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Parthey, Gustav: Ein verfehlter und ein gelungener Besuch bei Goethe. 1819 und 1827. Handschrift für Freunde. [Berlin], [1862].

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Gespräch war stets ein allgemein belebtes, so
dass von meinen Reisen nicht noch besonders
die Rede sein konnte. Dies war mir auch recht
lieb: denn so glücklich es mich machte, Goethen
allein oder auch einem kleinen Kreise die Bil-
der des fernen Ostens vorzuführen, so sehr
widerstand es meinem Gefühle, an einer grossen
Tafel die wohlfeile Rolle des amüsanten Er-
zählers zu spielen.

Gar zu artig war es, dass, als Eckermann
wegen seines häufigen Theaterbesuches und
wegen seiner Neigung zu einer jungen Schau-
spielerin aufgezogen wurde, Goethe selbst an
diesen Neckereien in der gutmüthigsten Weise
Theil nahm.

Nach Tische wurde noch etwas im Salon
herumgestanden; ich kam mit dem Regierungs-
rath Töpfer in ein interessantes Gespräch über
Goethes segensreiche Wirksamkeit bei der Ver-
waltung des Landes, die noch jetzt fortdaure,
nachdem er sich längst von allen Geschäften zu-
rückgezogen; wie er bei allen von oben zu er-
greifenden Maassregeln immer nur die Besserung
und Schonung der unteren Klassen im Auge

Gespräch war stets ein allgemein belebtes, so
dass von meinen Reisen nicht noch besonders
die Rede sein konnte. Dies war mir auch recht
lieb: denn so glücklich es mich machte, Goethen
allein oder auch einem kleinen Kreise die Bil-
der des fernen Ostens vorzuführen, so sehr
widerstand es meinem Gefühle, an einer grossen
Tafel die wohlfeile Rolle des amüsanten Er-
zählers zu spielen.

Gar zu artig war es, dass, als Eckermann
wegen seines häufigen Theaterbesuches und
wegen seiner Neigung zu einer jungen Schau-
spielerin aufgezogen wurde, Goethe selbst an
diesen Neckereien in der gutmüthigsten Weise
Theil nahm.

Nach Tische wurde noch etwas im Salon
herumgestanden; ich kam mit dem Regierungs-
rath Töpfer in ein interessantes Gespräch über
Goethes segensreiche Wirksamkeit bei der Ver-
waltung des Landes, die noch jetzt fortdaure,
nachdem er sich längst von allen Geschäften zu-
rückgezogen; wie er bei allen von oben zu er-
greifenden Maassregeln immer nur die Besserung
und Schonung der unteren Klassen im Auge

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[74/0079] Gespräch war stets ein allgemein belebtes, so dass von meinen Reisen nicht noch besonders die Rede sein konnte. Dies war mir auch recht lieb: denn so glücklich es mich machte, Goethen allein oder auch einem kleinen Kreise die Bil- der des fernen Ostens vorzuführen, so sehr widerstand es meinem Gefühle, an einer grossen Tafel die wohlfeile Rolle des amüsanten Er- zählers zu spielen. Gar zu artig war es, dass, als Eckermann wegen seines häufigen Theaterbesuches und wegen seiner Neigung zu einer jungen Schau- spielerin aufgezogen wurde, Goethe selbst an diesen Neckereien in der gutmüthigsten Weise Theil nahm. Nach Tische wurde noch etwas im Salon herumgestanden; ich kam mit dem Regierungs- rath Töpfer in ein interessantes Gespräch über Goethes segensreiche Wirksamkeit bei der Ver- waltung des Landes, die noch jetzt fortdaure, nachdem er sich längst von allen Geschäften zu- rückgezogen; wie er bei allen von oben zu er- greifenden Maassregeln immer nur die Besserung und Schonung der unteren Klassen im Auge

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Ein verfehlter und ein gelungener Besuch bei Goethe. 1819 und 1827. Handschrift für Freunde. [Berlin], [1862], S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_goethe_1819/79>, abgerufen am 02.05.2024.