[Pahl, Johann Gottfried]: Leben und Thaten des ehrwürdigen Paters Simpertus. Madrit [i. e. Heilbronn], 1799.Noch war ein drittes Glied in dieser Kette, - der Abbe, Lucius, Beichtvater der Fürstinn. Weiß der Himmel, wo sie ihn aufgegabelt hat, diesen entarteten Zweig des priesterlichen Stammes! Sie brachte ihn mit ins Land, als sie als Braut bey uns einzog, und mit ihm alles Gift, das die Zeit-Philosophie und die Aufklärung in ihrer lieblichen Schale verbergen. Diesen Mann, empfehlend durch ein hohes Maaß von Beredsamkeit, äußerer Eleganz und feiner Sitten, und in seinem Betragen eher einem geübten Tanzmeister als einem bescheidenen, sanftmüthigen Priester ähnlich, tönte in Meinungen, Grundlagen und Gesinnungen ganz mit der Fürstinn ein. Statt des Breviers las er Wieland's Agathon, statt des Bellarmin's, Doderlein's Dogmatik, und statt der orthodox-katholischen Philosophien von Stattler und Zallinger, Bayle's Wörterbuch und Kant's Kritik der reinen Vernunft. Seine Predigten waren Centonen aus Cramer, Spalding und Zollikofer, und wenn er die Messe las, so hieng er mit seinen Gedanken an der travestierten Aeneide. Seine Bibliothek bestand aus lauter Haiden, Noch war ein drittes Glied in dieser Kette, – der Abbe, Lucius, Beichtvater der Fürstinn. Weiß der Himmel, wo sie ihn aufgegabelt hat, diesen entarteten Zweig des priesterlichen Stammes! Sie brachte ihn mit ins Land, als sie als Braut bey uns einzog, und mit ihm alles Gift, das die Zeit-Philosophie und die Aufklärung in ihrer lieblichen Schale verbergen. Diesen Mann, empfehlend durch ein hohes Maaß von Beredsamkeit, äußerer Eleganz und feiner Sitten, und in seinem Betragen eher einem geübten Tanzmeister als einem bescheidenen, sanftmüthigen Priester ähnlich, tönte in Meinungen, Grundlagen und Gesinnungen ganz mit der Fürstinn ein. Statt des Breviers las er Wieland’s Agathon, statt des Bellarmin’s, Doderlein’s Dogmatik, und statt der orthodox-katholischen Philosophien von Stattler und Zallinger, Bayle’s Wörterbuch und Kant’s Kritik der reinen Vernunft. Seine Predigten waren Centonen aus Cramer, Spalding und Zollikofer, und wenn er die Messe las, so hieng er mit seinen Gedanken an der travestierten Aeneide. Seine Bibliothek bestand aus lauter Haiden, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0019" n="19"/> <p>Noch war ein drittes Glied in dieser Kette, – der Abbe, <hi rendition="#g">Lucius</hi>, Beichtvater der Fürstinn. Weiß der Himmel, wo sie ihn aufgegabelt hat, diesen entarteten Zweig des priesterlichen Stammes! Sie brachte ihn mit ins Land, als sie als Braut bey uns einzog, und mit ihm alles Gift, das die Zeit-Philosophie und die Aufklärung in ihrer lieblichen Schale verbergen. Diesen Mann, empfehlend durch ein hohes Maaß von Beredsamkeit, äußerer Eleganz und feiner Sitten, und in seinem Betragen eher einem geübten Tanzmeister als einem bescheidenen, sanftmüthigen Priester ähnlich, tönte in Meinungen, Grundlagen und Gesinnungen ganz mit der Fürstinn ein. Statt des <hi rendition="#g">Breviers</hi> las er <hi rendition="#g">Wieland’s Agathon</hi>, statt des <hi rendition="#g">Bellarmin’s, Doderlein’s</hi> Dogmatik, und statt der orthodox-katholischen Philosophien von <hi rendition="#g">Stattler</hi> und <hi rendition="#g">Zallinger</hi>, <hi rendition="#g">Bayle’s</hi> Wörterbuch und <hi rendition="#g">Kant’s</hi> Kritik der reinen Vernunft. Seine Predigten waren Centonen aus <hi rendition="#g">Cramer, Spalding</hi> und <hi rendition="#g">Zollikofer</hi>, und wenn er die Messe las, so hieng er mit seinen Gedanken an der <hi rendition="#g">travestierten Aeneide</hi>. Seine Bibliothek bestand aus lauter Haiden, </p> </div> </body> </text> </TEI> [19/0019]
Noch war ein drittes Glied in dieser Kette, – der Abbe, Lucius, Beichtvater der Fürstinn. Weiß der Himmel, wo sie ihn aufgegabelt hat, diesen entarteten Zweig des priesterlichen Stammes! Sie brachte ihn mit ins Land, als sie als Braut bey uns einzog, und mit ihm alles Gift, das die Zeit-Philosophie und die Aufklärung in ihrer lieblichen Schale verbergen. Diesen Mann, empfehlend durch ein hohes Maaß von Beredsamkeit, äußerer Eleganz und feiner Sitten, und in seinem Betragen eher einem geübten Tanzmeister als einem bescheidenen, sanftmüthigen Priester ähnlich, tönte in Meinungen, Grundlagen und Gesinnungen ganz mit der Fürstinn ein. Statt des Breviers las er Wieland’s Agathon, statt des Bellarmin’s, Doderlein’s Dogmatik, und statt der orthodox-katholischen Philosophien von Stattler und Zallinger, Bayle’s Wörterbuch und Kant’s Kritik der reinen Vernunft. Seine Predigten waren Centonen aus Cramer, Spalding und Zollikofer, und wenn er die Messe las, so hieng er mit seinen Gedanken an der travestierten Aeneide. Seine Bibliothek bestand aus lauter Haiden,
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