negervölker, welche keinesweges diese Merk- male zeigten, deren Bildung sich vielmehr schon der euro- päischen näherte. Man kam nun auf einen Eintheilungsgrund, der allerdings viel für sich zu haben scheint, nämlich auf die Sprachverschie- denheit. Meines Bruders, W. v. Humboldt: philosophische Untersuchungen über die Vertheilung der Sprachen auf der ganzen Erde beweisen indessen die Gleichheit der körperlichen Anlagen bei den verschiedenartigen Völkern, so dass zuweilen in einer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Sandra Balck, Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellen der Digitalisierungsvorlage; Bilddigitalisierung

Weitere Informationen:

Abweichungen von den DTA-Richtlinien:

  • I/J: Lautwert transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_msgermqu1711_1828
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_msgermqu1711_1828/48
Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Alexander von Humboldt[:] Vorlesungen über physikalische Geographie. Novmbr. 1827 bis April,[!] 1828. Nachgeschrieben von G. Partheÿ. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 22v. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_msgermqu1711_1828/48>, abgerufen am 23.11.2024.