Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 3. Leipzig, 1846.kann -- wirst Dir kaum einen Begriff machen können von all den künstlichen Mitteln und mühevollen Combinationen, zu welchen unser Orden oft greifen muß, um sich seine Weltherrschaft nicht entreißen zu lassen. Du in einem glücklichen, gesegneten Lande lebend, das wir als unsere Heimath betrachten dürfen und in dem Alles still, gläubig, fromm und friedlich zugeht, wirst Dir auch davon keinen Begriff machen können, wie unser Leben in einem Lande ist, in dem das verderbliche Licht der Aufklärung täglich größere Fortschritte macht, in einem Lande, in dem der größere Theil der Einwohner aus Ketzern besteht! Hier war der Spruch unsers Heiligen schon eingetroffen: sie hatten uns verjagt wie Wölfe, aber wir hatten uns verjüngt wie Adler. Schon wagten wir es wieder die Länder siegesbewußt in unsere Klauen zu fassen, schattend unsere weitreichenden Flügel über die Völker auszubreiten, daß es Nacht ward bei ihnen -- schon dachten wir, es sei die Zeit gekommen, daß wir zugreifen könnten, uns unserer Beute zu versichern, sie zu zerfleischen, ihr das Herz zu entreißen, das doch ein Mal unwillig und aufrührerisch gegen uns schlagen könnte. Aber wir hatten uns getäuscht, schrecklich getäuscht! Wir erlebten nur einen kurzen Triumpf und dann eine um so schmerzlichere Niederlage. kann — wirst Dir kaum einen Begriff machen können von all den künstlichen Mitteln und mühevollen Combinationen, zu welchen unser Orden oft greifen muß, um sich seine Weltherrschaft nicht entreißen zu lassen. Du in einem glücklichen, gesegneten Lande lebend, das wir als unsere Heimath betrachten dürfen und in dem Alles still, gläubig, fromm und friedlich zugeht, wirst Dir auch davon keinen Begriff machen können, wie unser Leben in einem Lande ist, in dem das verderbliche Licht der Aufklärung täglich größere Fortschritte macht, in einem Lande, in dem der größere Theil der Einwohner aus Ketzern besteht! Hier war der Spruch unsers Heiligen schon eingetroffen: sie hatten uns verjagt wie Wölfe, aber wir hatten uns verjüngt wie Adler. Schon wagten wir es wieder die Länder siegesbewußt in unsere Klauen zu fassen, schattend unsere weitreichenden Flügel über die Völker auszubreiten, daß es Nacht ward bei ihnen — schon dachten wir, es sei die Zeit gekommen, daß wir zugreifen könnten, uns unserer Beute zu versichern, sie zu zerfleischen, ihr das Herz zu entreißen, das doch ein Mal unwillig und aufrührerisch gegen uns schlagen könnte. Aber wir hatten uns getäuscht, schrecklich getäuscht! Wir erlebten nur einen kurzen Triumpf und dann eine um so schmerzlichere Niederlage. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0081" n="77"/> kann — wirst Dir kaum einen Begriff machen können von all den künstlichen Mitteln und mühevollen Combinationen, zu welchen unser Orden oft greifen muß, um sich seine Weltherrschaft nicht entreißen zu lassen. Du in einem glücklichen, gesegneten Lande lebend, das wir als unsere Heimath betrachten dürfen und in dem Alles still, gläubig, fromm und friedlich zugeht, wirst Dir auch davon keinen Begriff machen können, wie unser Leben in einem Lande ist, in dem das verderbliche Licht der Aufklärung täglich größere Fortschritte macht, in einem Lande, in dem der größere Theil der Einwohner aus Ketzern besteht!</p> <p>Hier war der Spruch unsers Heiligen schon eingetroffen: sie hatten uns verjagt wie Wölfe, aber wir hatten uns verjüngt wie Adler.</p> <p>Schon wagten wir es wieder die Länder siegesbewußt in unsere Klauen zu fassen, schattend unsere weitreichenden Flügel über die Völker auszubreiten, daß es Nacht ward bei ihnen — schon dachten wir, es sei die Zeit gekommen, daß wir zugreifen könnten, uns unserer Beute zu versichern, sie zu zerfleischen, ihr das Herz zu entreißen, das doch ein Mal unwillig und aufrührerisch gegen uns schlagen könnte.</p> <p>Aber wir hatten uns getäuscht, schrecklich getäuscht!</p> <p>Wir erlebten nur einen kurzen Triumpf und dann eine um so schmerzlichere Niederlage.</p> </div> </body> </text> </TEI> [77/0081]
kann — wirst Dir kaum einen Begriff machen können von all den künstlichen Mitteln und mühevollen Combinationen, zu welchen unser Orden oft greifen muß, um sich seine Weltherrschaft nicht entreißen zu lassen. Du in einem glücklichen, gesegneten Lande lebend, das wir als unsere Heimath betrachten dürfen und in dem Alles still, gläubig, fromm und friedlich zugeht, wirst Dir auch davon keinen Begriff machen können, wie unser Leben in einem Lande ist, in dem das verderbliche Licht der Aufklärung täglich größere Fortschritte macht, in einem Lande, in dem der größere Theil der Einwohner aus Ketzern besteht!
Hier war der Spruch unsers Heiligen schon eingetroffen: sie hatten uns verjagt wie Wölfe, aber wir hatten uns verjüngt wie Adler.
Schon wagten wir es wieder die Länder siegesbewußt in unsere Klauen zu fassen, schattend unsere weitreichenden Flügel über die Völker auszubreiten, daß es Nacht ward bei ihnen — schon dachten wir, es sei die Zeit gekommen, daß wir zugreifen könnten, uns unserer Beute zu versichern, sie zu zerfleischen, ihr das Herz zu entreißen, das doch ein Mal unwillig und aufrührerisch gegen uns schlagen könnte.
Aber wir hatten uns getäuscht, schrecklich getäuscht!
Wir erlebten nur einen kurzen Triumpf und dann eine um so schmerzlichere Niederlage.
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