Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].bedeutend vermehrt; sie bestanden in lateinischen und griechischen Exercitien, in Uebersetzungen aus den Autoren, für welche außerdem eine genaue Präparation verlangt wurde, in geschichtlichen und mathematischen Ausarbeitungen, in deutschen und französischen Aufsätzen. Die halbjährlichen Arbeiten eines jeden Schülers betrugen einen ansehnlichen Quartstoß; das ganze Gymnasium konsumirte alljährlich mehrere Ballen Schreibpapier. Zu den Schulstunden kamen noch die Privatlektionen im Zeichnen, in der Musik, im Tanzen und Fechten. Man muß in der That die Elasticität der menschlichen Natur bewundem, daß sie im Stande ist, einem so unausgesetzten Drucke jahrelang zu widerstehn. Einige Erholung gewährten zwar an den Mittwochs- und Sonnabendnachmittagen die Turnübungen in der Hasenheide, doch ward auch manchmal in dieser Richtung des Guten zuviel gethan. So hatte ich mir eines Sommers in den Kopf gesetzt, noch ein paar Schwingstunden von 6-7 früh zu nehmen; ich ging also um 6 Uhr aus der Blumenstraße nach den Linden in das Veronasche Haus, übte mich dort von 6-7, und ging dann nach der Klosterstraße zu dem um 8 Uhr beginnenden Klassenbesuch. Gleich nach meinem Eintritte in das Kloster ward in dem großen Hörsaale ein feierlicher Actus begangen, der nicht verfehlte, einen tiefen Eindruck hervorzurufen. Das Gymnasium hatte vor kurzem durch den Tod des Professors Spalding, des gelehrten Herausgebers des Quintilian, einen großen Verlust erlitten. An seine Stelle war Professor Giesebrecht, ein junger vielversprechender Mann berufen worden. Die Wärme und Herzlichkeit, mit welcher der würdige Direktor Bellermann des Dahingeschiedenen bedeutend vermehrt; sie bestanden in lateinischen und griechischen Exercitien, in Uebersetzungen aus den Autoren, für welche außerdem eine genaue Präparation verlangt wurde, in geschichtlichen und mathematischen Ausarbeitungen, in deutschen und französischen Aufsätzen. Die halbjährlichen Arbeiten eines jeden Schülers betrugen einen ansehnlichen Quartstoß; das ganze Gymnasium konsumirte alljährlich mehrere Ballen Schreibpapier. Zu den Schulstunden kamen noch die Privatlektionen im Zeichnen, in der Musik, im Tanzen und Fechten. Man muß in der That die Elasticität der menschlichen Natur bewundem, daß sie im Stande ist, einem so unausgesetzten Drucke jahrelang zu widerstehn. Einige Erholung gewährten zwar an den Mittwochs- und Sonnabendnachmittagen die Turnübungen in der Hasenheide, doch ward auch manchmal in dieser Richtung des Guten zuviel gethan. So hatte ich mir eines Sommers in den Kopf gesetzt, noch ein paar Schwingstunden von 6–7 früh zu nehmen; ich ging also um 6 Uhr aus der Blumenstraße nach den Linden in das Veronasche Haus, übte mich dort von 6–7, und ging dann nach der Klosterstraße zu dem um 8 Uhr beginnenden Klassenbesuch. Gleich nach meinem Eintritte in das Kloster ward in dem großen Hörsaale ein feierlicher Actus begangen, der nicht verfehlte, einen tiefen Eindruck hervorzurufen. Das Gymnasium hatte vor kurzem durch den Tod des Professors Spalding, des gelehrten Herausgebers des Quintilian, einen großen Verlust erlitten. An seine Stelle war Professor Giesebrecht, ein junger vielversprechender Mann berufen worden. 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bedeutend vermehrt; sie bestanden in lateinischen und griechischen Exercitien, in Uebersetzungen aus den Autoren, für welche außerdem eine genaue Präparation verlangt wurde, in geschichtlichen und mathematischen Ausarbeitungen, in deutschen und französischen Aufsätzen. Die halbjährlichen Arbeiten eines jeden Schülers betrugen einen ansehnlichen Quartstoß; das ganze Gymnasium konsumirte alljährlich mehrere Ballen Schreibpapier. Zu den Schulstunden kamen noch die Privatlektionen im Zeichnen, in der Musik, im Tanzen und Fechten. Man muß in der That die Elasticität der menschlichen Natur bewundem, daß sie im Stande ist, einem so unausgesetzten Drucke jahrelang zu widerstehn.
Einige Erholung gewährten zwar an den Mittwochs- und Sonnabendnachmittagen die Turnübungen in der Hasenheide, doch ward auch manchmal in dieser Richtung des Guten zuviel gethan. So hatte ich mir eines Sommers in den Kopf gesetzt, noch ein paar Schwingstunden von 6–7 früh zu nehmen; ich ging also um 6 Uhr aus der Blumenstraße nach den Linden in das Veronasche Haus, übte mich dort von 6–7, und ging dann nach der Klosterstraße zu dem um 8 Uhr beginnenden Klassenbesuch.
Gleich nach meinem Eintritte in das Kloster ward in dem großen Hörsaale ein feierlicher Actus begangen, der nicht verfehlte, einen tiefen Eindruck hervorzurufen. Das Gymnasium hatte vor kurzem durch den Tod des Professors Spalding, des gelehrten Herausgebers des Quintilian, einen großen Verlust erlitten. An seine Stelle war Professor Giesebrecht, ein junger vielversprechender Mann berufen worden. Die Wärme und Herzlichkeit, mit welcher der würdige Direktor Bellermann des Dahingeschiedenen
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