Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].David, der dritte Sohn, studirte Cameralia, zeigte für das Verwaltungsfach eine große Befähigung, und machte eine schnelle Laufbahn. Durch sein redliches gerades Wesen erwarb er sich überall Freunde. Anfangs war er bei der Stadtverwaltung von Berlin beschäftigt. Als wir Kinder späterhin die schmucken blauen Schilder an den Straßenecken mit den zierlichen gothischen Straßennamen, und über den Hausthüren die goldnen Nummern in blauem Felde bewunderten, da wurde uns gesagt, das habe der Onkel David angeordnet. Mit 31 Jahren wurde er zum Kammerdirektor in Kalisch ernannt, und zog dorthin mit seiner Frau, der jungen liebenswürdigen Tochter des Geheimen Finanzrathes Eichmann. Kurze Zeit nach seiner Ankunft wurde der Besuch des Königs Friedrich Wilhelms III. gemeldet, der die neuerworbenen polnischen Provinzen bereisen, und im Hause des Kammerdirektors ein Diner einnehmen wollte. David ritt am frühen Morgen mit seinen Leuten aus, um die königliche Tafel mit Wildpret zu versehn. Als ein Jäger einen erlegten Hasen herbeibrachte, scheute Davids Pferd davor. Er wollte es korrigiren und hielt ihm den Hasen dicht vor die Augen. Das geängstigte Thier bäumte sich, warf den Reiter ab und zertrat ihm die Brust. Sterbend wurde er der jungen Frau nach Hause gebracht, und verschied kurze Zeit darauf (1804). Wir waren gerade im Gartensaale des Landhauses beisammen, als die Trauernachricht in Berlin eintraf. Ob man sie dem Grosvater vielleicht nicht schonend genug beigebracht, wüßte ich nicht mehr zu sagen. Das Weinen und Jammern des alten Mannes erregte in den Kindern, ehe sie noch wußten, um was es sich handle, einen so David, der dritte Sohn, studirte Cameralia, zeigte für das Verwaltungsfach eine große Befähigung, und machte eine schnelle Laufbahn. Durch sein redliches gerades Wesen erwarb er sich überall Freunde. Anfangs war er bei der Stadtverwaltung von Berlin beschäftigt. Als wir Kinder späterhin die schmucken blauen Schilder an den Straßenecken mit den zierlichen gothischen Straßennamen, und über den Hausthüren die goldnen Nummern in blauem Felde bewunderten, da wurde uns gesagt, das habe der Onkel David angeordnet. Mit 31 Jahren wurde er zum Kammerdirektor in Kalisch ernannt, und zog dorthin mit seiner Frau, der jungen liebenswürdigen Tochter des Geheimen Finanzrathes Eichmann. Kurze Zeit nach seiner Ankunft wurde der Besuch des Königs Friedrich Wilhelms III. gemeldet, der die neuerworbenen polnischen Provinzen bereisen, und im Hause des Kammerdirektors ein Diner einnehmen wollte. David ritt am frühen Morgen mit seinen Leuten aus, um die königliche Tafel mit Wildpret zu versehn. Als ein Jäger einen erlegten Hasen herbeibrachte, scheute Davids Pferd davor. Er wollte es korrigiren und hielt ihm den Hasen dicht vor die Augen. Das geängstigte Thier bäumte sich, warf den Reiter ab und zertrat ihm die Brust. Sterbend wurde er der jungen Frau nach Hause gebracht, und verschied kurze Zeit darauf (1804). Wir waren gerade im Gartensaale des Landhauses beisammen, als die Trauernachricht in Berlin eintraf. Ob man sie dem Grosvater vielleicht nicht schonend genug beigebracht, wüßte ich nicht mehr zu sagen. Das Weinen und Jammern des alten Mannes erregte in den Kindern, ehe sie noch wußten, um was es sich handle, einen so <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p> <pb facs="#f0021" n="9"/> </p><lb/> <p>David, der dritte Sohn, studirte Cameralia, zeigte für das Verwaltungsfach eine große Befähigung, und machte eine schnelle Laufbahn. Durch sein redliches gerades Wesen erwarb er sich überall Freunde. Anfangs war er bei der Stadtverwaltung von Berlin beschäftigt. Als wir Kinder späterhin die schmucken blauen Schilder an den Straßenecken mit den zierlichen gothischen Straßennamen, und über den Hausthüren die goldnen Nummern in blauem Felde bewunderten, da wurde uns gesagt, das habe der Onkel David angeordnet. </p><lb/> <p>Mit 31 Jahren wurde er zum Kammerdirektor in Kalisch ernannt, und zog dorthin mit seiner Frau, der jungen liebenswürdigen Tochter des Geheimen Finanzrathes Eichmann. Kurze Zeit nach seiner Ankunft wurde der Besuch des Königs Friedrich Wilhelms III. gemeldet, der die neuerworbenen polnischen Provinzen bereisen, und im Hause des Kammerdirektors ein Diner einnehmen wollte. David ritt am frühen Morgen mit seinen Leuten aus, um die königliche Tafel mit Wildpret zu versehn. Als ein Jäger einen erlegten Hasen herbeibrachte, scheute Davids Pferd davor. Er wollte es korrigiren und hielt ihm den Hasen dicht vor die Augen. Das geängstigte Thier bäumte sich, warf den Reiter ab und zertrat ihm die Brust. Sterbend wurde er der jungen Frau nach Hause gebracht, und verschied kurze Zeit darauf (1804). </p><lb/> <p>Wir waren gerade im Gartensaale des Landhauses beisammen, als die Trauernachricht in Berlin eintraf. Ob man sie dem Grosvater vielleicht nicht schonend genug beigebracht, wüßte ich nicht mehr zu sagen. Das Weinen und Jammern des alten Mannes erregte in den Kindern, ehe sie noch wußten, um was es sich handle, einen so </p> </div> </body> </text> </TEI> [9/0021]
David, der dritte Sohn, studirte Cameralia, zeigte für das Verwaltungsfach eine große Befähigung, und machte eine schnelle Laufbahn. Durch sein redliches gerades Wesen erwarb er sich überall Freunde. Anfangs war er bei der Stadtverwaltung von Berlin beschäftigt. Als wir Kinder späterhin die schmucken blauen Schilder an den Straßenecken mit den zierlichen gothischen Straßennamen, und über den Hausthüren die goldnen Nummern in blauem Felde bewunderten, da wurde uns gesagt, das habe der Onkel David angeordnet.
Mit 31 Jahren wurde er zum Kammerdirektor in Kalisch ernannt, und zog dorthin mit seiner Frau, der jungen liebenswürdigen Tochter des Geheimen Finanzrathes Eichmann. Kurze Zeit nach seiner Ankunft wurde der Besuch des Königs Friedrich Wilhelms III. gemeldet, der die neuerworbenen polnischen Provinzen bereisen, und im Hause des Kammerdirektors ein Diner einnehmen wollte. David ritt am frühen Morgen mit seinen Leuten aus, um die königliche Tafel mit Wildpret zu versehn. Als ein Jäger einen erlegten Hasen herbeibrachte, scheute Davids Pferd davor. Er wollte es korrigiren und hielt ihm den Hasen dicht vor die Augen. Das geängstigte Thier bäumte sich, warf den Reiter ab und zertrat ihm die Brust. Sterbend wurde er der jungen Frau nach Hause gebracht, und verschied kurze Zeit darauf (1804).
Wir waren gerade im Gartensaale des Landhauses beisammen, als die Trauernachricht in Berlin eintraf. Ob man sie dem Grosvater vielleicht nicht schonend genug beigebracht, wüßte ich nicht mehr zu sagen. Das Weinen und Jammern des alten Mannes erregte in den Kindern, ehe sie noch wußten, um was es sich handle, einen so
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871/21 |
Zitationshilfe: | Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871], S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871/21>, abgerufen am 05.07.2024. |