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Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].

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aufsetzte, sondern unter dem linken Arme trug. Damals wurden aber allgemein dreieckige und runde Hüte getragen, die bei jedem Aufsetzen und Abnehmen den Bau zerstörten und sehr bald von Fett starrten. Ging daher mein Vater in eine Abendgesellschaft, so wurde entweder der Puder erneuert, oder das ganze langweilige Geschäft des Frisirens bei Lichte wiederholt.

Vor dem Schlafengehn verwahrte Wilhelm die Seitenlocken in Papillotten, vertauschte das feine Zopfband mit einem weniger guten, und schob den Zopf mit geschickter Wendung unter die bereit gehaltene weiße baumwollene Zipfelmütze.

Als nun während des Krieges von 1806 die Zöpfe in Berlin immer mehr in Abnahme kamen, da sprach mein Vater auch davon, den seinigen abzuschneiden. Wir waren anfangs alle dagegen: denn des Vaters Zopf gehörte mit zu seiner Person, und wer möchte an einem geliebten Wesen irgend etwas entbehren? Doch bald änderte sich die Stimmung: denn in der Schule, wo bereits die unbezopften Lehrer in der Mehrzahl waren, wurden die wenigen bezopften mit allerlei Ekelnamen belegt; da figurirte der Schreibelehrer als Selleriewurzel, der Singlehrer als Regenwurm u. s. w. Eines Sonntagmorgens wurden wir halb traurig, halb freudig überrascht, als der Vater uns seinen abgeschnittenen Zopf, der auf einem Bogen Papier kaum Platz hatte, vorlegte. Er trug nun sein volles, silberweißes, seidenweiches Haar, das ihm bis zum 77. Jahre geblieben ist, und gefiel uns nur um so besser.

aufsetzte, sondern unter dem linken Arme trug. Damals wurden aber allgemein dreieckige und runde Hüte getragen, die bei jedem Aufsetzen und Abnehmen den Bau zerstörten und sehr bald von Fett starrten. Ging daher mein Vater in eine Abendgesellschaft, so wurde entweder der Puder erneuert, oder das ganze langweilige Geschäft des Frisirens bei Lichte wiederholt.

Vor dem Schlafengehn verwahrte Wilhelm die Seitenlocken in Papillotten, vertauschte das feine Zopfband mit einem weniger guten, und schob den Zopf mit geschickter Wendung unter die bereit gehaltene weiße baumwollene Zipfelmütze.

Als nun während des Krieges von 1806 die Zöpfe in Berlin immer mehr in Abnahme kamen, da sprach mein Vater auch davon, den seinigen abzuschneiden. Wir waren anfangs alle dagegen: denn des Vaters Zopf gehörte mit zu seiner Person, und wer möchte an einem geliebten Wesen irgend etwas entbehren? Doch bald änderte sich die Stimmung: denn in der Schule, wo bereits die unbezopften Lehrer in der Mehrzahl waren, wurden die wenigen bezopften mit allerlei Ekelnamen belegt; da figurirte der Schreibelehrer als Selleriewurzel, der Singlehrer als Regenwurm u. s. w. Eines Sonntagmorgens wurden wir halb traurig, halb freudig überrascht, als der Vater uns seinen abgeschnittenen Zopf, der auf einem Bogen Papier kaum Platz hatte, vorlegte. Er trug nun sein volles, silberweißes, seidenweiches Haar, das ihm bis zum 77. Jahre geblieben ist, und gefiel uns nur um so besser.

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[31/0043] aufsetzte, sondern unter dem linken Arme trug. Damals wurden aber allgemein dreieckige und runde Hüte getragen, die bei jedem Aufsetzen und Abnehmen den Bau zerstörten und sehr bald von Fett starrten. Ging daher mein Vater in eine Abendgesellschaft, so wurde entweder der Puder erneuert, oder das ganze langweilige Geschäft des Frisirens bei Lichte wiederholt. Vor dem Schlafengehn verwahrte Wilhelm die Seitenlocken in Papillotten, vertauschte das feine Zopfband mit einem weniger guten, und schob den Zopf mit geschickter Wendung unter die bereit gehaltene weiße baumwollene Zipfelmütze. Als nun während des Krieges von 1806 die Zöpfe in Berlin immer mehr in Abnahme kamen, da sprach mein Vater auch davon, den seinigen abzuschneiden. Wir waren anfangs alle dagegen: denn des Vaters Zopf gehörte mit zu seiner Person, und wer möchte an einem geliebten Wesen irgend etwas entbehren? Doch bald änderte sich die Stimmung: denn in der Schule, wo bereits die unbezopften Lehrer in der Mehrzahl waren, wurden die wenigen bezopften mit allerlei Ekelnamen belegt; da figurirte der Schreibelehrer als Selleriewurzel, der Singlehrer als Regenwurm u. s. w. Eines Sonntagmorgens wurden wir halb traurig, halb freudig überrascht, als der Vater uns seinen abgeschnittenen Zopf, der auf einem Bogen Papier kaum Platz hatte, vorlegte. Er trug nun sein volles, silberweißes, seidenweiches Haar, das ihm bis zum 77. Jahre geblieben ist, und gefiel uns nur um so besser.

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871], S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871/43>, abgerufen am 24.11.2024.