Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].Schicksals, daß ich bei einem Privatmanne so viele bedeutende Kunstsachen vereinigt fand. Kohlrausch hatte sich in den Jahren 1804-1808 in Italien aufgehalten, und dort die namhaftesten Künstler kennen gelernt. Wilhelm von Humboldt, der mit seiner Familie in Rom lebte, würdigte ihn seiner Freundschaft und seines vertrauten Umganges. Durch ihn ward er zum Geheimen-Medizinalrath im Kultusministerium ernannt, und erfreute sich viele Jahre lang in Berlin einer ausgedehnten ärztlichen Praxis. Zwar wollten seine Widersacher, an denen es ihm nicht fehlte, behaupten, er wirke mehr durch seine imponirende Persönlichkeit, als durch besonders gründliches medizinisches Wissen, sie mußten aber zugeben, daß er zu den glücklichen Aerzten gehöre. Wenn man ihn recht nöthig brauchte, so kam er gerade vorgefahren, und seine meisten Kuren gelangen. Wir hatten, da er unser Hausarzt war, mehrmals Gelegenheit, dies zu erproben. Im Kunstfache konnte man ihm auch nicht sehr tiefe Kenntnisse zuschreiben, er hatte aber Glück und Geschick genug, um die werthvollsten Sachen zusammenzubringen. Um die folgenden Angaben verständlich zu machen, will ich hier vorweg bemerken, daß nach dem Tode von Kohlrausch ein Theil seiner Samlungen verkauft ward. Dies hat für die Ueberbleibenden immer etwas schmerzliches, aber dieser Schmerz muß überwunden werden. Gemälde, Kupferstiche, Bibliotheken und alle Samlungen eines Privatmannes gehören gleichsam mit zu seiner Kleidung, von der er sich soviel anschafft, als er gerade brauchen kann. Bei seinem Abscheiden geben die aufgelösten Theile andern Samlern Gelegenheit, etwas wünschenswerthes zu erwerben, die öffentlichen Museen haben Schicksals, daß ich bei einem Privatmanne so viele bedeutende Kunstsachen vereinigt fand. Kohlrausch hatte sich in den Jahren 1804–1808 in Italien aufgehalten, und dort die namhaftesten Künstler kennen gelernt. Wilhelm von Humboldt, der mit seiner Familie in Rom lebte, würdigte ihn seiner Freundschaft und seines vertrauten Umganges. Durch ihn ward er zum Geheimen-Medizinalrath im Kultusministerium ernannt, und erfreute sich viele Jahre lang in Berlin einer ausgedehnten ärztlichen Praxis. Zwar wollten seine Widersacher, an denen es ihm nicht fehlte, behaupten, er wirke mehr durch seine imponirende Persönlichkeit, als durch besonders gründliches medizinisches Wissen, sie mußten aber zugeben, daß er zu den glücklichen Aerzten gehöre. Wenn man ihn recht nöthig brauchte, so kam er gerade vorgefahren, und seine meisten Kuren gelangen. Wir hatten, da er unser Hausarzt war, mehrmals Gelegenheit, dies zu erproben. Im Kunstfache konnte man ihm auch nicht sehr tiefe Kenntnisse zuschreiben, er hatte aber Glück und Geschick genug, um die werthvollsten Sachen zusammenzubringen. Um die folgenden Angaben verständlich zu machen, will ich hier vorweg bemerken, daß nach dem Tode von Kohlrausch ein Theil seiner Samlungen verkauft ward. Dies hat für die Ueberbleibenden immer etwas schmerzliches, aber dieser Schmerz muß überwunden werden. Gemälde, Kupferstiche, Bibliotheken und alle Samlungen eines Privatmannes gehören gleichsam mit zu seiner Kleidung, von der er sich soviel anschafft, als er gerade brauchen kann. Bei seinem Abscheiden geben die aufgelösten Theile andern Samlern Gelegenheit, etwas wünschenswerthes zu erwerben, die öffentlichen Museen haben <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0069" n="61"/> Schicksals, daß ich bei einem Privatmanne so viele bedeutende Kunstsachen vereinigt fand. </p><lb/> <p>Kohlrausch hatte sich in den Jahren 1804–1808 in Italien aufgehalten, und dort die namhaftesten Künstler kennen gelernt. Wilhelm von Humboldt, der mit seiner Familie in Rom lebte, würdigte ihn seiner Freundschaft und seines vertrauten Umganges. Durch ihn ward er zum Geheimen-Medizinalrath im Kultusministerium ernannt, und erfreute sich viele Jahre lang in Berlin einer ausgedehnten ärztlichen Praxis. Zwar wollten seine Widersacher, an denen es ihm nicht fehlte, behaupten, er wirke mehr durch seine imponirende Persönlichkeit, als durch besonders gründliches medizinisches Wissen, sie mußten aber zugeben, daß er zu den glücklichen Aerzten gehöre. Wenn man ihn recht nöthig brauchte, so kam er gerade vorgefahren, und seine meisten Kuren gelangen. Wir hatten, da er unser Hausarzt war, mehrmals Gelegenheit, dies zu erproben. Im Kunstfache konnte man ihm auch nicht sehr tiefe Kenntnisse zuschreiben, er hatte aber Glück und Geschick genug, um die werthvollsten Sachen zusammenzubringen. </p><lb/> <p>Um die folgenden Angaben verständlich zu machen, will ich hier vorweg bemerken, daß nach dem Tode von Kohlrausch ein Theil seiner Samlungen verkauft ward. 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Schicksals, daß ich bei einem Privatmanne so viele bedeutende Kunstsachen vereinigt fand.
Kohlrausch hatte sich in den Jahren 1804–1808 in Italien aufgehalten, und dort die namhaftesten Künstler kennen gelernt. Wilhelm von Humboldt, der mit seiner Familie in Rom lebte, würdigte ihn seiner Freundschaft und seines vertrauten Umganges. Durch ihn ward er zum Geheimen-Medizinalrath im Kultusministerium ernannt, und erfreute sich viele Jahre lang in Berlin einer ausgedehnten ärztlichen Praxis. Zwar wollten seine Widersacher, an denen es ihm nicht fehlte, behaupten, er wirke mehr durch seine imponirende Persönlichkeit, als durch besonders gründliches medizinisches Wissen, sie mußten aber zugeben, daß er zu den glücklichen Aerzten gehöre. Wenn man ihn recht nöthig brauchte, so kam er gerade vorgefahren, und seine meisten Kuren gelangen. Wir hatten, da er unser Hausarzt war, mehrmals Gelegenheit, dies zu erproben. Im Kunstfache konnte man ihm auch nicht sehr tiefe Kenntnisse zuschreiben, er hatte aber Glück und Geschick genug, um die werthvollsten Sachen zusammenzubringen.
Um die folgenden Angaben verständlich zu machen, will ich hier vorweg bemerken, daß nach dem Tode von Kohlrausch ein Theil seiner Samlungen verkauft ward. Dies hat für die Ueberbleibenden immer etwas schmerzliches, aber dieser Schmerz muß überwunden werden. Gemälde, Kupferstiche, Bibliotheken und alle Samlungen eines Privatmannes gehören gleichsam mit zu seiner Kleidung, von der er sich soviel anschafft, als er gerade brauchen kann. Bei seinem Abscheiden geben die aufgelösten Theile andern Samlern Gelegenheit, etwas wünschenswerthes zu erwerben, die öffentlichen Museen haben
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Zitationshilfe: | Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871], S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/69>, abgerufen am 05.07.2024. |