[Pahl, Johann Gottfried]: Leben und Thaten des ehrwürdigen Paters Simpertus. Madrit [i. e. Heilbronn], 1799.Ich bin, liebe Christen! ein alter grauer Mann, und habe in der Welt schon viel gesehen und erfahren. Deßhalb dürft ihr meinen Worten wie einem Evangelium glauben, wenn ich die vergangene Zeit mit der gegenwärtigen, und den ehemaligen Flor der Kirche und des Landes mit ihrem itzigen jämmerlichen Zustande vergleiche. Als ich jung war, und die Gesellschaft Jesu, der ich angehörte, in ihrer ganzen, herrlichen Größe blühte, da wußte man noch nichts von der Aufklärung. Da hielt sich der Priester an den Glauben der Kirche, und der gemeine.Mann an das Wort seines Priester. Der erstere zerbrach sich den Kopf nicht mit vielem Studieren, und das Brevier und der Pater Kochem machte seine ganze Bibliothek aus. Der letztere aber lernte nur selten lesen und schreiben, und wenn er das Ave Maria und das Credo beten konnte, so hatte sein ganzer cursus scholasticus ein Ende. O was war das für eine goldene Zeit! Die Tempel und Wallfahrten wimmelten von Menschen. Die Opferstöcke wurden täglich voll. Es fehlte an Geistlichen, um alle bestellten Messen zu lesen, Die Wunderbilder wirkten häufige Mirakel. Ich bin, liebe Christen! ein alter grauer Mann, und habe in der Welt schon viel gesehen und erfahren. Deßhalb dürft ihr meinen Worten wie einem Evangelium glauben, wenn ich die vergangene Zeit mit der gegenwärtigen, und den ehemaligen Flor der Kirche und des Landes mit ihrem itzigen jämmerlichen Zustande vergleiche. Als ich jung war, und die Gesellschaft Jesu, der ich angehörte, in ihrer ganzen, herrlichen Größe blühte, da wußte man noch nichts von der Aufklärung. Da hielt sich der Priester an den Glauben der Kirche, und der gemeine.Mann an das Wort seines Priester. Der erstere zerbrach sich den Kopf nicht mit vielem Studieren, und das Brevier und der Pater Kochem machte seine ganze Bibliothek aus. Der letztere aber lernte nur selten lesen und schreiben, und wenn er das Ave Maria und das Credo beten konnte, so hatte sein ganzer cursus scholasticus ein Ende. O was war das für eine goldene Zeit! Die Tempel und Wallfahrten wimmelten von Menschen. Die Opferstöcke wurden täglich voll. Es fehlte an Geistlichen, um alle bestellten Messen zu lesen, Die Wunderbilder wirkten häufige Mirakel. <TEI> <text> <body> <div type="appendix" n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0268" n="268"/> <p>Ich bin, liebe Christen! ein alter grauer Mann, und habe in der Welt schon viel gesehen und erfahren. Deßhalb dürft ihr meinen Worten wie einem Evangelium glauben, wenn ich die vergangene Zeit mit der gegenwärtigen, und den ehemaligen Flor der Kirche und des Landes mit ihrem itzigen jämmerlichen Zustande vergleiche. Als ich jung war, und die Gesellschaft Jesu, der ich angehörte, in ihrer ganzen, herrlichen Größe blühte, da wußte man noch nichts von der Aufklärung. Da hielt sich der Priester an den Glauben der Kirche, und der gemeine.Mann an das Wort seines Priester. Der erstere zerbrach sich den Kopf nicht mit vielem Studieren, und das Brevier und der Pater <hi rendition="#g">Kochem</hi> machte seine ganze Bibliothek aus. Der letztere aber lernte nur selten lesen und schreiben, und wenn er das Ave Maria und das Credo beten konnte, so hatte sein ganzer <hi rendition="#aq">cursus scholasticus</hi> ein Ende. O was war das für eine goldene Zeit! Die Tempel und Wallfahrten wimmelten von Menschen. Die <choice><sic>Oferstöcke</sic><corr>Opferstöcke</corr></choice> wurden täglich voll. Es fehlte an Geistlichen, um alle bestellten Messen zu lesen, Die Wunderbilder wirkten häufige Mirakel. </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [268/0268]
Ich bin, liebe Christen! ein alter grauer Mann, und habe in der Welt schon viel gesehen und erfahren. Deßhalb dürft ihr meinen Worten wie einem Evangelium glauben, wenn ich die vergangene Zeit mit der gegenwärtigen, und den ehemaligen Flor der Kirche und des Landes mit ihrem itzigen jämmerlichen Zustande vergleiche. Als ich jung war, und die Gesellschaft Jesu, der ich angehörte, in ihrer ganzen, herrlichen Größe blühte, da wußte man noch nichts von der Aufklärung. Da hielt sich der Priester an den Glauben der Kirche, und der gemeine.Mann an das Wort seines Priester. Der erstere zerbrach sich den Kopf nicht mit vielem Studieren, und das Brevier und der Pater Kochem machte seine ganze Bibliothek aus. Der letztere aber lernte nur selten lesen und schreiben, und wenn er das Ave Maria und das Credo beten konnte, so hatte sein ganzer cursus scholasticus ein Ende. O was war das für eine goldene Zeit! Die Tempel und Wallfahrten wimmelten von Menschen. Die Opferstöcke wurden täglich voll. Es fehlte an Geistlichen, um alle bestellten Messen zu lesen, Die Wunderbilder wirkten häufige Mirakel.
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