Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].zwischen Alexander von Humboldt und Leopold von Buch eine Zierde des Sitzungsaales bildet; die k. Bibliothek erhielt eine große Menge anderer Gypsbüsten von Gelehrten, die ich als Kind oft genug in unserem Bibliotheksaale betrachtet hatte; außerdem eine Reihe von seltnen gleichzeitigen Drucken aus der Zeit des dreißigjährigen Krieges; an die Sternwarte kam eine kostbare englische astronomische Uhr, an die Singakademie ein reicher Schatz alter Musikalien; das Graue Kloster erhielt mehr als 600 Bände klassischer Autoren in den ausgesuchtesten holländischen und anderen Ausgaben. Diese letzte Schenkung hat mich oft seufzen gemacht, als ich selbst anfing, die Klassiker für mich zu lesen und zu sammeln; ich fand dann beim Nachschlagen im Kataloge, daß die besten Ausgaben schon dagewesen waren; aber mit der Zeit bin ich zu der Erkenntniß gekommen, daß nicht der Besitz, sondern nur der Erwerb Vergnügen macht, und habe es dem guten Grosvater oft gedankt, daß er mir neben den Mitteln auch die Gelegenheit gegeben, schöne und alte Ausgaben anzuschaffen. Jene Vermächtnisse waren in der That eben so wohl den Anstalten, als den Personen zugedacht; bei der Leibnitz-Büste dachte Nicolai an seine Kollegen in der Akademie; bei den andern Gypsbüsten und den seltnen Drucken an seinen Freund den Bibliothekar Biester; die Klassiker waren für seine Freunde Gedike und Spalding bestimmt, die Musikalien für Zelter, und die astronomische Uhr konnte seinem Freunde Bode von Nutzen sein. Daß meine Schwester und ich, als die einzigen Nachkommen Nicolais und seiner acht Kinder, zu Universalerben ernannt seien, hörten wir beide mit der grösten zwischen Alexander von Humboldt und Leopold von Buch eine Zierde des Sitzungsaales bildet; die k. Bibliothek erhielt eine große Menge anderer Gypsbüsten von Gelehrten, die ich als Kind oft genug in unserem Bibliotheksaale betrachtet hatte; außerdem eine Reihe von seltnen gleichzeitigen Drucken aus der Zeit des dreißigjährigen Krieges; an die Sternwarte kam eine kostbare englische astronomische Uhr, an die Singakademie ein reicher Schatz alter Musikalien; das Graue Kloster erhielt mehr als 600 Bände klassischer Autoren in den ausgesuchtesten holländischen und anderen Ausgaben. Diese letzte Schenkung hat mich oft seufzen gemacht, als ich selbst anfing, die Klassiker für mich zu lesen und zu sammeln; ich fand dann beim Nachschlagen im Kataloge, daß die besten Ausgaben schon dagewesen waren; aber mit der Zeit bin ich zu der Erkenntniß gekommen, daß nicht der Besitz, sondern nur der Erwerb Vergnügen macht, und habe es dem guten Grosvater oft gedankt, daß er mir neben den Mitteln auch die Gelegenheit gegeben, schöne und alte Ausgaben anzuschaffen. Jene Vermächtnisse waren in der That eben so wohl den Anstalten, als den Personen zugedacht; bei der Leibnitz-Büste dachte Nicolai an seine Kollegen in der Akademie; bei den andern Gypsbüsten und den seltnen Drucken an seinen Freund den Bibliothekar Biester; die Klassiker waren für seine Freunde Gedike und Spalding bestimmt, die Musikalien für Zelter, und die astronomische Uhr konnte seinem Freunde Bode von Nutzen sein. 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zwischen Alexander von Humboldt und Leopold von Buch eine Zierde des Sitzungsaales bildet; die k. Bibliothek erhielt eine große Menge anderer Gypsbüsten von Gelehrten, die ich als Kind oft genug in unserem Bibliotheksaale betrachtet hatte; außerdem eine Reihe von seltnen gleichzeitigen Drucken aus der Zeit des dreißigjährigen Krieges; an die Sternwarte kam eine kostbare englische astronomische Uhr, an die Singakademie ein reicher Schatz alter Musikalien; das Graue Kloster erhielt mehr als 600 Bände klassischer Autoren in den ausgesuchtesten holländischen und anderen Ausgaben.
Diese letzte Schenkung hat mich oft seufzen gemacht, als ich selbst anfing, die Klassiker für mich zu lesen und zu sammeln; ich fand dann beim Nachschlagen im Kataloge, daß die besten Ausgaben schon dagewesen waren; aber mit der Zeit bin ich zu der Erkenntniß gekommen, daß nicht der Besitz, sondern nur der Erwerb Vergnügen macht, und habe es dem guten Grosvater oft gedankt, daß er mir neben den Mitteln auch die Gelegenheit gegeben, schöne und alte Ausgaben anzuschaffen.
Jene Vermächtnisse waren in der That eben so wohl den Anstalten, als den Personen zugedacht; bei der Leibnitz-Büste dachte Nicolai an seine Kollegen in der Akademie; bei den andern Gypsbüsten und den seltnen Drucken an seinen Freund den Bibliothekar Biester; die Klassiker waren für seine Freunde Gedike und Spalding bestimmt, die Musikalien für Zelter, und die astronomische Uhr konnte seinem Freunde Bode von Nutzen sein.
Daß meine Schwester und ich, als die einzigen Nachkommen Nicolais und seiner acht Kinder, zu Universalerben ernannt seien, hörten wir beide mit der grösten
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Zitationshilfe: | Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871], S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871/168>, abgerufen am 05.07.2024. |