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Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].

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chen ausdrucksvollen Stellen konnte Thibaut sich nicht enthalten, in einem etwas undeutlichen Basse mitzusingen. Durch die Würde seiner edlen Persönlichkeit hob und hielt er die ganze Versamlung. Es fiel keinem Studenten ein, in den Pausen mit den jungen Mädchen ein Gespräch anzuknüpfen oder laute Bemerkungen zu machen. Nach dem Schlusse jedes Stückes ging Thibaut mit seinen leuchtenden blauen Augen durch den Saal, und sprach mit einzelnen von der Gesellschaft, wobei Köster, dessen Schwester eine Säule des Altes war, mit spitzen geistvollen Bemerkungen hinzutrat.

Jene alten italiänischen Kirchenstücke sind bekanntlich meist in ganzen und halben Taktnoten, selten in Vierteln geschrieben. Man überließ es der Einsicht des Kapellmeisters, das richtige Tempo zu fühlen und durchzuführen. Doch hatten jene dicken Noten vor 300 Jahren nicht dieselbe Tondauer wie jetzt; die geistlichen Musiken in der päpstlichen Kapelle gehn heut zu Tage, nach ununterbrochener Tradition der Sänger einen lebhaft bewegten Schritt, der dem ungewohnten Ohre des Nordländers manchmal sogar zu munter vorkommt.

Thibaut aber nahm die alte Notenschrift in ihrer ganzen Schwere und kannte kein anderes Tempo als Largo; einen Viervierteltakt alla breve zu nehmen, fiel ihm gar nicht ein. Ueberdies machte seine geringe Fertigkeit im Klavierspiel ihn stets zur langsameren Bewegung geneigt, und so kam es denn, daß die Sänger kaum für einen Takt Athem genug hatten. Abgesehn von der dadurch veranlaßten Anstrengung wurde auch der Karakter vieler Musikstücke, die einen schnelleren Gang erforderten, wesentlich verändert. Klein hatte im richtigen Verständnisse der alten

chen ausdrucksvollen Stellen konnte Thibaut sich nicht enthalten, in einem etwas undeutlichen Basse mitzusingen. Durch die Würde seiner edlen Persönlichkeit hob und hielt er die ganze Versamlung. Es fiel keinem Studenten ein, in den Pausen mit den jungen Mädchen ein Gespräch anzuknüpfen oder laute Bemerkungen zu machen. Nach dem Schlusse jedes Stückes ging Thibaut mit seinen leuchtenden blauen Augen durch den Saal, und sprach mit einzelnen von der Gesellschaft, wobei Köster, dessen Schwester eine Säule des Altes war, mit spitzen geistvollen Bemerkungen hinzutrat.

Jene alten italiänischen Kirchenstücke sind bekanntlich meist in ganzen und halben Taktnoten, selten in Vierteln geschrieben. Man überließ es der Einsicht des Kapellmeisters, das richtige Tempo zu fühlen und durchzuführen. Doch hatten jene dicken Noten vor 300 Jahren nicht dieselbe Tondauer wie jetzt; die geistlichen Musiken in der päpstlichen Kapelle gehn heut zu Tage, nach ununterbrochener Tradition der Sänger einen lebhaft bewegten Schritt, der dem ungewohnten Ohre des Nordländers manchmal sogar zu munter vorkommt.

Thibaut aber nahm die alte Notenschrift in ihrer ganzen Schwere und kannte kein anderes Tempo als Largo; einen Viervierteltakt alla breve zu nehmen, fiel ihm gar nicht ein. Ueberdies machte seine geringe Fertigkeit im Klavierspiel ihn stets zur langsameren Bewegung geneigt, und so kam es denn, daß die Sänger kaum für einen Takt Athem genug hatten. Abgesehn von der dadurch veranlaßten Anstrengung wurde auch der Karakter vieler Musikstücke, die einen schnelleren Gang erforderten, wesentlich verändert. Klein hatte im richtigen Verständnisse der alten

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[317/0325] chen ausdrucksvollen Stellen konnte Thibaut sich nicht enthalten, in einem etwas undeutlichen Basse mitzusingen. Durch die Würde seiner edlen Persönlichkeit hob und hielt er die ganze Versamlung. Es fiel keinem Studenten ein, in den Pausen mit den jungen Mädchen ein Gespräch anzuknüpfen oder laute Bemerkungen zu machen. Nach dem Schlusse jedes Stückes ging Thibaut mit seinen leuchtenden blauen Augen durch den Saal, und sprach mit einzelnen von der Gesellschaft, wobei Köster, dessen Schwester eine Säule des Altes war, mit spitzen geistvollen Bemerkungen hinzutrat. Jene alten italiänischen Kirchenstücke sind bekanntlich meist in ganzen und halben Taktnoten, selten in Vierteln geschrieben. Man überließ es der Einsicht des Kapellmeisters, das richtige Tempo zu fühlen und durchzuführen. Doch hatten jene dicken Noten vor 300 Jahren nicht dieselbe Tondauer wie jetzt; die geistlichen Musiken in der päpstlichen Kapelle gehn heut zu Tage, nach ununterbrochener Tradition der Sänger einen lebhaft bewegten Schritt, der dem ungewohnten Ohre des Nordländers manchmal sogar zu munter vorkommt. Thibaut aber nahm die alte Notenschrift in ihrer ganzen Schwere und kannte kein anderes Tempo als Largo; einen Viervierteltakt alla breve zu nehmen, fiel ihm gar nicht ein. Ueberdies machte seine geringe Fertigkeit im Klavierspiel ihn stets zur langsameren Bewegung geneigt, und so kam es denn, daß die Sänger kaum für einen Takt Athem genug hatten. Abgesehn von der dadurch veranlaßten Anstrengung wurde auch der Karakter vieler Musikstücke, die einen schnelleren Gang erforderten, wesentlich verändert. Klein hatte im richtigen Verständnisse der alten

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871], S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/325>, abgerufen am 22.11.2024.