Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].sich von selbst verstand, die Titelrolle, und mit freudiger Verwunderung erkannte ich in dem Kaufmanne Specht meinen ehemaligen Hartungschen Mitschüler Gern, der auf seiner Laufbahn als Komiker rüstig fortschritt. Die Scene, wo Madame Lyk bei dem alten tauben Herrn Stark in Ohnmacht fällt, und er sie in den Wagen bringen läßt war von einer schlagenden Wirkung. Die Versöhnungscene mit seinem Sohne, und die Herzlichkeit, mit der er ihn umarmte, brachte uns allen Thränen in die Augen. Prinzessin Dorothea zeigte Lust und Anlage zur Musik. Auf Empfehlung meines Vaters wurde Lauska, damals der erste Klaviervirtuose von Berlin, zu ihrem Lehrer ausersehn. Dieses lieben Mannes gedenke ich mit dem grösten Vergnügen. Er hatte sich auch als Tonsetzer einen Namen erworben; seine eleganten und gefühlvollen Sonaten galten lange Zeit für die Paradepferde der jungen Berliner Klavierspielerinnen. In unserm Hause ging er viel aus und ein; er konnte den Kindern keine höhere Lust bereiten, als wenn er sich Abends an das Klavier setzte, um eine seiner Kompositionen in der vollendetsten Ausführung zu spielen. "Da könnt ihr lernen, Passagen machen", sagte uns nachher mein Vater, der mit neidloser Freude die Ueberlegenheit seines jüngeren Freundes in der musikalischen Handfertigkeit anerkannte. Von schlanker geschmeidiger Gestalt und edlen genialen Gesichtszügen hatte Lauska in seinem Wesen etwas gutmüthiges, und im Klange seiner Stimme etwas einschmeichelndes. Bei seiner Verheirathung ereignete sich ein kapitaler Spaß, der im Kreise seiner Bekannten die gröste Heiterkeit erregte. Er hatte, behufs des kirchlichen Aufgebotes, auf einen Zettel geschrieben: sich von selbst verstand, die Titelrolle, und mit freudiger Verwunderung erkannte ich in dem Kaufmanne Specht meinen ehemaligen Hartungschen Mitschüler Gern, der auf seiner Laufbahn als Komiker rüstig fortschritt. Die Scene, wo Madame Lyk bei dem alten tauben Herrn Stark in Ohnmacht fällt, und er sie in den Wagen bringen läßt war von einer schlagenden Wirkung. Die Versöhnungscene mit seinem Sohne, und die Herzlichkeit, mit der er ihn umarmte, brachte uns allen Thränen in die Augen. Prinzessin Dorothea zeigte Lust und Anlage zur Musik. Auf Empfehlung meines Vaters wurde Lauska, damals der erste Klaviervirtuose von Berlin, zu ihrem Lehrer ausersehn. Dieses lieben Mannes gedenke ich mit dem grösten Vergnügen. Er hatte sich auch als Tonsetzer einen Namen erworben; seine eleganten und gefühlvollen Sonaten galten lange Zeit für die Paradepferde der jungen Berliner Klavierspielerinnen. In unserm Hause ging er viel aus und ein; er konnte den Kindern keine höhere Lust bereiten, als wenn er sich Abends an das Klavier setzte, um eine seiner Kompositionen in der vollendetsten Ausführung zu spielen. „Da könnt ihr lernen, Passagen machen“, sagte uns nachher mein Vater, der mit neidloser Freude die Ueberlegenheit seines jüngeren Freundes in der musikalischen Handfertigkeit anerkannte. Von schlanker geschmeidiger Gestalt und edlen genialen Gesichtszügen hatte Lauska in seinem Wesen etwas gutmüthiges, und im Klange seiner Stimme etwas einschmeichelndes. Bei seiner Verheirathung ereignete sich ein kapitaler Spaß, der im Kreise seiner Bekannten die gröste Heiterkeit erregte. Er hatte, behufs des kirchlichen Aufgebotes, auf einen Zettel geschrieben: <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p><pb facs="#f0115" n="103"/> sich von selbst verstand, die Titelrolle, und mit freudiger Verwunderung erkannte ich in dem Kaufmanne Specht meinen ehemaligen Hartungschen Mitschüler Gern, der auf seiner Laufbahn als Komiker rüstig fortschritt. Die Scene, wo Madame Lyk bei dem alten tauben Herrn Stark in Ohnmacht fällt, und er sie in den Wagen bringen läßt war von einer schlagenden Wirkung. Die Versöhnungscene mit seinem Sohne, und die Herzlichkeit, mit der er ihn umarmte, brachte uns allen Thränen in die Augen. </p><lb/> <p>Prinzessin Dorothea zeigte Lust und Anlage zur Musik. Auf Empfehlung meines Vaters wurde Lauska, damals der erste Klaviervirtuose von Berlin, zu ihrem Lehrer ausersehn. Dieses lieben Mannes gedenke ich mit dem grösten Vergnügen. Er hatte sich auch als Tonsetzer einen Namen erworben; seine eleganten und gefühlvollen Sonaten galten lange Zeit für die Paradepferde der jungen Berliner Klavierspielerinnen. In unserm Hause ging er viel aus und ein; er konnte den Kindern keine höhere Lust bereiten, als wenn er sich Abends an das Klavier setzte, um eine seiner Kompositionen in der vollendetsten Ausführung zu spielen. „Da könnt ihr lernen, Passagen machen“, sagte uns nachher mein Vater, der mit neidloser Freude die Ueberlegenheit seines jüngeren Freundes in der musikalischen Handfertigkeit anerkannte. Von schlanker geschmeidiger Gestalt und edlen genialen Gesichtszügen hatte Lauska in seinem Wesen etwas gutmüthiges, und im Klange seiner Stimme etwas einschmeichelndes. Bei seiner Verheirathung ereignete sich ein kapitaler Spaß, der im Kreise seiner Bekannten die gröste Heiterkeit erregte. Er hatte, behufs des kirchlichen Aufgebotes, auf einen Zettel geschrieben: </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [103/0115]
sich von selbst verstand, die Titelrolle, und mit freudiger Verwunderung erkannte ich in dem Kaufmanne Specht meinen ehemaligen Hartungschen Mitschüler Gern, der auf seiner Laufbahn als Komiker rüstig fortschritt. Die Scene, wo Madame Lyk bei dem alten tauben Herrn Stark in Ohnmacht fällt, und er sie in den Wagen bringen läßt war von einer schlagenden Wirkung. Die Versöhnungscene mit seinem Sohne, und die Herzlichkeit, mit der er ihn umarmte, brachte uns allen Thränen in die Augen.
Prinzessin Dorothea zeigte Lust und Anlage zur Musik. Auf Empfehlung meines Vaters wurde Lauska, damals der erste Klaviervirtuose von Berlin, zu ihrem Lehrer ausersehn. Dieses lieben Mannes gedenke ich mit dem grösten Vergnügen. Er hatte sich auch als Tonsetzer einen Namen erworben; seine eleganten und gefühlvollen Sonaten galten lange Zeit für die Paradepferde der jungen Berliner Klavierspielerinnen. In unserm Hause ging er viel aus und ein; er konnte den Kindern keine höhere Lust bereiten, als wenn er sich Abends an das Klavier setzte, um eine seiner Kompositionen in der vollendetsten Ausführung zu spielen. „Da könnt ihr lernen, Passagen machen“, sagte uns nachher mein Vater, der mit neidloser Freude die Ueberlegenheit seines jüngeren Freundes in der musikalischen Handfertigkeit anerkannte. Von schlanker geschmeidiger Gestalt und edlen genialen Gesichtszügen hatte Lauska in seinem Wesen etwas gutmüthiges, und im Klange seiner Stimme etwas einschmeichelndes. Bei seiner Verheirathung ereignete sich ein kapitaler Spaß, der im Kreise seiner Bekannten die gröste Heiterkeit erregte. Er hatte, behufs des kirchlichen Aufgebotes, auf einen Zettel geschrieben:
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wolfgang Virmond: Bereitstellung der Texttranskription.
(2014-01-07T13:04:32Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2014-01-07T13:04:32Z)
Staatsbibliothek zu Berlin – Stiftung Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Av 4887-1)
(2014-01-07T13:04:32Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |