Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].rathen konnte er sich aus lauter Bedenklichkeiten nicht entschließen. Wenn wir uns je zuweilen in dem großen Berlin antreffen, so wird gleich der alte fröhliche Ton aus Prima im Grauen Kloster wieder angeschlagen. von Gutschmidt. Ein ungemein fleißiger Schüler, der in seiner späteren juristischen Laufbahn bis zum Geheimen Obertribunalrathe hinaufrückte. Nicht immer konnte er sich schnell genug besinnen, und gab uns daher zu manchem Scherze Veranlassung. Als wir kurz vor dem Examen mit etwas bänglichen Gefühlen in Prima beisammen standen, und das bevorstehende große Ereigniß besprachen, meinte einer von uns, daß doch manche sehr schwierige Fragen vorkommen könnten. Ja wohl, sagte Dechen, wenn Köpke z. B. fragt, wie lange der 30jährige Krieg gedauert? Nun, erwiederte Gutschmidt, er begann 1618 und endigte 1648. Aber ehe er den Satz vollendete, wurde er von einem schallenden Gelächter unterbrochen. Es half ihm nichts, als er nachher behauptete, es sei ihm bloß um die beiden Jahreszahlen zu thun gewesen. Lehmann. Schon auf dem Gymnasium zeigte er ein überwiegendes Talent zur Mathematik. In Prima war er das hülfreiche Orakel aller derjenigen, die mit den krausen Formeln der Kegelschnitte und der ebnen Trigonometrie sich nicht recht befreunden konnten. Paul verkehrte viel mit ihm, und ersann einst eine geometrische Konstruction, nach welcher Lehmann 18 verschiedene Kurven aufzeichnete und berechnete. Ob die Erfindung irgend einen wissenschaftlichen Werth hatte, ist mir nicht mehr erinnerlich; ich weiß nur noch, daß die eine Kurve ein Kreis, und die zweite ein Punkt war; eine dritte stellte die Form einer Bretzel dar, deshalb schlug Paul vor, den ganzen Komplex rathen konnte er sich aus lauter Bedenklichkeiten nicht entschließen. Wenn wir uns je zuweilen in dem großen Berlin antreffen, so wird gleich der alte fröhliche Ton aus Prima im Grauen Kloster wieder angeschlagen. von Gutschmidt. Ein ungemein fleißiger Schüler, der in seiner späteren juristischen Laufbahn bis zum Geheimen Obertribunalrathe hinaufrückte. Nicht immer konnte er sich schnell genug besinnen, und gab uns daher zu manchem Scherze Veranlassung. Als wir kurz vor dem Examen mit etwas bänglichen Gefühlen in Prima beisammen standen, und das bevorstehende große Ereigniß besprachen, meinte einer von uns, daß doch manche sehr schwierige Fragen vorkommen könnten. Ja wohl, sagte Dechen, wenn Köpke z. B. fragt, wie lange der 30jährige Krieg gedauert? Nun, erwiederte Gutschmidt, er begann 1618 und endigte 1648. Aber ehe er den Satz vollendete, wurde er von einem schallenden Gelächter unterbrochen. Es half ihm nichts, als er nachher behauptete, es sei ihm bloß um die beiden Jahreszahlen zu thun gewesen. Lehmann. Schon auf dem Gymnasium zeigte er ein überwiegendes Talent zur Mathematik. In Prima war er das hülfreiche Orakel aller derjenigen, die mit den krausen Formeln der Kegelschnitte und der ebnen Trigonometrie sich nicht recht befreunden konnten. Paul verkehrte viel mit ihm, und ersann einst eine geometrische Konstruction, nach welcher Lehmann 18 verschiedene Kurven aufzeichnete und berechnete. Ob die Erfindung irgend einen wissenschaftlichen Werth hatte, ist mir nicht mehr erinnerlich; ich weiß nur noch, daß die eine Kurve ein Kreis, und die zweite ein Punkt war; eine dritte stellte die Form einer Bretzel dar, deshalb schlug Paul vor, den ganzen Komplex <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0213" n="205"/> rathen konnte er sich aus lauter Bedenklichkeiten nicht entschließen. Wenn wir uns je zuweilen in dem großen Berlin antreffen, so wird gleich der alte fröhliche Ton aus Prima im Grauen Kloster wieder angeschlagen. </p><lb/> <p>von Gutschmidt. 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In Prima war er das hülfreiche Orakel aller derjenigen, die mit den krausen Formeln der Kegelschnitte und der ebnen Trigonometrie sich nicht recht befreunden konnten. Paul verkehrte viel mit ihm, und ersann einst eine geometrische Konstruction, nach welcher Lehmann 18 verschiedene Kurven aufzeichnete und berechnete. Ob die Erfindung irgend einen wissenschaftlichen Werth hatte, ist mir nicht mehr erinnerlich; ich weiß nur noch, daß die eine Kurve ein Kreis, und die zweite ein Punkt war; eine dritte stellte die Form einer Bretzel dar, deshalb schlug Paul vor, den ganzen Komplex </p> </div> </body> </text> </TEI> [205/0213]
rathen konnte er sich aus lauter Bedenklichkeiten nicht entschließen. Wenn wir uns je zuweilen in dem großen Berlin antreffen, so wird gleich der alte fröhliche Ton aus Prima im Grauen Kloster wieder angeschlagen.
von Gutschmidt. Ein ungemein fleißiger Schüler, der in seiner späteren juristischen Laufbahn bis zum Geheimen Obertribunalrathe hinaufrückte. Nicht immer konnte er sich schnell genug besinnen, und gab uns daher zu manchem Scherze Veranlassung. Als wir kurz vor dem Examen mit etwas bänglichen Gefühlen in Prima beisammen standen, und das bevorstehende große Ereigniß besprachen, meinte einer von uns, daß doch manche sehr schwierige Fragen vorkommen könnten. Ja wohl, sagte Dechen, wenn Köpke z. B. fragt, wie lange der 30jährige Krieg gedauert? Nun, erwiederte Gutschmidt, er begann 1618 und endigte 1648. Aber ehe er den Satz vollendete, wurde er von einem schallenden Gelächter unterbrochen. Es half ihm nichts, als er nachher behauptete, es sei ihm bloß um die beiden Jahreszahlen zu thun gewesen.
Lehmann. Schon auf dem Gymnasium zeigte er ein überwiegendes Talent zur Mathematik. In Prima war er das hülfreiche Orakel aller derjenigen, die mit den krausen Formeln der Kegelschnitte und der ebnen Trigonometrie sich nicht recht befreunden konnten. Paul verkehrte viel mit ihm, und ersann einst eine geometrische Konstruction, nach welcher Lehmann 18 verschiedene Kurven aufzeichnete und berechnete. Ob die Erfindung irgend einen wissenschaftlichen Werth hatte, ist mir nicht mehr erinnerlich; ich weiß nur noch, daß die eine Kurve ein Kreis, und die zweite ein Punkt war; eine dritte stellte die Form einer Bretzel dar, deshalb schlug Paul vor, den ganzen Komplex
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Zitationshilfe: | Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871], S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/213>, abgerufen am 26.07.2024. |