Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846.und kühl herein, und man beschloß, sich zum Souper in das Schloß selbst zu begeben. Durch den Park hatte man bis dahin ein ziemliches Stück Wegs zurückzulegen. Elisabeth neben Jaromir war ein Wenig zurückgeblieben von den Andern. Sie lenkte jetzt in eine Seitenpromenade ein, welche von den Uebrigen nicht betreten wurde, und sagte zu ihm: "Wenn wir einen Umweg von zehn Schritten machen, kann ich Ihnen meinen Lieblingsplatz zeigen, zu dem ich immer gehe, wenn ich mit der Natur allein sein will, um zu lesen oder zu träumen." "Wie dank' ich Ihnen, wenn Sie mich zu dieser geweihten Stelle führen!" sagte er. "Und jetzt, wo Niemand da ist, um uns zu widerlegen, Niemand von all' Denen, welche es noch nicht begreifen können oder nicht begreifen wollen, daß man ein warmes Herz hat für alle Menschen, und für die Unglücklichsten das wärmste, jetzt kann ich Ihnen sagen, wie laut mein Inneres jubelte, als ich Ihre Worte hörte -- die mir bezeugten, daß Sie anders dachten, wie -- nun wie man sonst denkt, wenn man in einem Schlosse unter den Augen ehrwürdig-stolzer Ahnenbilder erzogen!" "Und haben Sie nicht ein gleiches Loos und denken doch auch wie ich?" sagte sie. "O, doch nicht gleich! Doch muß ich verwundert fragen, woher Sie die Armuth und ihr Unglück und ihre und kühl herein, und man beschloß, sich zum Souper in das Schloß selbst zu begeben. Durch den Park hatte man bis dahin ein ziemliches Stück Wegs zurückzulegen. Elisabeth neben Jaromir war ein Wenig zurückgeblieben von den Andern. Sie lenkte jetzt in eine Seitenpromenade ein, welche von den Uebrigen nicht betreten wurde, und sagte zu ihm: „Wenn wir einen Umweg von zehn Schritten machen, kann ich Ihnen meinen Lieblingsplatz zeigen, zu dem ich immer gehe, wenn ich mit der Natur allein sein will, um zu lesen oder zu träumen.“ „Wie dank’ ich Ihnen, wenn Sie mich zu dieser geweihten Stelle führen!“ sagte er. „Und jetzt, wo Niemand da ist, um uns zu widerlegen, Niemand von all’ Denen, welche es noch nicht begreifen können oder nicht begreifen wollen, daß man ein warmes Herz hat für alle Menschen, und für die Unglücklichsten das wärmste, jetzt kann ich Ihnen sagen, wie laut mein Inneres jubelte, als ich Ihre Worte hörte — die mir bezeugten, daß Sie anders dachten, wie — nun wie man sonst denkt, wenn man in einem Schlosse unter den Augen ehrwürdig-stolzer Ahnenbilder erzogen!“ „Und haben Sie nicht ein gleiches Loos und denken doch auch wie ich?“ sagte sie. „O, doch nicht gleich! Doch muß ich verwundert fragen, woher Sie die Armuth und ihr Unglück und ihre <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0178" n="172"/> und kühl herein, und man beschloß, sich zum Souper in das Schloß selbst zu begeben. Durch den Park hatte man bis dahin ein ziemliches Stück Wegs zurückzulegen.</p> <p>Elisabeth neben Jaromir war ein Wenig zurückgeblieben von den Andern. Sie lenkte jetzt in eine Seitenpromenade ein, welche von den Uebrigen nicht betreten wurde, und sagte zu ihm: „Wenn wir einen Umweg von zehn Schritten machen, kann ich Ihnen meinen Lieblingsplatz zeigen, zu dem ich immer gehe, wenn ich mit der Natur allein sein will, um zu lesen oder zu träumen.“</p> <p>„Wie dank’ ich Ihnen, wenn Sie mich zu dieser geweihten Stelle führen!“ sagte er. „Und jetzt, wo Niemand da ist, um uns zu widerlegen, Niemand von all’ Denen, welche es noch nicht begreifen können oder nicht begreifen wollen, daß man ein warmes Herz hat für alle Menschen, und für die Unglücklichsten das wärmste, jetzt kann ich Ihnen sagen, wie laut mein Inneres jubelte, als ich Ihre Worte hörte — die mir bezeugten, daß Sie anders dachten, wie — nun wie man sonst denkt, wenn man in einem Schlosse unter den Augen ehrwürdig-stolzer Ahnenbilder erzogen!“</p> <p>„Und haben Sie nicht ein gleiches Loos und denken doch auch wie ich?“ sagte sie.</p> <p>„O, doch nicht gleich! Doch muß ich verwundert fragen, woher Sie die Armuth und ihr Unglück und ihre </p> </div> </body> </text> </TEI> [172/0178]
und kühl herein, und man beschloß, sich zum Souper in das Schloß selbst zu begeben. Durch den Park hatte man bis dahin ein ziemliches Stück Wegs zurückzulegen.
Elisabeth neben Jaromir war ein Wenig zurückgeblieben von den Andern. Sie lenkte jetzt in eine Seitenpromenade ein, welche von den Uebrigen nicht betreten wurde, und sagte zu ihm: „Wenn wir einen Umweg von zehn Schritten machen, kann ich Ihnen meinen Lieblingsplatz zeigen, zu dem ich immer gehe, wenn ich mit der Natur allein sein will, um zu lesen oder zu träumen.“
„Wie dank’ ich Ihnen, wenn Sie mich zu dieser geweihten Stelle führen!“ sagte er. „Und jetzt, wo Niemand da ist, um uns zu widerlegen, Niemand von all’ Denen, welche es noch nicht begreifen können oder nicht begreifen wollen, daß man ein warmes Herz hat für alle Menschen, und für die Unglücklichsten das wärmste, jetzt kann ich Ihnen sagen, wie laut mein Inneres jubelte, als ich Ihre Worte hörte — die mir bezeugten, daß Sie anders dachten, wie — nun wie man sonst denkt, wenn man in einem Schlosse unter den Augen ehrwürdig-stolzer Ahnenbilder erzogen!“
„Und haben Sie nicht ein gleiches Loos und denken doch auch wie ich?“ sagte sie.
„O, doch nicht gleich! Doch muß ich verwundert fragen, woher Sie die Armuth und ihr Unglück und ihre
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Zitationshilfe: | Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss02_1846/178>, abgerufen am 22.07.2024. |