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Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846.

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"Damit Ihr nicht umsonst hie geblieben seid, so wartet noch einen Augenblick," sagte Pauline und ging in das Haus.

Nach einer Weile kam Friederike mit einem Korb Eßwaaren heraus, welchen sie der Martha übergab. "Etwas davon mögt Ihr der langen Liese geben."

"Das Mamsellchen ist gar gut," rief Martha, "ich hab' es immer gesagt. Ich lasse mich schönstens bedanken, der liebe Gott mag's ihr vergelten, die Armen haben Nichts zu geben als fromme Wünsche."

So ging denn Martha ihres Weges. Friederike that auch einige Schritte weiter und sah sich überall um. So stand sie eine Weile. Da rief plötzlich eine Stimme:

"Also endlich einmal!" Es war Wilhelm Bürger, welcher hinzutrat und ihre Hand erfaßte.

"Guten Abend, Wilhelm."

Wilhelm hatte gleich am andern Tage, als er erkannt hatte, daß es ein großer Irrthum von seiner Seite gewesen, seinen Freund Franz für seinen Mitbewerber zu halten, Friederiken am Feierabend am Brunnen aufgesucht und ihr einfach gesagt, wie lieb er sie habe. Das gute Mädchen hatte verschämt und erröthend das angehört, und ihm durch einen herzlichen Händedruck versichert, daß sie ihm gar nicht gram sei, daß sein Wort ihr eine wahre Herzensfreude gegeben. So pflegten sie nun seitdem sich

„Damit Ihr nicht umsonst hie geblieben seid, so wartet noch einen Augenblick,“ sagte Pauline und ging in das Haus.

Nach einer Weile kam Friederike mit einem Korb Eßwaaren heraus, welchen sie der Martha übergab. „Etwas davon mögt Ihr der langen Liese geben.“

„Das Mamsellchen ist gar gut,“ rief Martha, „ich hab’ es immer gesagt. Ich lasse mich schönstens bedanken, der liebe Gott mag’s ihr vergelten, die Armen haben Nichts zu geben als fromme Wünsche.“

So ging denn Martha ihres Weges. Friederike that auch einige Schritte weiter und sah sich überall um. So stand sie eine Weile. Da rief plötzlich eine Stimme:

„Also endlich einmal!“ Es war Wilhelm Bürger, welcher hinzutrat und ihre Hand erfaßte.

„Guten Abend, Wilhelm.“

Wilhelm hatte gleich am andern Tage, als er erkannt hatte, daß es ein großer Irrthum von seiner Seite gewesen, seinen Freund Franz für seinen Mitbewerber zu halten, Friederiken am Feierabend am Brunnen aufgesucht und ihr einfach gesagt, wie lieb er sie habe. Das gute Mädchen hatte verschämt und erröthend das angehört, und ihm durch einen herzlichen Händedruck versichert, daß sie ihm gar nicht gram sei, daß sein Wort ihr eine wahre Herzensfreude gegeben. So pflegten sie nun seitdem sich

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[62/0068] „Damit Ihr nicht umsonst hie geblieben seid, so wartet noch einen Augenblick,“ sagte Pauline und ging in das Haus. Nach einer Weile kam Friederike mit einem Korb Eßwaaren heraus, welchen sie der Martha übergab. „Etwas davon mögt Ihr der langen Liese geben.“ „Das Mamsellchen ist gar gut,“ rief Martha, „ich hab’ es immer gesagt. Ich lasse mich schönstens bedanken, der liebe Gott mag’s ihr vergelten, die Armen haben Nichts zu geben als fromme Wünsche.“ So ging denn Martha ihres Weges. Friederike that auch einige Schritte weiter und sah sich überall um. So stand sie eine Weile. Da rief plötzlich eine Stimme: „Also endlich einmal!“ Es war Wilhelm Bürger, welcher hinzutrat und ihre Hand erfaßte. „Guten Abend, Wilhelm.“ Wilhelm hatte gleich am andern Tage, als er erkannt hatte, daß es ein großer Irrthum von seiner Seite gewesen, seinen Freund Franz für seinen Mitbewerber zu halten, Friederiken am Feierabend am Brunnen aufgesucht und ihr einfach gesagt, wie lieb er sie habe. Das gute Mädchen hatte verschämt und erröthend das angehört, und ihm durch einen herzlichen Händedruck versichert, daß sie ihm gar nicht gram sei, daß sein Wort ihr eine wahre Herzensfreude gegeben. So pflegten sie nun seitdem sich

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Zitationshilfe: Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss02_1846/68>, abgerufen am 22.11.2024.