Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].sehe Bund aufgelöst ist, an seine Entstehungszeit zurückdenke, so erinnre ich mich sehr deutlich, daß damals niemand mit den getroffenen Bestimmungen zufrieden war. Als die deutsche Bundesakte im Drucke erschien, schaffte der Grosvater Eichmann sie an, und studirte sie eifrig. Er forderte auch die jungen Leute auf, dasselbe zu thun, aber die Trockenheit des Gegenstandes schreckte uns ab. Der politische Sinn war noch nicht bei den Deutschen erwacht. Noch hatten die Diplomaten in Wien ihr Friedenswerk nicht ganz vollendet, als die Kunde erscholl, Napoleon habe die Insel Elba verlassen, - er sei in Frankreich gelandet, - er sei überall mit Jubel angenommen, - er marschire auf Lyon, - er befinde sich in Paris, und organisire aufs neue ein furchtbares Heer, um noch einmal das Glück der Waffen zu versuchen. Die Sache ging während weniger Wochen des März 1815 so schnell von Statten, daß man kaum Zeit hatte, sich zu besinnen. Sehr karakteristisch waren die kurzen Artikel des Pariser Moniteur: Die Regierung Seiner Majestät des Königs Ludwigs XVIII. hat Kunde erhalten, daß Bonaparte, der Erbfeind von Frankreich, allen Traktaten zuwider die Insel Elba verlassen hat, - der treulose Korse soll an der Südküste von Frankreich gelandet sein, der auf immer verbannte Exkaiser nähert sich der guten Stadt Lyon, - S. M. der Kaiser Napoleon I. sind wohlbehalten in Paris angelangt, und in den Tuilerien abgestiegen! In Berlin machte diese Nachricht große Sensation, aber die allgemeine Stimme hielt das Unternehmen Napoleons für einen letzten Versuch, für einen Wurf der Verzweiflung, für ein Va banque, dem kein günstiger Erfolg zur sehe Bund aufgelöst ist, an seine Entstehungszeit zurückdenke, so erinnre ich mich sehr deutlich, daß damals niemand mit den getroffenen Bestimmungen zufrieden war. Als die deutsche Bundesakte im Drucke erschien, schaffte der Grosvater Eichmann sie an, und studirte sie eifrig. Er forderte auch die jungen Leute auf, dasselbe zu thun, aber die Trockenheit des Gegenstandes schreckte uns ab. Der politische Sinn war noch nicht bei den Deutschen erwacht. Noch hatten die Diplomaten in Wien ihr Friedenswerk nicht ganz vollendet, als die Kunde erscholl, Napoléon habe die Insel Elba verlassen, – er sei in Frankreich gelandet, – er sei überall mit Jubel angenommen, – er marschire auf Lyon, – er befinde sich in Paris, und organisire aufs neue ein furchtbares Heer, um noch einmal das Glück der Waffen zu versuchen. Die Sache ging während weniger Wochen des März 1815 so schnell von Statten, daß man kaum Zeit hatte, sich zu besinnen. Sehr karakteristisch waren die kurzen Artikel des Pariser Moniteur: Die Regierung Seiner Majestät des Königs Ludwigs XVIII. hat Kunde erhalten, daß Bonaparte, der Erbfeind von Frankreich, allen Traktaten zuwider die Insel Elba verlassen hat, – der treulose Korse soll an der Südküste von Frankreich gelandet sein, der auf immer verbannte Exkaiser nähert sich der guten Stadt Lyon, – S. M. der Kaiser Napoléon I. sind wohlbehalten in Paris angelangt, und in den Tuilerien abgestiegen! In Berlin machte diese Nachricht große Sensation, aber die allgemeine Stimme hielt das Unternehmen Napoléons für einen letzten Versuch, für einen Wurf der Verzweiflung, für ein Va banque, dem kein günstiger Erfolg zur <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0046" n="38"/> sehe Bund aufgelöst ist, an seine Entstehungszeit zurückdenke, so erinnre ich mich sehr deutlich, daß damals niemand mit den getroffenen Bestimmungen zufrieden war. Als die deutsche Bundesakte im Drucke erschien, schaffte der Grosvater Eichmann sie an, und studirte sie eifrig. Er forderte auch die jungen Leute auf, dasselbe zu thun, aber die Trockenheit des Gegenstandes schreckte uns ab. Der politische Sinn war noch nicht bei den Deutschen erwacht. </p><lb/> <p>Noch hatten die Diplomaten in Wien ihr Friedenswerk nicht ganz vollendet, als die Kunde erscholl, Napoléon habe die Insel Elba verlassen, – er sei in Frankreich gelandet, – er sei überall mit Jubel angenommen, – er marschire auf Lyon, – er befinde sich in Paris, und organisire aufs neue ein furchtbares Heer, um noch einmal das Glück der Waffen zu versuchen. Die Sache ging während weniger Wochen des März 1815 so schnell von Statten, daß man kaum Zeit hatte, sich zu besinnen. Sehr karakteristisch waren die kurzen Artikel des Pariser Moniteur: Die Regierung Seiner Majestät des Königs Ludwigs XVIII. hat Kunde erhalten, daß Bonaparte, der Erbfeind von Frankreich, allen Traktaten zuwider die Insel Elba verlassen hat, – der treulose Korse soll an der Südküste von Frankreich gelandet sein, der auf immer verbannte Exkaiser nähert sich der guten Stadt Lyon, – S. M. der Kaiser Napoléon I. sind wohlbehalten in Paris angelangt, und in den Tuilerien abgestiegen! </p><lb/> <p>In Berlin machte diese Nachricht große Sensation, aber die allgemeine Stimme hielt das Unternehmen Napoléons für einen letzten Versuch, für einen Wurf der Verzweiflung, für ein Va banque, dem kein günstiger Erfolg zur </p> </div> </body> </text> </TEI> [38/0046]
sehe Bund aufgelöst ist, an seine Entstehungszeit zurückdenke, so erinnre ich mich sehr deutlich, daß damals niemand mit den getroffenen Bestimmungen zufrieden war. Als die deutsche Bundesakte im Drucke erschien, schaffte der Grosvater Eichmann sie an, und studirte sie eifrig. Er forderte auch die jungen Leute auf, dasselbe zu thun, aber die Trockenheit des Gegenstandes schreckte uns ab. Der politische Sinn war noch nicht bei den Deutschen erwacht.
Noch hatten die Diplomaten in Wien ihr Friedenswerk nicht ganz vollendet, als die Kunde erscholl, Napoléon habe die Insel Elba verlassen, – er sei in Frankreich gelandet, – er sei überall mit Jubel angenommen, – er marschire auf Lyon, – er befinde sich in Paris, und organisire aufs neue ein furchtbares Heer, um noch einmal das Glück der Waffen zu versuchen. Die Sache ging während weniger Wochen des März 1815 so schnell von Statten, daß man kaum Zeit hatte, sich zu besinnen. Sehr karakteristisch waren die kurzen Artikel des Pariser Moniteur: Die Regierung Seiner Majestät des Königs Ludwigs XVIII. hat Kunde erhalten, daß Bonaparte, der Erbfeind von Frankreich, allen Traktaten zuwider die Insel Elba verlassen hat, – der treulose Korse soll an der Südküste von Frankreich gelandet sein, der auf immer verbannte Exkaiser nähert sich der guten Stadt Lyon, – S. M. der Kaiser Napoléon I. sind wohlbehalten in Paris angelangt, und in den Tuilerien abgestiegen!
In Berlin machte diese Nachricht große Sensation, aber die allgemeine Stimme hielt das Unternehmen Napoléons für einen letzten Versuch, für einen Wurf der Verzweiflung, für ein Va banque, dem kein günstiger Erfolg zur
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Zitationshilfe: | Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871], S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/46>, abgerufen am 05.07.2024. |