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Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].

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lich ganz unwillig darüber, daß ich dies nicht früher gewußt: denn schon damals hatte ich vor der Gelehrsamkeit einen gewaltigen Respekt.

Das Leichenbegängniß hinterließ einen äußerst peinlichen, sogar schrecklichen Eindruck. Es hatte sich dabei, wie dies noch jetzt zu geschehn pflegt, alles Lumpengesindel der nächsten Gegend vor dem Hause versammelt. Weil ein so berühmter Mann begraben wurde, so war der Zudrang stärker als gewöhnlich. Das Elend der niedern Volksklassen Berlins muß damals, wegen des Krieges größer gewesen sein als jetzt. Mich überlief ein Schauder, als wir aus dem Hausflur durch die Reihen der gaffenden Proletarier dem Trauerwagen zugeführt wurden; mir war nicht anders, als müßten diese hohläugigen blassen Gestalten über uns herfallen, um uns zu berauben oder zu tödten. In der Luisenkirche, wo der Trauergottesdienst Statt fand, war es noch ärger. Alle Räume bis zu den Emporen hinauf waren dicht gedrängt voll von unheimlichem Pöbel, der mit Gepolter über die Bänke kletterte, und andere Ungehörigkeiten verübte. Von Andacht konnte unter diesen Umständen gar nicht die Rede sein; nichts als Furcht erfüllte meine Seele, daß diese rohen Volkshaufen irgend eine Gewaltthätigkeit verüben möchten. Wie dankte ich Gott, als wir beim Nachhausekommen das Spalier der stechenden Blicke zum zweiten Male glücklich durchschritten hatten, und aus der Kinderstube in den friedlichen Hausgarten hinabschauten.

Alle Umstände des Todesfalles wurden von den Hausgenossen ausführlich besprochen; jeder wußte sich mit dem, was der alte Herr noch in den letzten Tagen zu ihm gesagt, oder man erzählte, wo man ihn zum letzten Male

lich ganz unwillig darüber, daß ich dies nicht früher gewußt: denn schon damals hatte ich vor der Gelehrsamkeit einen gewaltigen Respekt.

Das Leichenbegängniß hinterließ einen äußerst peinlichen, sogar schrecklichen Eindruck. Es hatte sich dabei, wie dies noch jetzt zu geschehn pflegt, alles Lumpengesindel der nächsten Gegend vor dem Hause versammelt. Weil ein so berühmter Mann begraben wurde, so war der Zudrang stärker als gewöhnlich. Das Elend der niedern Volksklassen Berlins muß damals, wegen des Krieges größer gewesen sein als jetzt. Mich überlief ein Schauder, als wir aus dem Hausflur durch die Reihen der gaffenden Proletarier dem Trauerwagen zugeführt wurden; mir war nicht anders, als müßten diese hohläugigen blassen Gestalten über uns herfallen, um uns zu berauben oder zu tödten. In der Luisenkirche, wo der Trauergottesdienst Statt fand, war es noch ärger. Alle Räume bis zu den Emporen hinauf waren dicht gedrängt voll von unheimlichem Pöbel, der mit Gepolter über die Bänke kletterte, und andere Ungehörigkeiten verübte. Von Andacht konnte unter diesen Umständen gar nicht die Rede sein; nichts als Furcht erfüllte meine Seele, daß diese rohen Volkshaufen irgend eine Gewaltthätigkeit verüben möchten. Wie dankte ich Gott, als wir beim Nachhausekommen das Spalier der stechenden Blicke zum zweiten Male glücklich durchschritten hatten, und aus der Kinderstube in den friedlichen Hausgarten hinabschauten.

Alle Umstände des Todesfalles wurden von den Hausgenossen ausführlich besprochen; jeder wußte sich mit dem, was der alte Herr noch in den letzten Tagen zu ihm gesagt, oder man erzählte, wo man ihn zum letzten Male

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[151/0163] lich ganz unwillig darüber, daß ich dies nicht früher gewußt: denn schon damals hatte ich vor der Gelehrsamkeit einen gewaltigen Respekt. Das Leichenbegängniß hinterließ einen äußerst peinlichen, sogar schrecklichen Eindruck. Es hatte sich dabei, wie dies noch jetzt zu geschehn pflegt, alles Lumpengesindel der nächsten Gegend vor dem Hause versammelt. Weil ein so berühmter Mann begraben wurde, so war der Zudrang stärker als gewöhnlich. Das Elend der niedern Volksklassen Berlins muß damals, wegen des Krieges größer gewesen sein als jetzt. Mich überlief ein Schauder, als wir aus dem Hausflur durch die Reihen der gaffenden Proletarier dem Trauerwagen zugeführt wurden; mir war nicht anders, als müßten diese hohläugigen blassen Gestalten über uns herfallen, um uns zu berauben oder zu tödten. In der Luisenkirche, wo der Trauergottesdienst Statt fand, war es noch ärger. Alle Räume bis zu den Emporen hinauf waren dicht gedrängt voll von unheimlichem Pöbel, der mit Gepolter über die Bänke kletterte, und andere Ungehörigkeiten verübte. Von Andacht konnte unter diesen Umständen gar nicht die Rede sein; nichts als Furcht erfüllte meine Seele, daß diese rohen Volkshaufen irgend eine Gewaltthätigkeit verüben möchten. Wie dankte ich Gott, als wir beim Nachhausekommen das Spalier der stechenden Blicke zum zweiten Male glücklich durchschritten hatten, und aus der Kinderstube in den friedlichen Hausgarten hinabschauten. Alle Umstände des Todesfalles wurden von den Hausgenossen ausführlich besprochen; jeder wußte sich mit dem, was der alte Herr noch in den letzten Tagen zu ihm gesagt, oder man erzählte, wo man ihn zum letzten Male

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871], S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871/163>, abgerufen am 28.11.2024.