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Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846.

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Kind nicht, denn es war das Kind eines ungeliebten Gatten, und da sie allein sich seiner mühsamen Pflege hatte unterziehen müssen, oft kämpfen mit täglichen Entbehrungen, und manches Opfer bringen mußte, so erschien es ihr oft eher eine Last als ein Glück -- Mutter zu sein. Sie fühlte sich einmal nicht glücklich, und so ward Alles, was in andern Fällen geeignet ist, das Glück zu erhöhen, für die einmal Unzufriedene eine neue Quelle zur neuen Unzufriedenheit. Durch all' dieses hatte ihr Gesicht schon längst jeden Ausdruck von Milde und Lieblichkeit verloren. Nun hatte die Krankheit ihre Wangen bleich und hohl gemacht, ihre Augen waren matt geworden, und hatten ihren früher schönen Glanz verloren; ihren bleichen Lippen konnte man es nicht ansehen, wie glühend sie einst geküßt hatten, und so glich ihre ganze Erscheinung einer verwelkten Blume.

Jaromir stand erschüttert vor ihr. Es war eine lange, peinliche Pause.

Jaromir, als er so das Weib seiner heiligen, ersten Liebe vor sich sah, hielt den Anblick kaum aus. Er drückte die eine Hand vor die Augen, und ihm war, als sehe er so seine eigene Jugend selbst vor sich, verwelkt und vergiftet, und langsam dahinsterbend -- diesem Weibe hatte er seine Jugend gegeben, und wie ein Gespenst, das keine Ruhe finden kann, stand sie jetzt vor seiner Seele -- wie ein schöner Traum, den er nur ein Mal geträumt, nicht wieder

Kind nicht, denn es war das Kind eines ungeliebten Gatten, und da sie allein sich seiner mühsamen Pflege hatte unterziehen müssen, oft kämpfen mit täglichen Entbehrungen, und manches Opfer bringen mußte, so erschien es ihr oft eher eine Last als ein Glück — Mutter zu sein. Sie fühlte sich einmal nicht glücklich, und so ward Alles, was in andern Fällen geeignet ist, das Glück zu erhöhen, für die einmal Unzufriedene eine neue Quelle zur neuen Unzufriedenheit. Durch all’ dieses hatte ihr Gesicht schon längst jeden Ausdruck von Milde und Lieblichkeit verloren. Nun hatte die Krankheit ihre Wangen bleich und hohl gemacht, ihre Augen waren matt geworden, und hatten ihren früher schönen Glanz verloren; ihren bleichen Lippen konnte man es nicht ansehen, wie glühend sie einst geküßt hatten, und so glich ihre ganze Erscheinung einer verwelkten Blume.

Jaromir stand erschüttert vor ihr. Es war eine lange, peinliche Pause.

Jaromir, als er so das Weib seiner heiligen, ersten Liebe vor sich sah, hielt den Anblick kaum aus. Er drückte die eine Hand vor die Augen, und ihm war, als sehe er so seine eigene Jugend selbst vor sich, verwelkt und vergiftet, und langsam dahinsterbend — diesem Weibe hatte er seine Jugend gegeben, und wie ein Gespenst, das keine Ruhe finden kann, stand sie jetzt vor seiner Seele — wie ein schöner Traum, den er nur ein Mal geträumt, nicht wieder

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[73/0083] Kind nicht, denn es war das Kind eines ungeliebten Gatten, und da sie allein sich seiner mühsamen Pflege hatte unterziehen müssen, oft kämpfen mit täglichen Entbehrungen, und manches Opfer bringen mußte, so erschien es ihr oft eher eine Last als ein Glück — Mutter zu sein. Sie fühlte sich einmal nicht glücklich, und so ward Alles, was in andern Fällen geeignet ist, das Glück zu erhöhen, für die einmal Unzufriedene eine neue Quelle zur neuen Unzufriedenheit. Durch all’ dieses hatte ihr Gesicht schon längst jeden Ausdruck von Milde und Lieblichkeit verloren. Nun hatte die Krankheit ihre Wangen bleich und hohl gemacht, ihre Augen waren matt geworden, und hatten ihren früher schönen Glanz verloren; ihren bleichen Lippen konnte man es nicht ansehen, wie glühend sie einst geküßt hatten, und so glich ihre ganze Erscheinung einer verwelkten Blume. Jaromir stand erschüttert vor ihr. Es war eine lange, peinliche Pause. Jaromir, als er so das Weib seiner heiligen, ersten Liebe vor sich sah, hielt den Anblick kaum aus. Er drückte die eine Hand vor die Augen, und ihm war, als sehe er so seine eigene Jugend selbst vor sich, verwelkt und vergiftet, und langsam dahinsterbend — diesem Weibe hatte er seine Jugend gegeben, und wie ein Gespenst, das keine Ruhe finden kann, stand sie jetzt vor seiner Seele — wie ein schöner Traum, den er nur ein Mal geträumt, nicht wieder

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Zitationshilfe: Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss01_1846/83>, abgerufen am 25.11.2024.