darthat, dass ein Körper, der von der Spize eines Thurmes fält, in dem Augenblikke des Abfals eine grössere Wurfkraft habe, als wenn er unten am Fusse sich befände, weil er nämlich um die ganze Höhe des Thurmes weiter vom Mittelpunkt der Erde entfernt sei: hieraus folgt, dass er nun nicht mehr nach Westen zurükbleiben, sondern, wenn der Thurm hoch genug, also die Wurfkraft stark genug ist, noch um ein geringes nach Osten vorangeschleudert werden wird. Dies bestätigten die Versu- che volkommen, welche theils von Guglielmini in Bologna am Thurme degl' Asinelli (demselben, wo schon Galilei seine Versuche machte) angestelt wurden, theils neuerlich vom Prof. Benzenberg an einer Kirche in Hamburg, und in einigen Kohlen- gruben in der Grafschaft Mark. Man fand überall eine Deviazion nach Osten, weil die Schwungkraft an der Spize des Thurms grösser ist, als unten, bei 250-260 Fus Höhe von 4-5 Zoll. Auf dem Observatorium in Paris (wo ich so lange Jahre wohnte) existirt noch ein Loch von der Spize des Thurmes bis in die Keller hinab, von 280 Fus Höhe, welche zwar nicht mehr brauchbar ist, ob und von Kassini zu diesen Versuchen eingerichtet wurde, obgleich er mit Riccioli glaubte, die Deviazion sei nach Westen.
darthat, dass ein Körper, der von der Spize eines Thurmes fält, in dem Augenblikke des Abfals eine grössere Wurfkraft habe, als wenn er unten am Fusse sich befände, weil er nämlich um die ganze Höhe des Thurmes weiter vom Mittelpunkt der Erde entfernt sei: hieraus folgt, dass er nun nicht mehr nach Westen zurükbleiben, sondern, wenn der Thurm hoch genug, also die Wurfkraft stark genug ist, noch um ein geringes nach Osten vorangeschleudert werden wird. Dies bestätigten die Versu- che volkommen, welche theils von Guglielmini in Bologna am Thurme degl’ Asinelli (demselben, wo schon Galilei seine Versuche machte) angestelt wurden, theils neuerlich vom Prof. Benzenberg an einer Kirche in Hamburg, und in einigen Kohlen- gruben in der Grafschaft Mark. Man fand überall eine Deviazion nach Osten, weil die Schwungkraft an der Spize des Thurms grösser ist, als unten, bei 250–260 Fus Höhe von 4–5 Zoll. Auf dem Observatorium in Paris (wo ich so lange Jahre wohnte) existirt noch ein Loch von der Spize des Thurmes bis in die Keller hinab, von 280 Fus Höhe, welche zwar nicht mehr brauchbar ist, ob und von Kassini zu diesen Versuchen eingerichtet wurde, obgleich er mit Riccioli glaubte, die Deviazion sei nach Westen.
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[109v/0222]
darthat, dass ein Körper, der von der Spize eines Thurmes
fält, in dem Augenblikke des Abfals eine grössere Wurfkraft
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um die ganze Höhe des Thurmes weiter vom Mittelpunkt der
Erde entfernt sei: hieraus folgt, dass er nun nicht mehr nach
Westen zurükbleiben, sondern, wenn der Thurm hoch genug, also
die Wurfkraft stark genug ist, noch um ein geringes nach
Osten vorangeschleudert werden wird. Dies bestätigten die Versu-
che volkommen, welche theils von Guglielmini in Bologna am
Thurme degl’ Asinelli (demselben, wo schon Galilei seine
Versuche machte) angestelt wurden, theils neuerlich vom Prof.
Benzenberg an einer Kirche in Hamburg, und in einigen Kohlen-
gruben in der Grafschaft Mark. Man fand überall eine Deviazion
nach Osten, weil die Schwungkraft an der Spize des Thurms
grösser ist, als unten, bei 250–260 Fus Höhe von 4–5 Zoll.
Auf dem Observatorium in Paris (wo ich so lange Jahre wohnte)
existirt noch ein Loch von der Spize des Thurmes bis in
die Keller hinab, von 280 Fus Höhe, welche zwar nicht mehr
brauchbar ist, und von Kassini zu diesen Versuchen eingerichtet
wurde, obgleich er mit Riccioli glaubte, die Deviazion sei nach Westen.
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Parthey, Gustav: Alexander von Humboldt[:] Vorlesungen über physikalische Geographie. Novmbr. 1827 bis April,[!] 1828. Nachgeschrieben von G. Partheÿ. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 109v. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_msgermqu1711_1828/222>, abgerufen am 25.11.2024.
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