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Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].

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suchung unsrer Physiologen werth, ob auch bei anderen Individuen ein so enger Zusammenhang zwischen den Eindrücken des Ohres und des Auges stattfinde; bei ihm sei dies nicht der Fall.

Das Begräbniß meiner Mutter soll sehr rührend gewesen sein. Sie hatte während ihres Lebens eine Menge armer Familien im Namen ihres Vaters und aus eigenen Mitteln unterstützt. Die Leute durften aber weder davon sprechen, noch sich bei ihr sehn lassen. Als sie nun todt war, hielten die Armen das Verbot für aufgehoben, und fanden sich so zahlreich bei dem Leichenbegängnisse ein, daß man nun erst die Ausdehnung dieser stillen Wirksamkeit übersehn konnte.

Nach dem Tode meiner Mutter nahm mein Vater, der Sitte der damaligen Zeit folgend, eine französische Gouvernante zur Erziehung der Kinder in das Haus, Madame Clause, eine ältliche Wittwe aus Toulouse. Das Französische lernten wir nun sehr bald, aber freilich auf höchst unvollkommne Weise, denn unsre Lehrerin war viel zu gutmüthig, um irgend etwas mit Ernst durchzusetzen. Wir beide, meine Schwester und ich, liebten sie von Herzen. Dies hinderte aber nicht, daß ich in einem Anfalle von Unart es wagte, ihr mit der Feuerzange zu Leibe zu gehn, was mir von dem sonst allzu nachsichtigen Vater einen scharfen Verweis zuzog. Von unserem französisch Sprechen mögen die folgenden Proben Zeugniß geben, bei denen ich mich jedoch weniger auf mein Gedächtniß, als auf die in jeder Familie fortlebende Tradition verlassen darf. Bei den Spielen im kleinen Hausgarten hieß es: Madame, ou est la Gieskanne? - Madame, je vous prie de me donner un Bindfaden. Meine Schwe-


suchung unsrer Physiologen werth, ob auch bei anderen Individuen ein so enger Zusammenhang zwischen den Eindrücken des Ohres und des Auges stattfinde; bei ihm sei dies nicht der Fall.

Das Begräbniß meiner Mutter soll sehr rührend gewesen sein. Sie hatte während ihres Lebens eine Menge armer Familien im Namen ihres Vaters und aus eigenen Mitteln unterstützt. Die Leute durften aber weder davon sprechen, noch sich bei ihr sehn lassen. Als sie nun todt war, hielten die Armen das Verbot für aufgehoben, und fanden sich so zahlreich bei dem Leichenbegängnisse ein, daß man nun erst die Ausdehnung dieser stillen Wirksamkeit übersehn konnte.

Nach dem Tode meiner Mutter nahm mein Vater, der Sitte der damaligen Zeit folgend, eine französische Gouvernante zur Erziehung der Kinder in das Haus, Madame Clause, eine ältliche Wittwe aus Toulouse. Das Französische lernten wir nun sehr bald, aber freilich auf höchst unvollkommne Weise, denn unsre Lehrerin war viel zu gutmüthig, um irgend etwas mit Ernst durchzusetzen. Wir beide, meine Schwester und ich, liebten sie von Herzen. Dies hinderte aber nicht, daß ich in einem Anfalle von Unart es wagte, ihr mit der Feuerzange zu Leibe zu gehn, was mir von dem sonst allzu nachsichtigen Vater einen scharfen Verweis zuzog. Von unserem französisch Sprechen mögen die folgenden Proben Zeugniß geben, bei denen ich mich jedoch weniger auf mein Gedächtniß, als auf die in jeder Familie fortlebende Tradition verlassen darf. Bei den Spielen im kleinen Hausgarten hieß es: Madame, où est la Gieskanne? – Madame, je vous prie de me donner un Bindfaden. Meine Schwe-

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[13/0025] suchung unsrer Physiologen werth, ob auch bei anderen Individuen ein so enger Zusammenhang zwischen den Eindrücken des Ohres und des Auges stattfinde; bei ihm sei dies nicht der Fall. Das Begräbniß meiner Mutter soll sehr rührend gewesen sein. Sie hatte während ihres Lebens eine Menge armer Familien im Namen ihres Vaters und aus eigenen Mitteln unterstützt. Die Leute durften aber weder davon sprechen, noch sich bei ihr sehn lassen. Als sie nun todt war, hielten die Armen das Verbot für aufgehoben, und fanden sich so zahlreich bei dem Leichenbegängnisse ein, daß man nun erst die Ausdehnung dieser stillen Wirksamkeit übersehn konnte. Nach dem Tode meiner Mutter nahm mein Vater, der Sitte der damaligen Zeit folgend, eine französische Gouvernante zur Erziehung der Kinder in das Haus, Madame Clause, eine ältliche Wittwe aus Toulouse. Das Französische lernten wir nun sehr bald, aber freilich auf höchst unvollkommne Weise, denn unsre Lehrerin war viel zu gutmüthig, um irgend etwas mit Ernst durchzusetzen. Wir beide, meine Schwester und ich, liebten sie von Herzen. Dies hinderte aber nicht, daß ich in einem Anfalle von Unart es wagte, ihr mit der Feuerzange zu Leibe zu gehn, was mir von dem sonst allzu nachsichtigen Vater einen scharfen Verweis zuzog. Von unserem französisch Sprechen mögen die folgenden Proben Zeugniß geben, bei denen ich mich jedoch weniger auf mein Gedächtniß, als auf die in jeder Familie fortlebende Tradition verlassen darf. Bei den Spielen im kleinen Hausgarten hieß es: Madame, où est la Gieskanne? – Madame, je vous prie de me donner un Bindfaden. Meine Schwe-

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871], S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871/25>, abgerufen am 24.11.2024.