Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846.Ein Gewitter in der Alpenwelt! Da mogte wohl dem, der es noch nimmer erlebt, zu Muth sein, als gehe die Welt aus ihren Fugen! Aber nicht geringer war der Aufruhr in der Brust dieses schmerzerschütterten Menschen, der jetzt Mitten in diesem Toben stand. Er faßte zuweilen krampfhaft mit der Hand nach der Stelle seiner Brust, hinter welcher sein zuckendes Herz schlug, um zu fühlen, wie viel Schläge es wohl noch thun und zugleich aushalten könne, ehe es ganz breche und vielleicht still stehe. Er hatte nicht darauf geachtet, wie in diesem Augenblick eine elegante Dame am Arm eines vornehm aussehenden Herrn an ihm vorübereilte. In der nächsten Hütte suchten die Beiden Obdach vor dem Regen, der jetzt prasselnd und strömend niederfiel. Thalheim stand noch in dem Wetter und achtete es nicht. Ein zweiter Donnerschlag rollte jetzt hinter dem ersten her, vergrub sich immer tiefer zwischen die Berge, in die Thäler, weckte immer neuen Widerhall aus allen stummen Felsen und rauschenden Wäldern -- es war, als würden viel Hundert Kanonenschlünde auf ein Mal thätig und ließen dröhnende Laute hören, welche nimmer wieder enden und sich zur Ruhe finden wollten. Da auf einmal faßte Eduin Thalheims Arm und bat: "Ach kommen Sie herab in die Hütte, hier kann Sie Ein Gewitter in der Alpenwelt! Da mogte wohl dem, der es noch nimmer erlebt, zu Muth sein, als gehe die Welt aus ihren Fugen! Aber nicht geringer war der Aufruhr in der Brust dieses schmerzerschütterten Menschen, der jetzt Mitten in diesem Toben stand. Er faßte zuweilen krampfhaft mit der Hand nach der Stelle seiner Brust, hinter welcher sein zuckendes Herz schlug, um zu fühlen, wie viel Schläge es wohl noch thun und zugleich aushalten könne, ehe es ganz breche und vielleicht still stehe. Er hatte nicht darauf geachtet, wie in diesem Augenblick eine elegante Dame am Arm eines vornehm aussehenden Herrn an ihm vorübereilte. In der nächsten Hütte suchten die Beiden Obdach vor dem Regen, der jetzt prasselnd und strömend niederfiel. Thalheim stand noch in dem Wetter und achtete es nicht. Ein zweiter Donnerschlag rollte jetzt hinter dem ersten her, vergrub sich immer tiefer zwischen die Berge, in die Thäler, weckte immer neuen Widerhall aus allen stummen Felsen und rauschenden Wäldern — es war, als würden viel Hundert Kanonenschlünde auf ein Mal thätig und ließen dröhnende Laute hören, welche nimmer wieder enden und sich zur Ruhe finden wollten. Da auf einmal faßte Eduin Thalheims Arm und bat: „Ach kommen Sie herab in die Hütte, hier kann Sie <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0159" n="153"/> <p> Ein Gewitter in der Alpenwelt! Da mogte wohl dem, der es noch nimmer erlebt, zu Muth sein, als gehe die Welt aus ihren Fugen!</p> <p>Aber nicht geringer war der Aufruhr in der Brust dieses schmerzerschütterten Menschen, der jetzt Mitten in diesem Toben stand. Er faßte zuweilen krampfhaft mit der Hand nach der Stelle seiner Brust, hinter welcher sein zuckendes Herz schlug, um zu fühlen, wie viel Schläge es wohl noch thun und zugleich aushalten könne, ehe es ganz breche und vielleicht still stehe.</p> <p>Er hatte nicht darauf geachtet, wie in diesem Augenblick eine elegante Dame am Arm eines vornehm aussehenden Herrn an ihm vorübereilte.</p> <p>In der nächsten Hütte suchten die Beiden Obdach vor dem Regen, der jetzt prasselnd und strömend niederfiel.</p> <p>Thalheim stand noch in dem Wetter und achtete es nicht. Ein zweiter Donnerschlag rollte jetzt hinter dem ersten her, vergrub sich immer tiefer zwischen die Berge, in die Thäler, weckte immer neuen Widerhall aus allen stummen Felsen und rauschenden Wäldern — es war, als würden viel Hundert Kanonenschlünde auf ein Mal thätig und ließen dröhnende Laute hören, welche nimmer wieder enden und sich zur Ruhe finden wollten.</p> <p>Da auf einmal faßte Eduin Thalheims Arm und bat: „Ach kommen Sie herab in die Hütte, hier kann Sie </p> </div> </body> </text> </TEI> [153/0159]
Ein Gewitter in der Alpenwelt! Da mogte wohl dem, der es noch nimmer erlebt, zu Muth sein, als gehe die Welt aus ihren Fugen!
Aber nicht geringer war der Aufruhr in der Brust dieses schmerzerschütterten Menschen, der jetzt Mitten in diesem Toben stand. Er faßte zuweilen krampfhaft mit der Hand nach der Stelle seiner Brust, hinter welcher sein zuckendes Herz schlug, um zu fühlen, wie viel Schläge es wohl noch thun und zugleich aushalten könne, ehe es ganz breche und vielleicht still stehe.
Er hatte nicht darauf geachtet, wie in diesem Augenblick eine elegante Dame am Arm eines vornehm aussehenden Herrn an ihm vorübereilte.
In der nächsten Hütte suchten die Beiden Obdach vor dem Regen, der jetzt prasselnd und strömend niederfiel.
Thalheim stand noch in dem Wetter und achtete es nicht. Ein zweiter Donnerschlag rollte jetzt hinter dem ersten her, vergrub sich immer tiefer zwischen die Berge, in die Thäler, weckte immer neuen Widerhall aus allen stummen Felsen und rauschenden Wäldern — es war, als würden viel Hundert Kanonenschlünde auf ein Mal thätig und ließen dröhnende Laute hören, welche nimmer wieder enden und sich zur Ruhe finden wollten.
Da auf einmal faßte Eduin Thalheims Arm und bat: „Ach kommen Sie herab in die Hütte, hier kann Sie
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Zitationshilfe: | Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss02_1846/159>, abgerufen am 22.07.2024. |