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Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].

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die Harke (Berlinismus für Rechen), ein drittes die Schuffel (berlinisch für Schaufel) nachtrug. Der Gartenknecht folgte mit der schweren Kumpkarre (Schiebkarre). Wir bemerkten, daß mein Vater zum Ausraufen der Brennesseln, des stinkenden Schöllkrautes, der unnützen Hirtentasche und anderer Unkräuter sich gelbe Handschuhe anzog. Auf diesen sahen wir kleine Dreiecke, Winkelhaken, Sterne und andre uns unbekannte Zeichen. Mein Vater belehrte uns, daß solche Handschuhe den Freimaurern bei einer gewissen feierlichen Gelegenheit überreicht würden, da er aber längst seinen Platz in der Loge aufgegeben habe, so halte er es für keine Profanirung, die Handschuhe, die er im gewöhnlichen Leben nicht tragen dürfe, nun auf eine nützliche Weise anzuwenden.

Als ich später von manchen meiner Freunde aufgefordert ward, in den Freimaurer-Orden zu treten, erholte ich mir Raths bei meinem Vater. Er rieth mir in wohlmeinender Weise ab, "weil nichts dabei herauskomme", und so bin ich denn in die "Mysterien der Isis" niemals eingeweiht worden.

Nicolai war in seiner Jugend ein sehr eifriger Freimaurer und erstieg die höchsten Stufen. Nach seiner gründlichen Art sah er sich auch in der Litteratur um, und sammelte eine ansehnliche Freimaurer-Bibliothek, die gewiß alles enthielt, was über diese Geheimgesellschaft dem Drucke anvertraut werden durfte. Er verband damit drei andre Abtheilungen, über Tempelherren, Rosenkreuzer und Jesuiten, zusammen an 800 Bände. Diese interessante und mit Sachkenntniß zusammengebrachte Reihe habe ich im Jahre 1854 der Mutterloge zu den drei Weltkugeln käuflich überlassen.

die Harke (Berlinismus für Rechen), ein drittes die Schuffel (berlinisch für Schaufel) nachtrug. Der Gartenknecht folgte mit der schweren Kumpkarre (Schiebkarre). Wir bemerkten, daß mein Vater zum Ausraufen der Brennesseln, des stinkenden Schöllkrautes, der unnützen Hirtentasche und anderer Unkräuter sich gelbe Handschuhe anzog. Auf diesen sahen wir kleine Dreiecke, Winkelhaken, Sterne und andre uns unbekannte Zeichen. Mein Vater belehrte uns, daß solche Handschuhe den Freimaurern bei einer gewissen feierlichen Gelegenheit überreicht würden, da er aber längst seinen Platz in der Loge aufgegeben habe, so halte er es für keine Profanirung, die Handschuhe, die er im gewöhnlichen Leben nicht tragen dürfe, nun auf eine nützliche Weise anzuwenden.

Als ich später von manchen meiner Freunde aufgefordert ward, in den Freimaurer-Orden zu treten, erholte ich mir Raths bei meinem Vater. Er rieth mir in wohlmeinender Weise ab, „weil nichts dabei herauskomme“, und so bin ich denn in die „Mysterien der Isis“ niemals eingeweiht worden.

Nicolai war in seiner Jugend ein sehr eifriger Freimaurer und erstieg die höchsten Stufen. Nach seiner gründlichen Art sah er sich auch in der Litteratur um, und sammelte eine ansehnliche Freimaurer-Bibliothek, die gewiß alles enthielt, was über diese Geheimgesellschaft dem Drucke anvertraut werden durfte. Er verband damit drei andre Abtheilungen, über Tempelherren, Rosenkreuzer und Jesuiten, zusammen an 800 Bände. Diese interessante und mit Sachkenntniß zusammengebrachte Reihe habe ich im Jahre 1854 der Mutterloge zu den drei Weltkugeln käuflich überlassen.

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[115/0127] die Harke (Berlinismus für Rechen), ein drittes die Schuffel (berlinisch für Schaufel) nachtrug. Der Gartenknecht folgte mit der schweren Kumpkarre (Schiebkarre). Wir bemerkten, daß mein Vater zum Ausraufen der Brennesseln, des stinkenden Schöllkrautes, der unnützen Hirtentasche und anderer Unkräuter sich gelbe Handschuhe anzog. Auf diesen sahen wir kleine Dreiecke, Winkelhaken, Sterne und andre uns unbekannte Zeichen. Mein Vater belehrte uns, daß solche Handschuhe den Freimaurern bei einer gewissen feierlichen Gelegenheit überreicht würden, da er aber längst seinen Platz in der Loge aufgegeben habe, so halte er es für keine Profanirung, die Handschuhe, die er im gewöhnlichen Leben nicht tragen dürfe, nun auf eine nützliche Weise anzuwenden. Als ich später von manchen meiner Freunde aufgefordert ward, in den Freimaurer-Orden zu treten, erholte ich mir Raths bei meinem Vater. Er rieth mir in wohlmeinender Weise ab, „weil nichts dabei herauskomme“, und so bin ich denn in die „Mysterien der Isis“ niemals eingeweiht worden. Nicolai war in seiner Jugend ein sehr eifriger Freimaurer und erstieg die höchsten Stufen. Nach seiner gründlichen Art sah er sich auch in der Litteratur um, und sammelte eine ansehnliche Freimaurer-Bibliothek, die gewiß alles enthielt, was über diese Geheimgesellschaft dem Drucke anvertraut werden durfte. Er verband damit drei andre Abtheilungen, über Tempelherren, Rosenkreuzer und Jesuiten, zusammen an 800 Bände. Diese interessante und mit Sachkenntniß zusammengebrachte Reihe habe ich im Jahre 1854 der Mutterloge zu den drei Weltkugeln käuflich überlassen.

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871], S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871/127>, abgerufen am 24.11.2024.