Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].handelte, irgend einer neuen Gewaltmaßregel der französischen Unterdrücker mit Entschiedenheit zu begegnen. Dieser patriotische Einfluß war nun dahin, und die bekannte Charakterschwäche des Königs verdüsterte noch mehr den Blick in die nächste Zukunft. -------- Kurz vor dem Ausbruche des französischen Krieges ward ich in die Hartungsche Schule gethan, die lange Zeit hindurch eines wohlverdienten Rufes genossen hat. Sie lag gar nicht weit von uns an der Ecke des Schloßplatzes, allein bei den beständigen Truppendurchmärschen war es manchmal nicht leicht, dahin zu gelangen. Anfangs wartete ich mit andern Schulkindern den Vorbeimarsch des Regimentes ab, um über den Straßendamm zu kommen; dann wagte ich an einen Offizier die wohlgesetzte französische Anrede: Monsieur! ayez la bonte, de nous laisser passer! - Passez toujours! war die kurze, aber freundliche Antwort. Bald wurden wir dreister, durchschnitten die einzelnen Züge, wenn sie standen, und liefen zuletzt unbesorgt während des Marsches zwischen den Gliedern hindurch. Ich erinnre mich nicht, daß irgend einem von uns eine Unbill widerfahren wäre. Die lustigen Franzosen freuten sich vielmehr über die kecken Sprünge, und riefen uns allerlei spashaftes nach, zu dessen Verständniß das bei Madame Clause erlernte französisch nicht immer ausreichte; z. B. Voyes donc les gobemouches! - Va-t-en petit espiegle! - Ils sautent comme des lapins! Ueber jeden neuen unbekannten Ausdruck wurde der Leh- handelte, irgend einer neuen Gewaltmaßregel der französischen Unterdrücker mit Entschiedenheit zu begegnen. Dieser patriotische Einfluß war nun dahin, und die bekannte Charakterschwäche des Königs verdüsterte noch mehr den Blick in die nächste Zukunft. ———— Kurz vor dem Ausbruche des französischen Krieges ward ich in die Hartungsche Schule gethan, die lange Zeit hindurch eines wohlverdienten Rufes genossen hat. Sie lag gar nicht weit von uns an der Ecke des Schloßplatzes, allein bei den beständigen Truppendurchmärschen war es manchmal nicht leicht, dahin zu gelangen. Anfangs wartete ich mit andern Schulkindern den Vorbeimarsch des Regimentes ab, um über den Straßendamm zu kommen; dann wagte ich an einen Offizier die wohlgesetzte französische Anrede: Monsieur! ayez la bonte, de nous laisser passer! – Passez toujours! war die kurze, aber freundliche Antwort. Bald wurden wir dreister, durchschnitten die einzelnen Züge, wenn sie standen, und liefen zuletzt unbesorgt während des Marsches zwischen den Gliedern hindurch. Ich erinnre mich nicht, daß irgend einem von uns eine Unbill widerfahren wäre. Die lustigen Franzosen freuten sich vielmehr über die kecken Sprünge, und riefen uns allerlei spashaftes nach, zu dessen Verständniß das bei Madame Clause erlernte französisch nicht immer ausreichte; z. B. Voyes donc les gobemouches! – Va-t-en petit espiègle! – Ils sautent comme des lapins! Ueber jeden neuen unbekannten Ausdruck wurde der Leh- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p><pb facs="#f0094" n="82"/> handelte, irgend einer neuen Gewaltmaßregel der französischen Unterdrücker mit Entschiedenheit zu begegnen. Dieser patriotische Einfluß war nun dahin, und die bekannte Charakterschwäche des Königs verdüsterte noch mehr den Blick in die nächste Zukunft. </p><lb/> <p rendition="#c">————</p><lb/> <p>Kurz vor dem Ausbruche des französischen Krieges ward ich in die Hartungsche Schule gethan, die lange Zeit hindurch eines wohlverdienten Rufes genossen hat. Sie lag gar nicht weit von uns an der Ecke des Schloßplatzes, allein bei den beständigen Truppendurchmärschen war es manchmal nicht leicht, dahin zu gelangen. Anfangs wartete ich mit andern Schulkindern den Vorbeimarsch des Regimentes ab, um über den Straßendamm zu kommen; dann wagte ich an einen Offizier die wohlgesetzte französische Anrede: Monsieur! ayez la bonte, de nous laisser passer! – Passez toujours! war die kurze, aber freundliche Antwort. Bald wurden wir dreister, durchschnitten die einzelnen Züge, wenn sie standen, und liefen zuletzt unbesorgt während des Marsches zwischen den Gliedern hindurch. Ich erinnre mich nicht, daß irgend einem von uns eine Unbill widerfahren wäre. Die lustigen Franzosen freuten sich vielmehr über die kecken Sprünge, und riefen uns allerlei spashaftes nach, zu dessen Verständniß das bei Madame Clause erlernte französisch nicht immer ausreichte; z. B. Voyes donc les gobemouches! – Va-t-en petit espiègle! – Ils sautent comme des lapins! Ueber jeden neuen unbekannten Ausdruck wurde der Leh- </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [82/0094]
handelte, irgend einer neuen Gewaltmaßregel der französischen Unterdrücker mit Entschiedenheit zu begegnen. Dieser patriotische Einfluß war nun dahin, und die bekannte Charakterschwäche des Königs verdüsterte noch mehr den Blick in die nächste Zukunft.
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Kurz vor dem Ausbruche des französischen Krieges ward ich in die Hartungsche Schule gethan, die lange Zeit hindurch eines wohlverdienten Rufes genossen hat. Sie lag gar nicht weit von uns an der Ecke des Schloßplatzes, allein bei den beständigen Truppendurchmärschen war es manchmal nicht leicht, dahin zu gelangen. Anfangs wartete ich mit andern Schulkindern den Vorbeimarsch des Regimentes ab, um über den Straßendamm zu kommen; dann wagte ich an einen Offizier die wohlgesetzte französische Anrede: Monsieur! ayez la bonte, de nous laisser passer! – Passez toujours! war die kurze, aber freundliche Antwort. Bald wurden wir dreister, durchschnitten die einzelnen Züge, wenn sie standen, und liefen zuletzt unbesorgt während des Marsches zwischen den Gliedern hindurch. Ich erinnre mich nicht, daß irgend einem von uns eine Unbill widerfahren wäre. Die lustigen Franzosen freuten sich vielmehr über die kecken Sprünge, und riefen uns allerlei spashaftes nach, zu dessen Verständniß das bei Madame Clause erlernte französisch nicht immer ausreichte; z. B. Voyes donc les gobemouches! – Va-t-en petit espiègle! – Ils sautent comme des lapins! Ueber jeden neuen unbekannten Ausdruck wurde der Leh-
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