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[Pahl, Johann Gottfried]: Leben und Thaten des ehrwürdigen Paters Simpertus. Madrit [i. e. Heilbronn], 1799.

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man wieder nicht viel aus. Man sagte, es muß wohl ins Angesicht, daß die Priester nach der neuen Mode fleißig studieren, und das Volk mit einem Eifer unterrichten, den man früher nirgends gesehen habe. Keiner brausche sich, keiner spiele das Zwickspiel, keiner halte eine Mätresse, alle zeugen mit Kraft und Nachdruck gegen das Laster. Hingegen die Pfaffen vom alten Lichte seyen Dummköpfe, Wollüstlinge, Säufer, Geizhälse und Miethlinge. Freylich war diese Beschuldigung nicht ganz leer. Aber sie war desto alberner. Denn nicht die Tugend die das weltlichste Ding von der Welt ist, sonst hätten Sokrates und Kato nicht so sehr in ihr excelliert, sondern der Glaube ist die conditio essentialis der priesterlichen Würde.

Ich erwarb mir das Verdienst, der moralischen Reputation den Illuminaten einen gewaltigen Stoß zu versetzen; und mein Angriff war gerade auf ihren Antesignanus gerichtet. Daß ich die Sache listig eingeleitet habe, daran wird keiner meiner Leser zweifeln; nur erlaubte ich mir einige Mittel, die vor dem strengen Tribunal der Sittenlehre kaum die Probe halten werden. Aber ich müßte kein Zögling der

man wieder nicht viel aus. Man sagte, es muß wohl ins Angesicht, daß die Priester nach der neuen Mode fleißig studieren, und das Volk mit einem Eifer unterrichten, den man früher nirgends gesehen habe. Keiner brausche sich, keiner spiele das Zwickspiel, keiner halte eine Mätresse, alle zeugen mit Kraft und Nachdruck gegen das Laster. Hingegen die Pfaffen vom alten Lichte seyen Dummköpfe, Wollüstlinge, Säufer, Geizhälse und Miethlinge. Freylich war diese Beschuldigung nicht ganz leer. Aber sie war desto alberner. Denn nicht die Tugend die das weltlichste Ding von der Welt ist, sonst hätten Sokrates und Kato nicht so sehr in ihr excelliert, sondern der Glaube ist die conditio essentialis der priesterlichen Würde.

Ich erwarb mir das Verdienst, der moralischen Reputation den Illuminaten einen gewaltigen Stoß zu versetzen; und mein Angriff war gerade auf ihren Antesignanus gerichtet. Daß ich die Sache listig eingeleitet habe, daran wird keiner meiner Leser zweifeln; nur erlaubte ich mir einige Mittel, die vor dem strengen Tribunal der Sittenlehre kaum die Probe halten werden. Aber ich müßte kein Zögling der

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[87/0087] man wieder nicht viel aus. Man sagte, es muß wohl ins Angesicht, daß die Priester nach der neuen Mode fleißig studieren, und das Volk mit einem Eifer unterrichten, den man früher nirgends gesehen habe. Keiner brausche sich, keiner spiele das Zwickspiel, keiner halte eine Mätresse, alle zeugen mit Kraft und Nachdruck gegen das Laster. Hingegen die Pfaffen vom alten Lichte seyen Dummköpfe, Wollüstlinge, Säufer, Geizhälse und Miethlinge. Freylich war diese Beschuldigung nicht ganz leer. Aber sie war desto alberner. Denn nicht die Tugend die das weltlichste Ding von der Welt ist, sonst hätten Sokrates und Kato nicht so sehr in ihr excelliert, sondern der Glaube ist die conditio essentialis der priesterlichen Würde. Ich erwarb mir das Verdienst, der moralischen Reputation den Illuminaten einen gewaltigen Stoß zu versetzen; und mein Angriff war gerade auf ihren Antesignanus gerichtet. Daß ich die Sache listig eingeleitet habe, daran wird keiner meiner Leser zweifeln; nur erlaubte ich mir einige Mittel, die vor dem strengen Tribunal der Sittenlehre kaum die Probe halten werden. Aber ich müßte kein Zögling der

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Zitationshilfe: [Pahl, Johann Gottfried]: Leben und Thaten des ehrwürdigen Paters Simpertus. Madrit [i. e. Heilbronn], 1799, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_simpertus_1799/87>, abgerufen am 01.05.2024.