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Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].

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als ein solches Quartett in unserm großen Saale gegeben wurde. Sie trug nach der damaligen Sitte kurzgeschnittenes Haar, einen s. g. Schwedenkopf und ein weißes anliegendes Kleid; an der Violine war ein kleines grünseidenes Kissen befestigt, um den bloßen Hals nicht zu drücken. In der Mitte des Saales stand der hellerleuchtete Quartetttisch mit den vier Pulten, eine große Gesellschaft saß an den Wänden umher. Wir steckten in einer Fensternische hinter den Gardinen, und konnten uns kaum denken, daß die sonst so schüchterne Tante Jettchen den Muth haben werde, sich in einer so glänzenden Versammlung hören zu lassen. Aber es ging alles gut, obgleich uns einige Passagen in der Applikatur nicht ganz sicher vorkamen; das schmelzende Adagio machte den angenehmsten Eindruck. Als nach dem Schlusse ein allgemeiner Beifall erscholl, und die Virtuosin von den anwesenden Musikern, besonders von meinem Vater beglückwünscht wurde, sprangen wir lebhaft hervor, und gaben unsere fröhlichste Theilnahme zu erkennen.

Eine ähnliche Ausdauer wie bei der Violine bewies sie auch beim Klaviere und beim Gesange, aber sie brachte es nicht weiter als bis zur Begleitung einiger Lieder von Zelter, J. A. P. Schulz und Reichardt. Wir hörten ihr wohl gern zu, aber es wurde uns gleich ganz anders zu Muthe, wenn mein Vater sich an das Instrument setzte, und mit sichrer Hand den Hochzeitsmarsch aus dem Figaro oder das Beschwörungsduett aus der Armide anstimmte.

Mit Zeichenfeder, Bleistift und Tuschpinsel wußte die Tante auf das Beste umzugehn, und gern betrachtete ich ihre netten Arbeiten in Sepia. Einen besonderen Reiz für mich hatte die Sauberkeit aller ihrer Apparate. Ein schö

als ein solches Quartett in unserm großen Saale gegeben wurde. Sie trug nach der damaligen Sitte kurzgeschnittenes Haar, einen s. g. Schwedenkopf und ein weißes anliegendes Kleid; an der Violine war ein kleines grünseidenes Kissen befestigt, um den bloßen Hals nicht zu drücken. In der Mitte des Saales stand der hellerleuchtete Quartetttisch mit den vier Pulten, eine große Gesellschaft saß an den Wänden umher. Wir steckten in einer Fensternische hinter den Gardinen, und konnten uns kaum denken, daß die sonst so schüchterne Tante Jettchen den Muth haben werde, sich in einer so glänzenden Versammlung hören zu lassen. Aber es ging alles gut, obgleich uns einige Passagen in der Applikatur nicht ganz sicher vorkamen; das schmelzende Adagio machte den angenehmsten Eindruck. Als nach dem Schlusse ein allgemeiner Beifall erscholl, und die Virtuosin von den anwesenden Musikern, besonders von meinem Vater beglückwünscht wurde, sprangen wir lebhaft hervor, und gaben unsere fröhlichste Theilnahme zu erkennen.

Eine ähnliche Ausdauer wie bei der Violine bewies sie auch beim Klaviere und beim Gesange, aber sie brachte es nicht weiter als bis zur Begleitung einiger Lieder von Zelter, J. A. P. Schulz und Reichardt. Wir hörten ihr wohl gern zu, aber es wurde uns gleich ganz anders zu Muthe, wenn mein Vater sich an das Instrument setzte, und mit sichrer Hand den Hochzeitsmarsch aus dem Figaro oder das Beschwörungsduett aus der Armide anstimmte.

Mit Zeichenfeder, Bleistift und Tuschpinsel wußte die Tante auf das Beste umzugehn, und gern betrachtete ich ihre netten Arbeiten in Sepia. Einen besonderen Reiz für mich hatte die Sauberkeit aller ihrer Apparate. Ein schö

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[252/0264] als ein solches Quartett in unserm großen Saale gegeben wurde. Sie trug nach der damaligen Sitte kurzgeschnittenes Haar, einen s. g. Schwedenkopf und ein weißes anliegendes Kleid; an der Violine war ein kleines grünseidenes Kissen befestigt, um den bloßen Hals nicht zu drücken. In der Mitte des Saales stand der hellerleuchtete Quartetttisch mit den vier Pulten, eine große Gesellschaft saß an den Wänden umher. Wir steckten in einer Fensternische hinter den Gardinen, und konnten uns kaum denken, daß die sonst so schüchterne Tante Jettchen den Muth haben werde, sich in einer so glänzenden Versammlung hören zu lassen. Aber es ging alles gut, obgleich uns einige Passagen in der Applikatur nicht ganz sicher vorkamen; das schmelzende Adagio machte den angenehmsten Eindruck. Als nach dem Schlusse ein allgemeiner Beifall erscholl, und die Virtuosin von den anwesenden Musikern, besonders von meinem Vater beglückwünscht wurde, sprangen wir lebhaft hervor, und gaben unsere fröhlichste Theilnahme zu erkennen. Eine ähnliche Ausdauer wie bei der Violine bewies sie auch beim Klaviere und beim Gesange, aber sie brachte es nicht weiter als bis zur Begleitung einiger Lieder von Zelter, J. A. P. Schulz und Reichardt. Wir hörten ihr wohl gern zu, aber es wurde uns gleich ganz anders zu Muthe, wenn mein Vater sich an das Instrument setzte, und mit sichrer Hand den Hochzeitsmarsch aus dem Figaro oder das Beschwörungsduett aus der Armide anstimmte. Mit Zeichenfeder, Bleistift und Tuschpinsel wußte die Tante auf das Beste umzugehn, und gern betrachtete ich ihre netten Arbeiten in Sepia. Einen besonderen Reiz für mich hatte die Sauberkeit aller ihrer Apparate. Ein schö

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871], S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871/264>, abgerufen am 24.11.2024.