Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pahl, Johann Gottfried: Bertha von Wöllstein. Eine Reihe von Briefen aus dem Mittelalter. Nördlingen, 1794.

Bild:
<< vorherige Seite

dein Gesicht verbreitete. Nicht wahr, Bertha! nun hast du mich doch recht lieb? -" Ich konnte kein Wort sprechen, und sah' zur Erde, wie wenn man sich schämt. Mein ganzes Gesicht dünkte mich feurig zu werden. Ich wand meine Hand aus der seinigen los; aber, wie hingezogen, fiel sie auf seinen Schooß. Es war mir bang, einem Mann so nahe zu seyn, und solche Worte zu vernehmen. Und doch vermocht' ich's nicht aufzustehen; denn es war mir doch wohl in seiner Nähe, und ich habe sein schmeichelndes Kosen gern gehört. Er sprach noch viel von seiner Liebe, und schwur mir seine Treue zu. "Ihr seyd betrunken, Kunz! -" war das einzige, was ich stottern konnte. Und das war albern genug. Denn einmal war Kunz in der That nicht betrunken, was wohl die andern Ritter alle gewesen seyn mögen, und dann, wie leicht hätt' er mir's übel deuten können. Denn ich habe dadurch seine Ehre verletzt, weil ein braver Rittersmann, nie Glauben und Treue bricht, sollt' er sie auch im Trunke zugesichert haben. Kunz war aber deß nicht böse. Er umfaßte mit feurigem Ungestümm meinen Arm, und sprach in einem Tone voll Kraft und Nachdruk:

dein Gesicht verbreitete. Nicht wahr, Bertha! nun hast du mich doch recht lieb? –“ Ich konnte kein Wort sprechen, und sah’ zur Erde, wie wenn man sich schämt. Mein ganzes Gesicht dünkte mich feurig zu werden. Ich wand meine Hand aus der seinigen los; aber, wie hingezogen, fiel sie auf seinen Schooß. Es war mir bang, einem Mann so nahe zu seyn, und solche Worte zu vernehmen. Und doch vermocht’ ich’s nicht aufzustehen; denn es war mir doch wohl in seiner Nähe, und ich habe sein schmeichelndes Kosen gern gehört. Er sprach noch viel von seiner Liebe, und schwur mir seine Treue zu. „Ihr seyd betrunken, Kunz! –“ war das einzige, was ich stottern konnte. Und das war albern genug. Denn einmal war Kunz in der That nicht betrunken, was wohl die andern Ritter alle gewesen seyn mögen, und dann, wie leicht hätt’ er mir’s übel deuten können. Denn ich habe dadurch seine Ehre verletzt, weil ein braver Rittersmann, nie Glauben und Treue bricht, sollt’ er sie auch im Trunke zugesichert haben. Kunz war aber deß nicht böse. Er umfaßte mit feurigem Ungestümm meinen Arm, und sprach in einem Tone voll Kraft und Nachdruk:

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0016" n="12"/>
dein Gesicht verbreitete. Nicht wahr, <hi rendition="#g">Bertha</hi>! nun hast du mich doch recht lieb? &#x2013;&#x201C; Ich konnte kein Wort sprechen, und sah&#x2019; zur Erde, wie wenn man sich schämt. Mein ganzes Gesicht dünkte mich feurig zu werden. Ich wand meine Hand aus der seinigen los; aber, wie hingezogen, fiel sie auf seinen Schooß. Es war mir bang, einem Mann so nahe zu seyn, und solche Worte zu vernehmen. Und doch vermocht&#x2019; ich&#x2019;s nicht aufzustehen; denn es war mir doch wohl in seiner Nähe, und ich habe sein schmeichelndes Kosen gern gehört. Er sprach noch viel von seiner Liebe, und schwur mir seine Treue zu. &#x201E;Ihr seyd betrunken, <hi rendition="#g">Kunz</hi>! &#x2013;&#x201C; war das einzige, was ich stottern konnte. Und das war albern genug. Denn einmal war <hi rendition="#g">Kunz</hi> in der That nicht betrunken, was wohl die andern Ritter alle gewesen seyn mögen, und dann, wie leicht hätt&#x2019; er mir&#x2019;s übel deuten können. Denn ich habe dadurch seine Ehre verletzt, weil ein braver Rittersmann, nie Glauben und Treue bricht, sollt&#x2019; er sie auch im Trunke zugesichert haben. <hi rendition="#g">Kunz</hi> war aber deß nicht böse. Er umfaßte mit feurigem Ungestümm meinen Arm, und sprach in einem Tone voll Kraft und Nachdruk:
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[12/0016] dein Gesicht verbreitete. Nicht wahr, Bertha! nun hast du mich doch recht lieb? –“ Ich konnte kein Wort sprechen, und sah’ zur Erde, wie wenn man sich schämt. Mein ganzes Gesicht dünkte mich feurig zu werden. Ich wand meine Hand aus der seinigen los; aber, wie hingezogen, fiel sie auf seinen Schooß. Es war mir bang, einem Mann so nahe zu seyn, und solche Worte zu vernehmen. Und doch vermocht’ ich’s nicht aufzustehen; denn es war mir doch wohl in seiner Nähe, und ich habe sein schmeichelndes Kosen gern gehört. Er sprach noch viel von seiner Liebe, und schwur mir seine Treue zu. „Ihr seyd betrunken, Kunz! –“ war das einzige, was ich stottern konnte. Und das war albern genug. Denn einmal war Kunz in der That nicht betrunken, was wohl die andern Ritter alle gewesen seyn mögen, und dann, wie leicht hätt’ er mir’s übel deuten können. Denn ich habe dadurch seine Ehre verletzt, weil ein braver Rittersmann, nie Glauben und Treue bricht, sollt’ er sie auch im Trunke zugesichert haben. Kunz war aber deß nicht böse. Er umfaßte mit feurigem Ungestümm meinen Arm, und sprach in einem Tone voll Kraft und Nachdruk:

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_bertha_1794
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_bertha_1794/16
Zitationshilfe: Pahl, Johann Gottfried: Bertha von Wöllstein. Eine Reihe von Briefen aus dem Mittelalter. Nördlingen, 1794, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_bertha_1794/16>, abgerufen am 16.04.2024.