Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].staatsmännischen Laufbahn nicht selten ein Mittagsgast des Grosvaters Eichmann gewesen sei, und oft lange Gespräche über das Fabrikwesen mit ihm geführt habe. Die immer steigende Finanznoth des Staates während der französischen Besetzung und die neue Organisation i. J. 1808 machten die Pensionirung von einer Menge älterer Beamten nothwendig. Dies Loos traf auch den Grosvater Eichmann, der am Ende der Fünfziger stehend, seine volle körperliche und geistige Kraft bewahrte. Bei seiner Pensionirung sagte er sehr ruhig: Mit Vielem hält man Haus, Mit Wenigem kömmt man auch aus! Er blieb aber nicht lange in Unthätigkeit: denn er ward vom Berliner Magistrate zum Municipalrathe ernannt, und hatte als solcher die Obliegenheit, mit den französischen Behörden wegen der Natural- und Reallieferungen zu unterhandeln. Wir Kinder bewunderten nun seinen großen dreieckigen Hut mit goldnen Quasten und seine schwarz- weiße Binde. Da er das französische geläufig sprach, und bei aller Festigkeit sehr gefällige Formen hatte, so waren die französischen Konunissäre sehr froh mit ihm zu verkehren. Nicht wenig imponirte ihnen seine Sachkenntniß in allen technischen Fragen. Diese vermutheten sie nicht bei einem so hohen Staatsbeamten, und machten ihm mit ächt französischer Urbanität Komplimente darüber. Was geliefert werden mußte, das schaffte er unweigerlich an, aber wenn unter dem Namen faux frais etwas unerlaubtes angesetzt wurde, so trat er dem mit Nachdruck und wenn es sein mußte, mit deutscher Grobheit entgegen, wobei staatsmännischen Laufbahn nicht selten ein Mittagsgast des Grosvaters Eichmann gewesen sei, und oft lange Gespräche über das Fabrikwesen mit ihm geführt habe. Die immer steigende Finanznoth des Staates während der französischen Besetzung und die neue Organisation i. J. 1808 machten die Pensionirung von einer Menge älterer Beamten nothwendig. Dies Loos traf auch den Grosvater Eichmann, der am Ende der Fünfziger stehend, seine volle körperliche und geistige Kraft bewahrte. Bei seiner Pensionirung sagte er sehr ruhig: Mit Vielem hält man Haus, Mit Wenigem kömmt man auch aus! Er blieb aber nicht lange in Unthätigkeit: denn er ward vom Berliner Magistrate zum Municipalrathe ernannt, und hatte als solcher die Obliegenheit, mit den französischen Behörden wegen der Natural- und Reallieferungen zu unterhandeln. Wir Kinder bewunderten nun seinen großen dreieckigen Hut mit goldnen Quasten und seine schwarz- weiße Binde. Da er das französische geläufig sprach, und bei aller Festigkeit sehr gefällige Formen hatte, so waren die französischen Konunissäre sehr froh mit ihm zu verkehren. Nicht wenig imponirte ihnen seine Sachkenntniß in allen technischen Fragen. Diese vermutheten sie nicht bei einem so hohen Staatsbeamten, und machten ihm mit ächt französischer Urbanität Komplimente darüber. Was geliefert werden mußte, das schaffte er unweigerlich an, aber wenn unter dem Namen faux frais etwas unerlaubtes angesetzt wurde, so trat er dem mit Nachdruck und wenn es sein mußte, mit deutscher Grobheit entgegen, wobei <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div> <p><pb facs="#f0230" n="218"/> staatsmännischen Laufbahn nicht selten ein Mittagsgast des Grosvaters Eichmann gewesen sei, und oft lange Gespräche über das Fabrikwesen mit ihm geführt habe. </p><lb/> <p>Die immer steigende Finanznoth des Staates während der französischen Besetzung und die neue Organisation i. J. 1808 machten die Pensionirung von einer Menge älterer Beamten nothwendig. Dies Loos traf auch den Grosvater Eichmann, der am Ende der Fünfziger stehend, seine volle körperliche und geistige Kraft bewahrte. Bei seiner Pensionirung sagte er sehr ruhig: </p><lb/> <p>Mit Vielem hält man Haus,</p><lb/> <p>Mit Wenigem kömmt man auch aus!</p><lb/> <p>Er blieb aber nicht lange in Unthätigkeit: denn er ward vom Berliner Magistrate zum Municipalrathe ernannt, und hatte als solcher die Obliegenheit, mit den französischen Behörden wegen der Natural- und Reallieferungen zu unterhandeln. Wir Kinder bewunderten nun seinen großen dreieckigen Hut mit goldnen Quasten und seine schwarz- weiße Binde. </p><lb/> <p>Da er das französische geläufig sprach, und bei aller Festigkeit sehr gefällige Formen hatte, so waren die französischen Konunissäre sehr froh mit ihm zu verkehren. Nicht wenig imponirte ihnen seine Sachkenntniß in allen technischen Fragen. Diese vermutheten sie nicht bei einem so hohen Staatsbeamten, und machten ihm mit ächt französischer Urbanität Komplimente darüber. Was geliefert werden mußte, das schaffte er unweigerlich an, aber wenn unter dem Namen faux frais etwas unerlaubtes angesetzt wurde, so trat er dem mit Nachdruck und wenn es sein mußte, mit deutscher Grobheit entgegen, wobei </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [218/0230]
staatsmännischen Laufbahn nicht selten ein Mittagsgast des Grosvaters Eichmann gewesen sei, und oft lange Gespräche über das Fabrikwesen mit ihm geführt habe.
Die immer steigende Finanznoth des Staates während der französischen Besetzung und die neue Organisation i. J. 1808 machten die Pensionirung von einer Menge älterer Beamten nothwendig. Dies Loos traf auch den Grosvater Eichmann, der am Ende der Fünfziger stehend, seine volle körperliche und geistige Kraft bewahrte. Bei seiner Pensionirung sagte er sehr ruhig:
Mit Vielem hält man Haus,
Mit Wenigem kömmt man auch aus!
Er blieb aber nicht lange in Unthätigkeit: denn er ward vom Berliner Magistrate zum Municipalrathe ernannt, und hatte als solcher die Obliegenheit, mit den französischen Behörden wegen der Natural- und Reallieferungen zu unterhandeln. Wir Kinder bewunderten nun seinen großen dreieckigen Hut mit goldnen Quasten und seine schwarz- weiße Binde.
Da er das französische geläufig sprach, und bei aller Festigkeit sehr gefällige Formen hatte, so waren die französischen Konunissäre sehr froh mit ihm zu verkehren. Nicht wenig imponirte ihnen seine Sachkenntniß in allen technischen Fragen. Diese vermutheten sie nicht bei einem so hohen Staatsbeamten, und machten ihm mit ächt französischer Urbanität Komplimente darüber. Was geliefert werden mußte, das schaffte er unweigerlich an, aber wenn unter dem Namen faux frais etwas unerlaubtes angesetzt wurde, so trat er dem mit Nachdruck und wenn es sein mußte, mit deutscher Grobheit entgegen, wobei
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