[Pahl, Johann Gottfried]: Die Philosophen aus dem Uranus. Konstantinopel, 1796.von den Priestern gesegnet und mit geweihtem Wasser besprüzt wurde, und sich dann in die Gasthöfe der Stadt zerstreute. Wir hatten in diesem Städchen einen Studenten zum Lehnlakay gemietet, der ein armer Schluker, aber ein offner Kopf, und ein sehr unterhaltender Gesellschafter war. "Nun wie, - sagte er - hat Ihnen das Spiel gefallen?" - "Wir können gar nicht darüber urteilen, bemerkte Atabu, so lange wir die Absicht desselben nicht kennen." - "Und die will ich Ihnen erklären!" - sagte der Musensohn, und fuhr folgendermaßen fort. "Die Kirche, worinn die Leute von der Prozession gebetet haben, gehört den Kapuzinern." - "Geduld! - sagte Elafu; - was sind das für Leute, Kapuziner?" "Kapuziner? - fuhr der Lehnlakay fort; - das sind Leute, die zur Ehre Gottes und zur Erbauung einfältiger Glaubensbrüder, ihr Fleisch kreuzigen, sich des Beyschlafes enthalten, eine rauhe härene Kutte, auf dem blosen Leibe tragen, und sich mehrere von den Priestern gesegnet und mit geweihtem Wasser besprüzt wurde, und sich dann in die Gasthöfe der Stadt zerstreute. Wir hatten in diesem Städchen einen Studenten zum Lehnlakay gemietet, der ein armer Schluker, aber ein offner Kopf, und ein sehr unterhaltender Gesellschafter war. „Nun wie, – sagte er – hat Ihnen das Spiel gefallen?“ - „Wir können gar nicht darüber urteilen, bemerkte Atabu, so lange wir die Absicht desselben nicht kennen.“ – „Und die will ich Ihnen erklären!“ – sagte der Musensohn, und fuhr folgendermaßen fort. „Die Kirche, worinn die Leute von der Prozession gebetet haben, gehört den Kapuzinern.“ – „Geduld! – sagte Elafu; – was sind das für Leute, Kapuziner?“ „Kapuziner? - fuhr der Lehnlakay fort; – das sind Leute, die zur Ehre Gottes und zur Erbauung einfältiger Glaubensbrüder, ihr Fleisch kreuzigen, sich des Beyschlafes enthalten, eine rauhe härene Kutte, auf dem blosen Leibe tragen, und sich mehrere <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0140" n="136"/> von den Priestern gesegnet und mit geweihtem Wasser besprüzt wurde, und sich dann in die Gasthöfe der Stadt zerstreute.</p> <p>Wir hatten in diesem Städchen einen Studenten zum Lehnlakay gemietet, der ein armer Schluker, aber ein offner Kopf, und ein sehr unterhaltender Gesellschafter war. „Nun wie, – sagte er – hat Ihnen das Spiel gefallen?“ - „Wir können gar nicht darüber urteilen, bemerkte <hi rendition="#g">Atabu</hi>, so lange wir die Absicht desselben nicht kennen.“ – „Und die will ich Ihnen erklären!“ – sagte der Musensohn, und fuhr folgendermaßen fort.</p> <p>„Die Kirche, worinn die Leute von der Prozession gebetet haben, gehört den <hi rendition="#g">Kapuzinern</hi>.“ –</p> <p>„Geduld! – sagte <hi rendition="#g">Elafu</hi>; – was sind das für Leute, <hi rendition="#g">Kapuziner</hi>?“</p> <p>„<hi rendition="#g">Kapuziner</hi>? - fuhr der Lehnlakay fort; – das sind Leute, die zur Ehre Gottes und zur Erbauung einfältiger <choice><sic>Glaubensbrüber</sic><corr>Glaubensbrüder</corr></choice>, ihr Fleisch kreuzigen, sich des Beyschlafes enthalten, eine rauhe härene Kutte, auf dem blosen Leibe tragen, und sich mehrere </p> </div> </body> </text> </TEI> [136/0140]
von den Priestern gesegnet und mit geweihtem Wasser besprüzt wurde, und sich dann in die Gasthöfe der Stadt zerstreute.
Wir hatten in diesem Städchen einen Studenten zum Lehnlakay gemietet, der ein armer Schluker, aber ein offner Kopf, und ein sehr unterhaltender Gesellschafter war. „Nun wie, – sagte er – hat Ihnen das Spiel gefallen?“ - „Wir können gar nicht darüber urteilen, bemerkte Atabu, so lange wir die Absicht desselben nicht kennen.“ – „Und die will ich Ihnen erklären!“ – sagte der Musensohn, und fuhr folgendermaßen fort.
„Die Kirche, worinn die Leute von der Prozession gebetet haben, gehört den Kapuzinern.“ –
„Geduld! – sagte Elafu; – was sind das für Leute, Kapuziner?“
„Kapuziner? - fuhr der Lehnlakay fort; – das sind Leute, die zur Ehre Gottes und zur Erbauung einfältiger Glaubensbrüder, ihr Fleisch kreuzigen, sich des Beyschlafes enthalten, eine rauhe härene Kutte, auf dem blosen Leibe tragen, und sich mehrere
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_philosophen_1796 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_philosophen_1796/140 |
Zitationshilfe: | [Pahl, Johann Gottfried]: Die Philosophen aus dem Uranus. Konstantinopel, 1796, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_philosophen_1796/140>, abgerufen am 27.07.2024. |