Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].Sprünge der infernalischen Dämonen zu Hause nachahmte. Der Opferchor aus Glucks Iphigenie, ein Rittermarsch aus Righinis Zauberwald, die Geniengesänge aus der Zauberflöte, die Chöre aus der Athalia von Schulz entzückten uns nicht weniger, und prägten sich unauslöschlich dem willigen Gedächtnisse ein. Zelters Lieder mochten damals wohl noch nicht im Stiche erschienen sein; der Grosvater Nicolai hatte sie sich abschreiben, und mit gewohnter Sorgfalt in einen großen gelben Quartband zusammenbinden lassen. Daraus wurde nun sehr viel unisono gesungen; die schönen Götheschen Lieder: Wir singen und sagen vom Grafen so gern, Was hör' ich draußen vor dem Thor; Ein Veilchen auf der Wiese stand; und viele andre erfreuten sich des grösten Beifalls. Vor allen liebte mein Vater die jetzt ganz vergessenen Operetten von Hiller, deren erstes Erscheinen auf der Leipziger Bühne er zum Theil selbst miterlebt hatte. Die Jagd; Lottchen am Hofe; Die verwandelten Weiber und andre, zu denen der Kinderfreund Weiße die Texte geliefert, wurden uns oft vorgeführt, und waren wohl geeignet, in ihrer ansprechenden melodischen Simplicität einen angenehmen Eindruck zu machen. Als meine Schwester Lilli später im Klavierspiel recht weit vorgeschritten war, wollte sie uns an des Vaters Stelle die leichten Arien und Duette accompagniren, aber o weh! der fatale Klavierschlüssel, auf den sie nicht eingeübt war, stellte sich als unerwartetes Hinderniß der Ausführung entgegen. Daß bei den übrigen Klavierstücken der Violinschlüssel für die rechte, und der Baßschlüssel für die linke Hand gelten sollten, schien uns nicht mehr als billig, daß aber beim Sprünge der infernalischen Dämonen zu Hause nachahmte. Der Opferchor aus Glucks Iphigenie, ein Rittermarsch aus Righinis Zauberwald, die Geniengesänge aus der Zauberflöte, die Chöre aus der Athalia von Schulz entzückten uns nicht weniger, und prägten sich unauslöschlich dem willigen Gedächtnisse ein. Zelters Lieder mochten damals wohl noch nicht im Stiche erschienen sein; der Grosvater Nicolai hatte sie sich abschreiben, und mit gewohnter Sorgfalt in einen großen gelben Quartband zusammenbinden lassen. Daraus wurde nun sehr viel unisono gesungen; die schönen Götheschen Lieder: Wir singen und sagen vom Grafen so gern, Was hör’ ich draußen vor dem Thor; Ein Veilchen auf der Wiese stand; und viele andre erfreuten sich des grösten Beifalls. Vor allen liebte mein Vater die jetzt ganz vergessenen Operetten von Hiller, deren erstes Erscheinen auf der Leipziger Bühne er zum Theil selbst miterlebt hatte. Die Jagd; Lottchen am Hofe; Die verwandelten Weiber und andre, zu denen der Kinderfreund Weiße die Texte geliefert, wurden uns oft vorgeführt, und waren wohl geeignet, in ihrer ansprechenden melodischen Simplicität einen angenehmen Eindruck zu machen. Als meine Schwester Lilli später im Klavierspiel recht weit vorgeschritten war, wollte sie uns an des Vaters Stelle die leichten Arien und Duette accompagniren, aber o weh! der fatale Klavierschlüssel, auf den sie nicht eingeübt war, stellte sich als unerwartetes Hinderniß der Ausführung entgegen. Daß bei den übrigen Klavierstücken der Violinschlüssel für die rechte, und der Baßschlüssel für die linke Hand gelten sollten, schien uns nicht mehr als billig, daß aber beim <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0038" n="26"/> Sprünge der infernalischen Dämonen zu Hause nachahmte. Der Opferchor aus Glucks Iphigenie, ein Rittermarsch aus Righinis Zauberwald, die Geniengesänge aus der Zauberflöte, die Chöre aus der Athalia von Schulz entzückten uns nicht weniger, und prägten sich unauslöschlich dem willigen Gedächtnisse ein. </p><lb/> <p>Zelters Lieder mochten damals wohl noch nicht im Stiche erschienen sein; der Grosvater Nicolai hatte sie sich abschreiben, und mit gewohnter Sorgfalt in einen großen gelben Quartband zusammenbinden lassen. Daraus wurde nun sehr viel unisono gesungen; die schönen Götheschen Lieder: Wir singen und sagen vom Grafen so gern, Was hör’ ich draußen vor dem Thor; Ein Veilchen auf der Wiese stand; und viele andre erfreuten sich des grösten Beifalls. </p><lb/> <p>Vor allen liebte mein Vater die jetzt ganz vergessenen Operetten von Hiller, deren erstes Erscheinen auf der Leipziger Bühne er zum Theil selbst miterlebt hatte. Die Jagd; Lottchen am Hofe; Die verwandelten Weiber und andre, zu denen der Kinderfreund Weiße die Texte geliefert, wurden uns oft vorgeführt, und waren wohl geeignet, in ihrer ansprechenden melodischen Simplicität einen angenehmen Eindruck zu machen. Als meine Schwester Lilli später im Klavierspiel recht weit vorgeschritten war, wollte sie uns an des Vaters Stelle die leichten Arien und Duette accompagniren, aber o weh! der fatale Klavierschlüssel, auf den sie nicht eingeübt war, stellte sich als unerwartetes Hinderniß der Ausführung entgegen. Daß bei den übrigen Klavierstücken der Violinschlüssel für die rechte, und der Baßschlüssel für die linke Hand gelten sollten, schien uns nicht mehr als billig, daß aber beim </p> </div> </body> </text> </TEI> [26/0038]
Sprünge der infernalischen Dämonen zu Hause nachahmte. Der Opferchor aus Glucks Iphigenie, ein Rittermarsch aus Righinis Zauberwald, die Geniengesänge aus der Zauberflöte, die Chöre aus der Athalia von Schulz entzückten uns nicht weniger, und prägten sich unauslöschlich dem willigen Gedächtnisse ein.
Zelters Lieder mochten damals wohl noch nicht im Stiche erschienen sein; der Grosvater Nicolai hatte sie sich abschreiben, und mit gewohnter Sorgfalt in einen großen gelben Quartband zusammenbinden lassen. Daraus wurde nun sehr viel unisono gesungen; die schönen Götheschen Lieder: Wir singen und sagen vom Grafen so gern, Was hör’ ich draußen vor dem Thor; Ein Veilchen auf der Wiese stand; und viele andre erfreuten sich des grösten Beifalls.
Vor allen liebte mein Vater die jetzt ganz vergessenen Operetten von Hiller, deren erstes Erscheinen auf der Leipziger Bühne er zum Theil selbst miterlebt hatte. Die Jagd; Lottchen am Hofe; Die verwandelten Weiber und andre, zu denen der Kinderfreund Weiße die Texte geliefert, wurden uns oft vorgeführt, und waren wohl geeignet, in ihrer ansprechenden melodischen Simplicität einen angenehmen Eindruck zu machen. Als meine Schwester Lilli später im Klavierspiel recht weit vorgeschritten war, wollte sie uns an des Vaters Stelle die leichten Arien und Duette accompagniren, aber o weh! der fatale Klavierschlüssel, auf den sie nicht eingeübt war, stellte sich als unerwartetes Hinderniß der Ausführung entgegen. Daß bei den übrigen Klavierstücken der Violinschlüssel für die rechte, und der Baßschlüssel für die linke Hand gelten sollten, schien uns nicht mehr als billig, daß aber beim
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871/38 |
Zitationshilfe: | Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871], S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871/38>, abgerufen am 05.07.2024. |