gar nicht, und zieh nach einigen Huldigungs- bezeugungen wieder ab.
Aber da könnte es ja vorkommen, er- wiederte ich, dass Goethe von dem Briefe schon Kunde erhalten hätte; nimm an, meine Schwester hätte gleich nach unserer Abreise an ihre Freundin, die schöne Laura Hufeland in Wei- mar, der wir ja auch unsere Aufwartung machen müssen, gemeldet, dass ich mit einem Empfehlungsschreiben unterwegs sei. Laura erzählt dies der jungen Frau v. Goethe, diese theilt es ihrem Schwiegervater mit, und der empfängt mich gleich mit den Worten: Sie sind der Ueberbringer eines Briefes aus Berlin? Wie würdest Du Dir da heraushelfen?
Paul entgegnete ohne Zögern:
"Ein solcher Auftrag schreckt mich nicht."
Excellenz, würde ich sagen, ein Ueberbrin- ger ist derjenige, welcher die reine Absicht hat etwas zu überbringen, sonst wäre er ein Ueber- bracht-habender; indem ich mir jener reinen Absicht bewusst bin, wage ich es mich im subjektiven Sinne einen Ueberbringer zu nen- nen, aber das Objekt, der Brief, befindet sich
gar nicht, und zieh nach einigen Huldigungs- bezeugungen wieder ab.
Aber da könnte es ja vorkommen, er- wiederte ich, dass Goethe von dem Briefe schon Kunde erhalten hätte; nimm an, meine Schwester hätte gleich nach unserer Abreise an ihre Freundin, die schöne Laura Hufeland in Wei- mar, der wir ja auch unsere Aufwartung machen müssen, gemeldet, dass ich mit einem Empfehlungsschreiben unterwegs sei. Laura erzählt dies der jungen Frau v. Goethe, diese theilt es ihrem Schwiegervater mit, und der empfängt mich gleich mit den Worten: Sie sind der Ueberbringer eines Briefes aus Berlin? Wie würdest Du Dir da heraushelfen?
Paul entgegnete ohne Zögern:
„Ein solcher Auftrag schreckt mich nicht.“
Excellenz, würde ich sagen, ein Ueberbrin- ger ist derjenige, welcher die reine Absicht hat etwas zu überbringen, sonst wäre er ein Ueber- bracht-habender; indem ich mir jener reinen Absicht bewusst bin, wage ich es mich im subjektiven Sinne einen Ueberbringer zu nen- nen, aber das Objekt, der Brief, befindet sich
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0017"n="12"/><pxml:id="ID_49"prev="#ID_48"> gar nicht, und zieh nach einigen Huldigungs-<lb/>
bezeugungen wieder ab. </p><lb/><pxml:id="ID_50"> Aber da könnte es ja vorkommen, er-<lb/>
wiederte ich, dass Goethe von dem Briefe schon<lb/>
Kunde erhalten hätte; nimm an, meine Schwester<lb/>
hätte gleich nach unserer Abreise an ihre<lb/>
Freundin, die schöne Laura Hufeland in Wei-<lb/>
mar, der wir ja auch unsere Aufwartung<lb/>
machen müssen, gemeldet, dass ich mit einem<lb/>
Empfehlungsschreiben unterwegs sei. Laura<lb/>
erzählt dies der jungen Frau v. Goethe, diese<lb/>
theilt es ihrem Schwiegervater mit, und der<lb/>
empfängt mich gleich mit den Worten: Sie<lb/>
sind der Ueberbringer eines Briefes aus Berlin?<lb/>
Wie würdest Du Dir da heraushelfen? </p><lb/><pxml:id="ID_51"> Paul entgegnete ohne Zögern: </p><lb/><quote><hirendition="#et">„Ein solcher Auftrag schreckt mich nicht.“</hi></quote><lb/><pxml:id="ID_52"next="#ID_53"> Excellenz, würde ich sagen, ein Ueberbrin-<lb/>
ger ist derjenige, welcher die reine Absicht hat<lb/>
etwas zu überbringen, sonst wäre er ein Ueber-<lb/>
bracht-habender; indem ich mir jener reinen<lb/>
Absicht bewusst bin, wage ich es mich im<lb/>
subjektiven Sinne einen Ueberbringer zu nen-<lb/>
nen, aber das Objekt, der Brief, befindet sich </p><lb/></div></body></text></TEI>
[12/0017]
gar nicht, und zieh nach einigen Huldigungs-
bezeugungen wieder ab.
Aber da könnte es ja vorkommen, er-
wiederte ich, dass Goethe von dem Briefe schon
Kunde erhalten hätte; nimm an, meine Schwester
hätte gleich nach unserer Abreise an ihre
Freundin, die schöne Laura Hufeland in Wei-
mar, der wir ja auch unsere Aufwartung
machen müssen, gemeldet, dass ich mit einem
Empfehlungsschreiben unterwegs sei. Laura
erzählt dies der jungen Frau v. Goethe, diese
theilt es ihrem Schwiegervater mit, und der
empfängt mich gleich mit den Worten: Sie
sind der Ueberbringer eines Briefes aus Berlin?
Wie würdest Du Dir da heraushelfen?
Paul entgegnete ohne Zögern:
„Ein solcher Auftrag schreckt mich nicht.“
Excellenz, würde ich sagen, ein Ueberbrin-
ger ist derjenige, welcher die reine Absicht hat
etwas zu überbringen, sonst wäre er ein Ueber-
bracht-habender; indem ich mir jener reinen
Absicht bewusst bin, wage ich es mich im
subjektiven Sinne einen Ueberbringer zu nen-
nen, aber das Objekt, der Brief, befindet sich
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-08-05T13:43:06Z)
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: gekennzeichnet;
Druckfehler: keine Angabe;
fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;
Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage;
i/j in Fraktur: keine Angabe;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
Kolumnentitel: gekennzeichnet;
Kustoden: keine Angabe;
langes s (ſ): keine Angabe;
Normalisierungen: keine;
rundes r (ꝛ): keine Angabe;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: wie Vorlage;
u/v bzw. U/V: keine Angabe;
Vokale mit übergest. e: keine Angabe;
Vollständigkeit: vollständig erfasst;
Zeichensetzung: wie Vorlage;
Zeilenumbrüche markiert: ja;
Parthey, Gustav: Ein verfehlter und ein gelungener Besuch bei Goethe. 1819 und 1827. Handschrift für Freunde. [Berlin], [1862], S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_goethe_1819/17>, abgerufen am 27.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.