Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pahl, Johann Gottfried]: Die Philosophen aus dem Uranus. Konstantinopel, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

sezt. "Sie sagen uns hier etwas, bemerkte Elafu, was uns in verschiedner Hinsicht unbegreiflich scheint: Denn ist es wohl vernünftiger, dem Denken Geseze geben, als wenn einer eurer Fürsten durch ein öffentliches Mandat allen seinen Unterthanen gebieten würde, niemals krank zu seyn? - Seyd ihr denn noch nicht so weit gekommen, daß ihr einsehet, daß man nur freye Handlungen durch Geseze leiten kann? - Wahrlich, eine solche Verirrung hätt' ich unter einem gebildeten Volke nicht erwartet! Denn die Thorheit derselben springt gleich bei ihrem ersten Anblike so deutlich ins Auge, daß sie nur einem Stockblinden unbemerkbar bleiben kann. Und die Folgen derselben - "Diese sind, fuhr der Prediger fort, doch so gefährlich weit nicht, als sie ihnen vielleicht scheinen. Die Vernunft geht ihren Gang, wenn sie gleich hie und da eine Weile gehemmt und erschwert wird. Und die Resultate unsres Forschens kommen aus ins Publikum, wenn sie gleich auf ihrem Pfade Umwege nehmen müssen. Wir machen es hier wie ein Baumeister, der

sezt. „Sie sagen uns hier etwas, bemerkte Elafu, was uns in verschiedner Hinsicht unbegreiflich scheint: Denn ist es wohl vernünftiger, dem Denken Geseze geben, als wenn einer eurer Fürsten durch ein öffentliches Mandat allen seinen Unterthanen gebieten würde, niemals krank zu seyn? – Seyd ihr denn noch nicht so weit gekommen, daß ihr einsehet, daß man nur freye Handlungen durch Geseze leiten kann? – Wahrlich, eine solche Verirrung hätt’ ich unter einem gebildeten Volke nicht erwartet! Denn die Thorheit derselben springt gleich bei ihrem ersten Anblike so deutlich ins Auge, daß sie nur einem Stockblinden unbemerkbar bleiben kann. Und die Folgen derselben – „Diese sind, fuhr der Prediger fort, doch so gefährlich weit nicht, als sie ihnen vielleicht scheinen. Die Vernunft geht ihren Gang, wenn sie gleich hie und da eine Weile gehemmt und erschwert wird. Und die Resultate unsres Forschens kommen aus ins Publikum, wenn sie gleich auf ihrem Pfade Umwege nehmen müssen. Wir machen es hier wie ein Baumeister, der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0066" n="62"/>
sezt. &#x201E;Sie sagen uns hier etwas, bemerkte <hi rendition="#g">Elafu</hi>, was uns in verschiedner Hinsicht unbegreiflich scheint: Denn ist es wohl vernünftiger, dem Denken Geseze geben, als wenn einer eurer Fürsten durch ein öffentliches Mandat allen seinen Unterthanen gebieten würde, niemals krank zu seyn? &#x2013; Seyd ihr denn noch nicht so weit gekommen, daß ihr einsehet, daß man nur freye Handlungen durch Geseze leiten kann? &#x2013; Wahrlich, eine solche Verirrung hätt&#x2019; ich unter einem gebildeten Volke nicht erwartet! Denn die Thorheit derselben springt gleich bei ihrem ersten Anblike so deutlich ins Auge, daß sie nur einem Stockblinden unbemerkbar bleiben kann. Und die Folgen derselben &#x2013; &#x201E;Diese sind, fuhr der Prediger fort, doch so gefährlich weit nicht, als sie ihnen vielleicht scheinen. Die Vernunft geht ihren Gang, wenn sie gleich hie und da eine Weile gehemmt und erschwert wird. Und die Resultate unsres Forschens kommen aus ins Publikum, wenn sie gleich auf ihrem Pfade Umwege nehmen müssen. Wir machen es hier wie ein Baumeister, der
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[62/0066] sezt. „Sie sagen uns hier etwas, bemerkte Elafu, was uns in verschiedner Hinsicht unbegreiflich scheint: Denn ist es wohl vernünftiger, dem Denken Geseze geben, als wenn einer eurer Fürsten durch ein öffentliches Mandat allen seinen Unterthanen gebieten würde, niemals krank zu seyn? – Seyd ihr denn noch nicht so weit gekommen, daß ihr einsehet, daß man nur freye Handlungen durch Geseze leiten kann? – Wahrlich, eine solche Verirrung hätt’ ich unter einem gebildeten Volke nicht erwartet! Denn die Thorheit derselben springt gleich bei ihrem ersten Anblike so deutlich ins Auge, daß sie nur einem Stockblinden unbemerkbar bleiben kann. Und die Folgen derselben – „Diese sind, fuhr der Prediger fort, doch so gefährlich weit nicht, als sie ihnen vielleicht scheinen. Die Vernunft geht ihren Gang, wenn sie gleich hie und da eine Weile gehemmt und erschwert wird. Und die Resultate unsres Forschens kommen aus ins Publikum, wenn sie gleich auf ihrem Pfade Umwege nehmen müssen. Wir machen es hier wie ein Baumeister, der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Göttinger Digitalisierungszentrum: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_philosophen_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_philosophen_1796/66
Zitationshilfe: [Pahl, Johann Gottfried]: Die Philosophen aus dem Uranus. Konstantinopel, 1796, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_philosophen_1796/66>, abgerufen am 24.11.2024.