Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].Umgebung her! Zelter warf uns einen grimmigen Blick zu! Ein Glück, daß wir nicht umwarfen! Während seines Berliner Aufenthalts studirte Körner zwar dem Namen nach Bergwissenschaften, folgte aber hauptsächlich seinem Hange zur Poesie. Das Dichten war von Jugend auf ihm zur andern Natur geworden; seine Mutter zeigte mir späterhin ganze Stöße von Poesien, die er vom 8. und 9. Jahre an zu Stande gebracht. Wenn man bedenkt, daß er noch nicht 21 Jahre alt war, als der Tod ihn bei Woebbelin ereilte, so muß man die Fruchtbarkeit seines leichtschaffenden Talentes bewundem. Durch einen unvorsichtigen Spaziergang in der Abendkühle zog er sich in Berlin ein kaltes Fieber zu, welches gar nicht weichen wollte. Als letztes Mittel riethen die Aerzte ihm eine Luftveränderung. Noch sehe ich ihn deutlich vor mir, wie er in eleganter heller Strumpfhose, schwarzem Frack und weißem Hut nach unserem großen Garten in der Lehmgasse kam, um Abschied zu nehmen. Das Gesicht war blaß, aber die männlich-schöne Gestalt hatte nichts von ihrer Würde verloren. Er ging zuerst nach Dresden, und dann nach Wien. Seine dortigen theatralischen Erfolge begleiteten wir mit der lebhaftesten Theilnahme. Als er im Jahre 1818 wieder bei uns erschien, wurde er wie ein alter lieber Freund jubelnd begrüßt. Umgebung her! Zelter warf uns einen grimmigen Blick zu! Ein Glück, daß wir nicht umwarfen! Während seines Berliner Aufenthalts studirte Körner zwar dem Namen nach Bergwissenschaften, folgte aber hauptsächlich seinem Hange zur Poesie. Das Dichten war von Jugend auf ihm zur andern Natur geworden; seine Mutter zeigte mir späterhin ganze Stöße von Poesien, die er vom 8. und 9. Jahre an zu Stande gebracht. Wenn man bedenkt, daß er noch nicht 21 Jahre alt war, als der Tod ihn bei Woebbelin ereilte, so muß man die Fruchtbarkeit seines leichtschaffenden Talentes bewundem. Durch einen unvorsichtigen Spaziergang in der Abendkühle zog er sich in Berlin ein kaltes Fieber zu, welches gar nicht weichen wollte. Als letztes Mittel riethen die Aerzte ihm eine Luftveränderung. Noch sehe ich ihn deutlich vor mir, wie er in eleganter heller Strumpfhose, schwarzem Frack und weißem Hut nach unserem großen Garten in der Lehmgasse kam, um Abschied zu nehmen. Das Gesicht war blaß, aber die männlich-schöne Gestalt hatte nichts von ihrer Würde verloren. Er ging zuerst nach Dresden, und dann nach Wien. Seine dortigen theatralischen Erfolge begleiteten wir mit der lebhaftesten Theilnahme. Als er im Jahre 1818 wieder bei uns erschien, wurde er wie ein alter lieber Freund jubelnd begrüßt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p><pb facs="#f0215" n="203"/> Umgebung her! Zelter warf uns einen grimmigen Blick zu! Ein Glück, daß wir nicht umwarfen! </p><lb/> <p>Während seines Berliner Aufenthalts studirte Körner zwar dem Namen nach Bergwissenschaften, folgte aber hauptsächlich seinem Hange zur Poesie. Das Dichten war von Jugend auf ihm zur andern Natur geworden; seine Mutter zeigte mir späterhin ganze Stöße von Poesien, die er vom 8. und 9. Jahre an zu Stande gebracht. Wenn man bedenkt, daß er noch nicht 21 Jahre alt war, als der Tod ihn bei Woebbelin ereilte, so muß man die Fruchtbarkeit seines leichtschaffenden Talentes bewundem. </p><lb/> <p>Durch einen unvorsichtigen Spaziergang in der Abendkühle zog er sich in Berlin ein kaltes Fieber zu, welches gar nicht weichen wollte. Als letztes Mittel riethen die Aerzte ihm eine Luftveränderung. Noch sehe ich ihn deutlich vor mir, wie er in eleganter heller Strumpfhose, schwarzem Frack und weißem Hut nach unserem großen Garten in der Lehmgasse kam, um Abschied zu nehmen. Das Gesicht war blaß, aber die männlich-schöne Gestalt hatte nichts von ihrer Würde verloren. </p><lb/> <p>Er ging zuerst nach Dresden, und dann nach Wien. Seine dortigen theatralischen Erfolge begleiteten wir mit der lebhaftesten Theilnahme. Als er im Jahre 1818 wieder bei uns erschien, wurde er wie ein alter lieber Freund jubelnd begrüßt.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [203/0215]
Umgebung her! Zelter warf uns einen grimmigen Blick zu! Ein Glück, daß wir nicht umwarfen!
Während seines Berliner Aufenthalts studirte Körner zwar dem Namen nach Bergwissenschaften, folgte aber hauptsächlich seinem Hange zur Poesie. Das Dichten war von Jugend auf ihm zur andern Natur geworden; seine Mutter zeigte mir späterhin ganze Stöße von Poesien, die er vom 8. und 9. Jahre an zu Stande gebracht. Wenn man bedenkt, daß er noch nicht 21 Jahre alt war, als der Tod ihn bei Woebbelin ereilte, so muß man die Fruchtbarkeit seines leichtschaffenden Talentes bewundem.
Durch einen unvorsichtigen Spaziergang in der Abendkühle zog er sich in Berlin ein kaltes Fieber zu, welches gar nicht weichen wollte. Als letztes Mittel riethen die Aerzte ihm eine Luftveränderung. Noch sehe ich ihn deutlich vor mir, wie er in eleganter heller Strumpfhose, schwarzem Frack und weißem Hut nach unserem großen Garten in der Lehmgasse kam, um Abschied zu nehmen. Das Gesicht war blaß, aber die männlich-schöne Gestalt hatte nichts von ihrer Würde verloren.
Er ging zuerst nach Dresden, und dann nach Wien. Seine dortigen theatralischen Erfolge begleiteten wir mit der lebhaftesten Theilnahme. Als er im Jahre 1818 wieder bei uns erschien, wurde er wie ein alter lieber Freund jubelnd begrüßt.
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