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Pappenheim, Bertha u. a.: Zur Lage der jüdischen Bevölkerung in Galizien. Reise-Eindrücke und Vorschläge zur Besserung der Verhältnisse. Frankfurt (Main), 1904.

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die ein derartiges Unternehmen durch Mitgliedsbeiträge unterstützen.

Die Hauptkosten und die Leitung einer solchen Anstalt müßten jedoch auf eine nichtgalizische Gesellschaft fallen, daher können als Leiterinnen nur galizische jüdische Damen angestellt werden. Zur Leitung eines Kindergartens gehört nämlich sowohl die Kenntnis der polnischen Sprache als auch volles Verständnis für das Leben der jüdischen Masse Galiziens.

Das Lemberger Seminar bildet Kindergärtnerinnen im Laufe eines halben Jahres aus. Es wäre gut, wenn man geeigneten Mädchen den Besuch dieses Seminars durch Stipendien ermöglichen würde, damit sie dann in den Dienst einer jüdischen Anstalt in Galizien eintreten können. Ferner müßte eine Anzahl von Stipendien dazu gestiftet werden, um jüdische Kindergärtnerinnen eine Zeitlang in Deutschland an den dortigen Musteranstalten weiter auszubilden. Der Besuch der Kindergärten kann bei den Kindern schon vom dritten Jahre an beginnen. Dagegen wären Kinderkrippen einstweilen für Galizien noch nicht zu empfehlen.

Während der Volkskindergarten nur für noch nicht schulpflichtige Kinder bestimmt ist, kommen für schulpflichtige Kinder Kinderhorte in Betracht. Dort wird die Beschäftigung der Kinder auch außerhalb der Schule beaufsichtigt, ohne jedoch die Kinder an die Strenge der Schuldisziplin zu binden. Die Horte nähern sich in ihrem Arbeitsplane noch mehr einer Familie als einer Schule. Zum Teil hat schon in den Schulen, deren Unterricht nicht während der gewöhnlichen Schulstunden stattfindet, der Slöjd- und Gartenbauunterricht den Charakter eines Hortes.

Der Verkehr des Lehrers mit den Schülern bei einer angenehmen, anregenden Arbeit hat die erzieherische Wirkung einer gesunden, arbeitsamen und intelligenten Familie. Dasselbe läßt sich von den nachmittäglichen Kochstunden für schulpflichtige Mädchen sagen, eine in Galizien noch unbekannte Einrichtung. Solche nachmittägliche Beschäftigungen ersetzen jedoch einen Hort nur zum Teil. Sie verlangen von dem Kinde eine bestimmte Arbeit und geben ihm keine Möglichkeit, sich selbst frei zu beschäftigen. Diese freiwillig geregelte Arbeit des Kindes, die keines Befehles wartet, wird im Horte ermöglicht. Dort versammeln sich die Kinder während der Nachmittagstunden, machen unter der Aufsicht einer

die ein derartiges Unternehmen durch Mitgliedsbeiträge unterstützen.

Die Hauptkosten und die Leitung einer solchen Anstalt müßten jedoch auf eine nichtgalizische Gesellschaft fallen, daher können als Leiterinnen nur galizische jüdische Damen angestellt werden. Zur Leitung eines Kindergartens gehört nämlich sowohl die Kenntnis der polnischen Sprache als auch volles Verständnis für das Leben der jüdischen Masse Galiziens.

Das Lemberger Seminar bildet Kindergärtnerinnen im Laufe eines halben Jahres aus. Es wäre gut, wenn man geeigneten Mädchen den Besuch dieses Seminars durch Stipendien ermöglichen würde, damit sie dann in den Dienst einer jüdischen Anstalt in Galizien eintreten können. Ferner müßte eine Anzahl von Stipendien dazu gestiftet werden, um jüdische Kindergärtnerinnen eine Zeitlang in Deutschland an den dortigen Musteranstalten weiter auszubilden. Der Besuch der Kindergärten kann bei den Kindern schon vom dritten Jahre an beginnen. Dagegen wären Kinderkrippen einstweilen für Galizien noch nicht zu empfehlen.

Während der Volkskindergarten nur für noch nicht schulpflichtige Kinder bestimmt ist, kommen für schulpflichtige Kinder Kinderhorte in Betracht. Dort wird die Beschäftigung der Kinder auch außerhalb der Schule beaufsichtigt, ohne jedoch die Kinder an die Strenge der Schuldisziplin zu binden. Die Horte nähern sich in ihrem Arbeitsplane noch mehr einer Familie als einer Schule. Zum Teil hat schon in den Schulen, deren Unterricht nicht während der gewöhnlichen Schulstunden stattfindet, der Slöjd- und Gartenbauunterricht den Charakter eines Hortes.

Der Verkehr des Lehrers mit den Schülern bei einer angenehmen, anregenden Arbeit hat die erzieherische Wirkung einer gesunden, arbeitsamen und intelligenten Familie. Dasselbe läßt sich von den nachmittäglichen Kochstunden für schulpflichtige Mädchen sagen, eine in Galizien noch unbekannte Einrichtung. Solche nachmittägliche Beschäftigungen ersetzen jedoch einen Hort nur zum Teil. Sie verlangen von dem Kinde eine bestimmte Arbeit und geben ihm keine Möglichkeit, sich selbst frei zu beschäftigen. Diese freiwillig geregelte Arbeit des Kindes, die keines Befehles wartet, wird im Horte ermöglicht. Dort versammeln sich die Kinder während der Nachmittagstunden, machen unter der Aufsicht einer

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[90/0090] die ein derartiges Unternehmen durch Mitgliedsbeiträge unterstützen. Die Hauptkosten und die Leitung einer solchen Anstalt müßten jedoch auf eine nichtgalizische Gesellschaft fallen, daher können als Leiterinnen nur galizische jüdische Damen angestellt werden. Zur Leitung eines Kindergartens gehört nämlich sowohl die Kenntnis der polnischen Sprache als auch volles Verständnis für das Leben der jüdischen Masse Galiziens. Das Lemberger Seminar bildet Kindergärtnerinnen im Laufe eines halben Jahres aus. Es wäre gut, wenn man geeigneten Mädchen den Besuch dieses Seminars durch Stipendien ermöglichen würde, damit sie dann in den Dienst einer jüdischen Anstalt in Galizien eintreten können. Ferner müßte eine Anzahl von Stipendien dazu gestiftet werden, um jüdische Kindergärtnerinnen eine Zeitlang in Deutschland an den dortigen Musteranstalten weiter auszubilden. Der Besuch der Kindergärten kann bei den Kindern schon vom dritten Jahre an beginnen. Dagegen wären Kinderkrippen einstweilen für Galizien noch nicht zu empfehlen. Während der Volkskindergarten nur für noch nicht schulpflichtige Kinder bestimmt ist, kommen für schulpflichtige Kinder Kinderhorte in Betracht. Dort wird die Beschäftigung der Kinder auch außerhalb der Schule beaufsichtigt, ohne jedoch die Kinder an die Strenge der Schuldisziplin zu binden. Die Horte nähern sich in ihrem Arbeitsplane noch mehr einer Familie als einer Schule. Zum Teil hat schon in den Schulen, deren Unterricht nicht während der gewöhnlichen Schulstunden stattfindet, der Slöjd- und Gartenbauunterricht den Charakter eines Hortes. Der Verkehr des Lehrers mit den Schülern bei einer angenehmen, anregenden Arbeit hat die erzieherische Wirkung einer gesunden, arbeitsamen und intelligenten Familie. Dasselbe läßt sich von den nachmittäglichen Kochstunden für schulpflichtige Mädchen sagen, eine in Galizien noch unbekannte Einrichtung. Solche nachmittägliche Beschäftigungen ersetzen jedoch einen Hort nur zum Teil. Sie verlangen von dem Kinde eine bestimmte Arbeit und geben ihm keine Möglichkeit, sich selbst frei zu beschäftigen. Diese freiwillig geregelte Arbeit des Kindes, die keines Befehles wartet, wird im Horte ermöglicht. Dort versammeln sich die Kinder während der Nachmittagstunden, machen unter der Aufsicht einer

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Zitationshilfe: Pappenheim, Bertha u. a.: Zur Lage der jüdischen Bevölkerung in Galizien. Reise-Eindrücke und Vorschläge zur Besserung der Verhältnisse. Frankfurt (Main), 1904, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pappenheim_galizien_1904/90>, abgerufen am 22.11.2024.