Panizza, Oskar: Der Illusionismus und Die Rettung der Persönlichkeit. Leipzig, 1895.III. Der Individualismus. §. 24. Bewege ich mich nun in dieser Welt, so kann es nur auf Grund eines Kompromisses mit meinem Denken geschehen. Ich - der erkant habe, dass diese Weit nur ein Halluzinazion ist - sage mir: Da Du es nicht bist, der dich zu dieser Fantasmagorie zwingt, die lezte Ursache hinter Dir liegt, Du nur Mittel zum Zwek bist, so magst Du den Spuk mitmachen, schon weil Dir gar nichts andres übrig bleibt - aber mit der Reserve: dass es ein Spuk ist. §. 25. Was ist nun der Zwek Deines Lebens?: Den Spuk dieser Welt aufzulösen. Ihn denkend zu verzehren. Zu wissen, dass Du halluzinirst. Und damit zu Dir zurükzukehren. Du brauchst nicht in den Wald zu flüchten. Du darfst die Welt anpaken. Schon weil Du gar nicht anders kanst. Schon weil Dein Dämon Dich zwingt zu fantasmagoriren. Du darfst es machen wie jener Geistliche, der zur Zeit des christlichen Rauchverbots von seinem Vorgesezten rauchend betroffen wurde, auf die Frage, wie er dieses "Teufelskraut" zu sich nehmen könne, antwortete: er trage das Seine dazu bei, es - zu vertilgen. Du darfst diese Welt verzehren. Es ist nicht nur unvermeidlich, sondern - rebus sic stantibus - notwendig, dass, nachdem Du diese Welt mit Deinen Sinnen erzeugt hast, Du sie wieder durch Denken zerstörst; so Deinem Quäler hinter Dir Luft machst und Dich vorne beschäftigst. III. Der Individualismus. §. 24. Bewege ich mich nun in dieser Welt, so kann es nur auf Grund eines Kompromisses mit meinem Denken geschehen. Ich – der erkant habe, dass diese Weit nur ein Halluzinazion ist – sage mir: Da Du es nicht bist, der dich zu dieser Fantasmagorie zwingt, die lezte Ursache hinter Dir liegt, Du nur Mittel zum Zwek bist, so magst Du den Spuk mitmachen, schon weil Dir gar nichts andres übrig bleibt – aber mit der Reserve: dass es ein Spuk ist. §. 25. Was ist nun der Zwek Deines Lebens?: Den Spuk dieser Welt aufzulösen. Ihn denkend zu verzehren. Zu wissen, dass Du halluzinirst. Und damit zu Dir zurükzukehren. Du brauchst nicht in den Wald zu flüchten. Du darfst die Welt anpaken. Schon weil Du gar nicht anders kanst. Schon weil Dein Dämon Dich zwingt zu fantasmagoriren. Du darfst es machen wie jener Geistliche, der zur Zeit des christlichen Rauchverbots von seinem Vorgesezten rauchend betroffen wurde, auf die Frage, wie er dieses „Teufelskraut“ zu sich nehmen könne, antwortete: er trage das Seine dazu bei, es – zu vertilgen. Du darfst diese Welt verzehren. Es ist nicht nur unvermeidlich, sondern – rebus sic stantibus – notwendig, dass, nachdem Du diese Welt mit Deinen Sinnen erzeugt hast, Du sie wieder durch Denken zerstörst; so Deinem Quäler hinter Dir Luft machst und Dich vorne beschäftigst. <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0053" n="52"/> <div n="1"> <head>III. Der Individualismus.</head><lb/> <div n="2"> <head>§. 24.</head><lb/> <p>Bewege ich mich nun in dieser Welt, so kann es nur auf Grund eines Kompromisses mit meinem Denken geschehen. <hi rendition="#g">Ich</hi> – der erkant habe, dass diese Weit nur ein Halluzinazion ist – sage mir: Da <hi rendition="#g">Du</hi> es nicht bist, der dich zu dieser Fantasmagorie zwingt, die lezte Ursache <hi rendition="#g">hinter</hi> Dir liegt, Du nur Mittel zum Zwek bist, so magst Du den Spuk mitmachen, schon weil Dir gar nichts andres übrig bleibt – aber mit der Reserve: dass es ein Spuk ist.</p> </div> <div n="2"> <head>§. 25.</head><lb/> <p>Was ist nun der Zwek Deines Lebens?: Den Spuk dieser Welt aufzulösen. Ihn denkend zu verzehren. Zu wissen, dass Du halluzinirst. Und damit zu Dir zurükzukehren. Du brauchst nicht in den Wald zu flüchten. Du darfst die Welt anpaken. Schon weil Du gar nicht anders kanst. Schon weil Dein Dämon Dich zwingt zu fantasmagoriren. Du darfst es machen wie jener Geistliche, der zur Zeit des christlichen Rauchverbots von seinem Vorgesezten rauchend betroffen wurde, auf die Frage, wie er dieses „Teufelskraut“ zu sich nehmen könne, antwortete: er trage das Seine dazu bei, es – zu vertilgen. Du darfst diese Welt verzehren. Es ist nicht nur unvermeidlich, sondern – rebus sic stantibus – notwendig, dass, nachdem Du diese Welt mit Deinen Sinnen erzeugt hast, Du sie wieder durch Denken zerstörst; so Deinem Quäler hinter Dir Luft machst und Dich vorne beschäftigst. </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [52/0053]
III. Der Individualismus.
§. 24.
Bewege ich mich nun in dieser Welt, so kann es nur auf Grund eines Kompromisses mit meinem Denken geschehen. Ich – der erkant habe, dass diese Weit nur ein Halluzinazion ist – sage mir: Da Du es nicht bist, der dich zu dieser Fantasmagorie zwingt, die lezte Ursache hinter Dir liegt, Du nur Mittel zum Zwek bist, so magst Du den Spuk mitmachen, schon weil Dir gar nichts andres übrig bleibt – aber mit der Reserve: dass es ein Spuk ist.
§. 25.
Was ist nun der Zwek Deines Lebens?: Den Spuk dieser Welt aufzulösen. Ihn denkend zu verzehren. Zu wissen, dass Du halluzinirst. Und damit zu Dir zurükzukehren. Du brauchst nicht in den Wald zu flüchten. Du darfst die Welt anpaken. Schon weil Du gar nicht anders kanst. Schon weil Dein Dämon Dich zwingt zu fantasmagoriren. Du darfst es machen wie jener Geistliche, der zur Zeit des christlichen Rauchverbots von seinem Vorgesezten rauchend betroffen wurde, auf die Frage, wie er dieses „Teufelskraut“ zu sich nehmen könne, antwortete: er trage das Seine dazu bei, es – zu vertilgen. Du darfst diese Welt verzehren. Es ist nicht nur unvermeidlich, sondern – rebus sic stantibus – notwendig, dass, nachdem Du diese Welt mit Deinen Sinnen erzeugt hast, Du sie wieder durch Denken zerstörst; so Deinem Quäler hinter Dir Luft machst und Dich vorne beschäftigst.
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