Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 3. Leipzig, 1846."Du gehörst jetzt zu der Classe der Reichen und vornehmen Leute --" denn er gönnte ihm das Alles; aber er sagte es doch. "Bruder," sagte Jener, "ich weiß wohl, daß Du unglücklich bist -- aber noch, als ich vor Jahresfrist hier von Dir Abschied nahm, versichertest Du mir: Zuweilen habest Du doch Stunden, wo die Arbeit Deine Lust sei, Du strebtest nicht über Dein Loos hinaus -- und drück' es Dich auch ein Mal hart, nun so erhebe Dich doch der Gedanke, daß Du all' Dein Streben Deinen Kameraden weihtest und daß es Dich erhöbe, danach zu trachten, soviel, als Dir möglich sei, zur Verbesserung der Lage der arbeitenden Classen beizutragen. -- Denkst Du nun anders?" "Du hältst mir ein Bild meines Selbst vor, wie es einst war und wie es bald ganz zertrümmert sein wird Ja! Ich bildete mir das ein! Was ich schrieb, sollte die Augen einflußreicher Menschen, der Schriftsteller, der Bürger auf die Noth der Armen lenken -- was ich that, sollte, da ich anders nicht helfen konnte, die Kameraden hier eines besseren Looses werther machen. Und so geschah es auch. Mit einem von ihnen, Wilhelm, welcher fühlte und dachte wie ich, stiftete ich einen Verein unter uns unverheiratheten Arbeitern. Ich habe Dir einmal seine Statuten mitgetheilt. Dadurch ward Vieles besser. Trunkenheit und Spiel verschwanden bei den Jüngern. Dadurch, daß „Du gehörst jetzt zu der Classe der Reichen und vornehmen Leute —“ denn er gönnte ihm das Alles; aber er sagte es doch. „Bruder,“ sagte Jener, „ich weiß wohl, daß Du unglücklich bist — aber noch, als ich vor Jahresfrist hier von Dir Abschied nahm, versichertest Du mir: Zuweilen habest Du doch Stunden, wo die Arbeit Deine Lust sei, Du strebtest nicht über Dein Loos hinaus — und drück’ es Dich auch ein Mal hart, nun so erhebe Dich doch der Gedanke, daß Du all’ Dein Streben Deinen Kameraden weihtest und daß es Dich erhöbe, danach zu trachten, soviel, als Dir möglich sei, zur Verbesserung der Lage der arbeitenden Classen beizutragen. — Denkst Du nun anders?“ „Du hältst mir ein Bild meines Selbst vor, wie es einst war und wie es bald ganz zertrümmert sein wird Ja! Ich bildete mir das ein! Was ich schrieb, sollte die Augen einflußreicher Menschen, der Schriftsteller, der Bürger auf die Noth der Armen lenken — was ich that, sollte, da ich anders nicht helfen konnte, die Kameraden hier eines besseren Looses werther machen. Und so geschah es auch. Mit einem von ihnen, Wilhelm, welcher fühlte und dachte wie ich, stiftete ich einen Verein unter uns unverheiratheten Arbeitern. Ich habe Dir einmal seine Statuten mitgetheilt. Dadurch ward Vieles besser. Trunkenheit und Spiel verschwanden bei den Jüngern. Dadurch, daß <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0037" n="33"/> „Du gehörst jetzt zu der Classe der Reichen und vornehmen Leute —“ denn er gönnte ihm das Alles; aber er sagte es doch.</p> <p>„Bruder,“ sagte Jener, „ich weiß wohl, daß Du unglücklich bist — aber noch, als ich vor Jahresfrist hier von Dir Abschied nahm, versichertest Du mir: Zuweilen habest Du doch Stunden, wo die Arbeit Deine Lust sei, Du strebtest nicht über Dein Loos hinaus — und drück’ es Dich auch ein Mal hart, nun so erhebe Dich doch der Gedanke, daß Du all’ Dein Streben Deinen Kameraden weihtest und daß es Dich erhöbe, danach zu trachten, soviel, als Dir möglich sei, zur Verbesserung der Lage der arbeitenden Classen beizutragen. — Denkst Du nun anders?“</p> <p>„Du hältst mir ein Bild meines Selbst vor, wie es einst war und wie es bald ganz zertrümmert sein wird Ja! Ich bildete mir das ein! Was ich schrieb, sollte die Augen einflußreicher Menschen, der Schriftsteller, der Bürger auf die Noth der Armen lenken — was ich that, sollte, da ich anders nicht helfen konnte, die Kameraden hier eines besseren Looses werther machen. Und so geschah es auch. Mit einem von ihnen, Wilhelm, welcher fühlte und dachte wie ich, stiftete ich einen Verein unter uns unverheiratheten Arbeitern. Ich habe Dir einmal seine Statuten mitgetheilt. Dadurch ward Vieles besser. Trunkenheit und Spiel verschwanden bei den Jüngern. Dadurch, daß </p> </div> </body> </text> </TEI> [33/0037]
„Du gehörst jetzt zu der Classe der Reichen und vornehmen Leute —“ denn er gönnte ihm das Alles; aber er sagte es doch.
„Bruder,“ sagte Jener, „ich weiß wohl, daß Du unglücklich bist — aber noch, als ich vor Jahresfrist hier von Dir Abschied nahm, versichertest Du mir: Zuweilen habest Du doch Stunden, wo die Arbeit Deine Lust sei, Du strebtest nicht über Dein Loos hinaus — und drück’ es Dich auch ein Mal hart, nun so erhebe Dich doch der Gedanke, daß Du all’ Dein Streben Deinen Kameraden weihtest und daß es Dich erhöbe, danach zu trachten, soviel, als Dir möglich sei, zur Verbesserung der Lage der arbeitenden Classen beizutragen. — Denkst Du nun anders?“
„Du hältst mir ein Bild meines Selbst vor, wie es einst war und wie es bald ganz zertrümmert sein wird Ja! Ich bildete mir das ein! Was ich schrieb, sollte die Augen einflußreicher Menschen, der Schriftsteller, der Bürger auf die Noth der Armen lenken — was ich that, sollte, da ich anders nicht helfen konnte, die Kameraden hier eines besseren Looses werther machen. Und so geschah es auch. Mit einem von ihnen, Wilhelm, welcher fühlte und dachte wie ich, stiftete ich einen Verein unter uns unverheiratheten Arbeitern. Ich habe Dir einmal seine Statuten mitgetheilt. Dadurch ward Vieles besser. Trunkenheit und Spiel verschwanden bei den Jüngern. Dadurch, daß
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