Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 3. Leipzig, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite

Wißt Ihr denn nicht, daß man aus einer Leuchte eine Brandfackel machen kann, die mit rother, unheimlicher Gluth Alles niederbrennt und verwüstet? Und solche zerstörende Gluth, wobei es viel schwarzen Rauch, graue Wolken und erstickenden Dunst giebt -- ist denn nicht sie auch gerade unser Element?

So wollen wir es machen mit dem Lichte der Aufklärung der Radicalen und sie sollen, ohne daß sie selbst es bemerken, uns noch dazu vortrefflich in die Hände arbeiten.

Also: divide et impera!

>Reform!< ist jetzt das allgemeine Loosungswort des Tages geworden. Alle, die dem Fortschritte huldigen, verlangen Reform -- darin sind die Parteien einig -- aber höchst uneinig sind sie über die Begriffe, welche sich mit diesem allgemeinen Ausdruck verbinden lassen."

Die Liberalen wollen Volksvertretung, den sogenannten constitutionellen Fortschritt -- sie wollen neben einer Reform des Staates auch eine Reform der Kirche.

Die Radicalen wollen Volksherrschaft -- Glaubensfreiheit -- nach der Kirche fragen sie weiter nicht.

Die Sozialen wollen Reform der Gesellschaft -- und die Eifrigsten unter ihnen nicht erst Reform, sondern Aufhebung des Staates und der Kirche -- allgemeine Gleichheit.

Wißt Ihr denn nicht, daß man aus einer Leuchte eine Brandfackel machen kann, die mit rother, unheimlicher Gluth Alles niederbrennt und verwüstet? Und solche zerstörende Gluth, wobei es viel schwarzen Rauch, graue Wolken und erstickenden Dunst giebt — ist denn nicht sie auch gerade unser Element?

So wollen wir es machen mit dem Lichte der Aufklärung der Radicalen und sie sollen, ohne daß sie selbst es bemerken, uns noch dazu vortrefflich in die Hände arbeiten.

Also: divide et impera!

Reform!‹ ist jetzt das allgemeine Loosungswort des Tages geworden. Alle, die dem Fortschritte huldigen, verlangen Reform — darin sind die Parteien einig — aber höchst uneinig sind sie über die Begriffe, welche sich mit diesem allgemeinen Ausdruck verbinden lassen.“

Die Liberalen wollen Volksvertretung, den sogenannten constitutionellen Fortschritt — sie wollen neben einer Reform des Staates auch eine Reform der Kirche.

Die Radicalen wollen Volksherrschaft — Glaubensfreiheit — nach der Kirche fragen sie weiter nicht.

Die Sozialen wollen Reform der Gesellschaft — und die Eifrigsten unter ihnen nicht erst Reform, sondern Aufhebung des Staates und der Kirche — allgemeine Gleichheit.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0087" n="83"/>
        <p> Wißt Ihr denn nicht, daß man aus einer Leuchte eine Brandfackel machen kann, die mit rother, unheimlicher Gluth Alles niederbrennt und verwüstet? Und solche zerstörende Gluth, wobei es viel schwarzen Rauch, graue Wolken und erstickenden Dunst giebt &#x2014; ist denn nicht sie auch gerade unser Element?</p>
        <p>So wollen wir es machen mit dem Lichte der Aufklärung der Radicalen und sie sollen, ohne daß sie selbst es bemerken, uns noch dazu vortrefflich in die Hände arbeiten.</p>
        <p>Also: <hi rendition="#i">divide et impera</hi>!</p>
        <p>&#x203A;<hi rendition="#g">Reform</hi>!&#x2039; ist jetzt das allgemeine Loosungswort des Tages geworden. Alle, die dem Fortschritte huldigen, verlangen Reform &#x2014; darin sind die Parteien einig &#x2014; aber höchst uneinig sind sie über die Begriffe, welche sich mit diesem allgemeinen Ausdruck verbinden lassen.&#x201C;</p>
        <p>Die <hi rendition="#g">Liberalen</hi> wollen Volksvertretung, den sogenannten constitutionellen Fortschritt &#x2014; sie wollen neben einer Reform des Staates auch eine Reform der Kirche.</p>
        <p>Die <hi rendition="#g">Radicalen</hi> wollen Volksherrschaft &#x2014; Glaubensfreiheit &#x2014; nach der Kirche fragen sie weiter nicht.</p>
        <p>Die <hi rendition="#g">Sozialen</hi> wollen Reform der Gesellschaft &#x2014; und die Eifrigsten unter ihnen <hi rendition="#g">nicht</hi> erst Reform, sondern Aufhebung des Staates und der Kirche &#x2014; allgemeine Gleichheit.</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[83/0087] Wißt Ihr denn nicht, daß man aus einer Leuchte eine Brandfackel machen kann, die mit rother, unheimlicher Gluth Alles niederbrennt und verwüstet? Und solche zerstörende Gluth, wobei es viel schwarzen Rauch, graue Wolken und erstickenden Dunst giebt — ist denn nicht sie auch gerade unser Element? So wollen wir es machen mit dem Lichte der Aufklärung der Radicalen und sie sollen, ohne daß sie selbst es bemerken, uns noch dazu vortrefflich in die Hände arbeiten. Also: divide et impera! ›Reform!‹ ist jetzt das allgemeine Loosungswort des Tages geworden. Alle, die dem Fortschritte huldigen, verlangen Reform — darin sind die Parteien einig — aber höchst uneinig sind sie über die Begriffe, welche sich mit diesem allgemeinen Ausdruck verbinden lassen.“ Die Liberalen wollen Volksvertretung, den sogenannten constitutionellen Fortschritt — sie wollen neben einer Reform des Staates auch eine Reform der Kirche. Die Radicalen wollen Volksherrschaft — Glaubensfreiheit — nach der Kirche fragen sie weiter nicht. Die Sozialen wollen Reform der Gesellschaft — und die Eifrigsten unter ihnen nicht erst Reform, sondern Aufhebung des Staates und der Kirche — allgemeine Gleichheit.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Repository TextGrid: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-23T11:52:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christoph Leijser, Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-23T11:52:15Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-23T11:52:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss03_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss03_1846/87
Zitationshilfe: Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 3. Leipzig, 1846, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss03_1846/87>, abgerufen am 13.05.2024.