Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846.ohne Lust und Behagen, und dann mit einem: "Gott sei Dank, daß ich fertig bin!" die Feder ärgerlich weggeworfen. Oder wenn er irgend eine Skizze, die ihm just durch den Sinn fuhr, für die er aber nicht gleich einen Verleger wußte, niederschreiben wollte, so sandte man ihm Polnische und Englische Blätter, und verhieß für die schnelle Uebersetzung ein gutes Honorar -- und er übersetzte -- -- -- dann warf er die Feder mit Ekel weg, und konnte sich oft lange nicht überwinden, sie wieder anzurühren, aus Verachtung vor ihr und sich selbst, daß er sie so oft halb gezwungen führen mußte. -- Er hatte es seinem Oheim gesagt, daß er allein für sich selbst sorgen könne, und nur mit Mühe hatte dieser ihn vermogt, wenigstens so lange, als die Zeit seiner Studien bestimmt sei, für diese das Geld von ihm anzunehmen. Jaromir hatte jenen edlen Stolz unabhängiger Charaktere, der Nichts gemein hat mit jenem gemeinen Stolz auf Rang und Ansehen. Daher hielt er sich auch entfernt von der höhern Gesellschaft, die seinen Rang und Stand, aber nicht seine übrigen Verhältnisse kannte, und begierig den schönen, geistreichen jungen Mann in ihre Kreise zu ziehen suchte. Da dies vergebens war, erklärte man ihn für einen Sonderling und Grillenfänger -- dadurch ward er nur noch mehr zum Gegenstand des allgemeinen Interesses, und manches zärtliche Briefchen kam auf einem geheimen Weg zu ihm, das ihm Theilnahme und ohne Lust und Behagen, und dann mit einem: „Gott sei Dank, daß ich fertig bin!“ die Feder ärgerlich weggeworfen. Oder wenn er irgend eine Skizze, die ihm just durch den Sinn fuhr, für die er aber nicht gleich einen Verleger wußte, niederschreiben wollte, so sandte man ihm Polnische und Englische Blätter, und verhieß für die schnelle Uebersetzung ein gutes Honorar — und er übersetzte — — — dann warf er die Feder mit Ekel weg, und konnte sich oft lange nicht überwinden, sie wieder anzurühren, aus Verachtung vor ihr und sich selbst, daß er sie so oft halb gezwungen führen mußte. — Er hatte es seinem Oheim gesagt, daß er allein für sich selbst sorgen könne, und nur mit Mühe hatte dieser ihn vermogt, wenigstens so lange, als die Zeit seiner Studien bestimmt sei, für diese das Geld von ihm anzunehmen. Jaromir hatte jenen edlen Stolz unabhängiger Charaktere, der Nichts gemein hat mit jenem gemeinen Stolz auf Rang und Ansehen. Daher hielt er sich auch entfernt von der höhern Gesellschaft, die seinen Rang und Stand, aber nicht seine übrigen Verhältnisse kannte, und begierig den schönen, geistreichen jungen Mann in ihre Kreise zu ziehen suchte. Da dies vergebens war, erklärte man ihn für einen Sonderling und Grillenfänger — dadurch ward er nur noch mehr zum Gegenstand des allgemeinen Interesses, und manches zärtliche Briefchen kam auf einem geheimen Weg zu ihm, das ihm Theilnahme und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0055" n="45"/> ohne Lust und Behagen, und dann mit einem: „Gott sei Dank, daß ich fertig bin!“ die Feder ärgerlich weggeworfen. Oder wenn er irgend eine Skizze, die ihm just durch den Sinn fuhr, für die er aber nicht gleich einen Verleger wußte, niederschreiben wollte, so sandte man ihm Polnische und Englische Blätter, und verhieß für die schnelle Uebersetzung ein gutes Honorar — und er übersetzte — — — dann warf er die Feder mit Ekel weg, und konnte sich oft lange nicht überwinden, sie wieder anzurühren, aus Verachtung vor ihr und sich selbst, daß er sie so oft halb gezwungen führen mußte. — Er hatte es seinem Oheim gesagt, daß er allein für sich selbst sorgen könne, und nur mit Mühe hatte dieser ihn vermogt, wenigstens so lange, als die Zeit seiner Studien bestimmt <hi rendition="#g">sei</hi>, für diese das Geld von ihm anzunehmen. Jaromir hatte jenen edlen Stolz unabhängiger Charaktere, der Nichts gemein hat mit jenem gemeinen Stolz auf Rang und Ansehen. Daher hielt er sich auch entfernt von der höhern Gesellschaft, die seinen Rang und Stand, aber nicht seine übrigen Verhältnisse kannte, und begierig den schönen, geistreichen jungen Mann in ihre Kreise zu ziehen suchte. Da dies vergebens war, erklärte man ihn für einen Sonderling und Grillenfänger — dadurch ward er nur noch mehr zum Gegenstand des allgemeinen Interesses, und manches zärtliche Briefchen kam auf einem geheimen Weg zu ihm, das ihm Theilnahme und </p> </div> </body> </text> </TEI> [45/0055]
ohne Lust und Behagen, und dann mit einem: „Gott sei Dank, daß ich fertig bin!“ die Feder ärgerlich weggeworfen. Oder wenn er irgend eine Skizze, die ihm just durch den Sinn fuhr, für die er aber nicht gleich einen Verleger wußte, niederschreiben wollte, so sandte man ihm Polnische und Englische Blätter, und verhieß für die schnelle Uebersetzung ein gutes Honorar — und er übersetzte — — — dann warf er die Feder mit Ekel weg, und konnte sich oft lange nicht überwinden, sie wieder anzurühren, aus Verachtung vor ihr und sich selbst, daß er sie so oft halb gezwungen führen mußte. — Er hatte es seinem Oheim gesagt, daß er allein für sich selbst sorgen könne, und nur mit Mühe hatte dieser ihn vermogt, wenigstens so lange, als die Zeit seiner Studien bestimmt sei, für diese das Geld von ihm anzunehmen. Jaromir hatte jenen edlen Stolz unabhängiger Charaktere, der Nichts gemein hat mit jenem gemeinen Stolz auf Rang und Ansehen. Daher hielt er sich auch entfernt von der höhern Gesellschaft, die seinen Rang und Stand, aber nicht seine übrigen Verhältnisse kannte, und begierig den schönen, geistreichen jungen Mann in ihre Kreise zu ziehen suchte. Da dies vergebens war, erklärte man ihn für einen Sonderling und Grillenfänger — dadurch ward er nur noch mehr zum Gegenstand des allgemeinen Interesses, und manches zärtliche Briefchen kam auf einem geheimen Weg zu ihm, das ihm Theilnahme und
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Zitationshilfe: | Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss01_1846/55>, abgerufen am 16.02.2025. |