Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Parthey, Gustav: Ein verfehlter und ein gelungener Besuch bei Goethe. 1819 und 1827. Handschrift für Freunde. [Berlin], [1862].

Bild:
<< vorherige Seite

Ahitophel, und es ward im Rathe der Götter
beschlossen, dass er zur Strafe durch Feuer
und Wasser gehn solle. Man zwang ihn, halb
im Ernst und halb im Scherz, durch eine hohe,
im Walde angemachte Reisigflamme nackt
durchzuspringen, und begoss ihn dann mit ei-
nigen Eimern Wasser.

Ein ander Mal war einer der Genossen
auf einem Jagdzuge im wilden Gebirge durch
solche genialen Neckereien in eine so arge Wuth
versetzt worden, dass er, als der Herzog mit
den Uebrigen sich eben zum Essen setzen
wollte, das Tischtuch ergriff und mit Tellern,
Gläsern, Schüsseln, Weinflaschen u. s. w. zu
Boden riss. Diese Rache war um so empfind-
licher, als die ganze Gesellschaft sehr ausge-
hungert angekommen war, und es nun eines
mehrstündigen Rittes bedurfte, um irgend etwas
ess- und trinkbares zu erlangen.

Den Abend verlebte ich in der stets freund-
lich gesinnten Frommannschen Familie, und
nahm am andern Morgen, den 28. August, gern
einen Platz in Frommanns Wagen an, da
Frommann nach alter Gewohnheit nicht ver-

Ahitophel, und es ward im Rathe der Götter
beschlossen, dass er zur Strafe durch Feuer
und Wasser gehn solle. Man zwang ihn, halb
im Ernst und halb im Scherz, durch eine hohe,
im Walde angemachte Reisigflamme nackt
durchzuspringen, und begoss ihn dann mit ei-
nigen Eimern Wasser.

Ein ander Mal war einer der Genossen
auf einem Jagdzuge im wilden Gebirge durch
solche genialen Neckereien in eine so arge Wuth
versetzt worden, dass er, als der Herzog mit
den Uebrigen sich eben zum Essen setzen
wollte, das Tischtuch ergriff und mit Tellern,
Gläsern, Schüsseln, Weinflaschen u. s. w. zu
Boden riss. Diese Rache war um so empfind-
licher, als die ganze Gesellschaft sehr ausge-
hungert angekommen war, und es nun eines
mehrstündigen Rittes bedurfte, um irgend etwas
ess- und trinkbares zu erlangen.

Den Abend verlebte ich in der stets freund-
lich gesinnten Frommannschen Familie, und
nahm am andern Morgen, den 28. August, gern
einen Platz in Frommanns Wagen an, da
Frommann nach alter Gewohnheit nicht ver-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0063" n="58"/>
        <p xml:id="ID_212" prev="#ID_211">     Ahitophel, und es ward im Rathe der Götter<lb/>
beschlossen, dass er zur Strafe durch Feuer<lb/>
und Wasser gehn solle. Man zwang ihn, halb<lb/>
im Ernst und halb im Scherz, durch eine hohe,<lb/>
im Walde angemachte Reisigflamme nackt<lb/>
durchzuspringen, und begoss ihn dann mit ei-<lb/>
nigen Eimern Wasser.     </p><lb/>
        <p xml:id="ID_213">     Ein ander Mal war einer der Genossen<lb/>
auf einem Jagdzuge im wilden Gebirge durch<lb/>
solche genialen Neckereien in eine so arge Wuth<lb/>
versetzt worden, dass er, als der Herzog mit<lb/>
den Uebrigen sich eben zum Essen setzen<lb/>
wollte, das Tischtuch ergriff und mit Tellern,<lb/>
Gläsern, Schüsseln, Weinflaschen u. s. w. zu<lb/>
Boden riss. Diese Rache war um so empfind-<lb/>
licher, als die ganze Gesellschaft sehr ausge-<lb/>
hungert angekommen war, und es nun eines<lb/>
mehrstündigen Rittes bedurfte, um irgend etwas<lb/>
ess- und trinkbares zu erlangen.     </p><lb/>
        <p xml:id="ID_214" next="#ID_215">     Den Abend verlebte ich in der stets freund-<lb/>
lich gesinnten Frommannschen Familie, und<lb/>
nahm am andern Morgen, den 28. August, gern<lb/>
einen Platz in Frommanns Wagen an, da<lb/>
Frommann nach alter Gewohnheit nicht ver-     </p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[58/0063] Ahitophel, und es ward im Rathe der Götter beschlossen, dass er zur Strafe durch Feuer und Wasser gehn solle. Man zwang ihn, halb im Ernst und halb im Scherz, durch eine hohe, im Walde angemachte Reisigflamme nackt durchzuspringen, und begoss ihn dann mit ei- nigen Eimern Wasser. Ein ander Mal war einer der Genossen auf einem Jagdzuge im wilden Gebirge durch solche genialen Neckereien in eine so arge Wuth versetzt worden, dass er, als der Herzog mit den Uebrigen sich eben zum Essen setzen wollte, das Tischtuch ergriff und mit Tellern, Gläsern, Schüsseln, Weinflaschen u. s. w. zu Boden riss. Diese Rache war um so empfind- licher, als die ganze Gesellschaft sehr ausge- hungert angekommen war, und es nun eines mehrstündigen Rittes bedurfte, um irgend etwas ess- und trinkbares zu erlangen. Den Abend verlebte ich in der stets freund- lich gesinnten Frommannschen Familie, und nahm am andern Morgen, den 28. August, gern einen Platz in Frommanns Wagen an, da Frommann nach alter Gewohnheit nicht ver-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-08-05T13:43:06Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_goethe_1819
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_goethe_1819/63
Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Ein verfehlter und ein gelungener Besuch bei Goethe. 1819 und 1827. Handschrift für Freunde. [Berlin], [1862], S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_goethe_1819/63>, abgerufen am 24.11.2024.