Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846.niedergeschlagenen Augen, dann aber heftete sie dieselben weitgeöffnet ängstlich auf ihren Gatten, um zu erforschen, welchen Eindruck dieses Geständniß auf ihn mache. Ueber seine ganze Gestalt rießelte es wie ein eisiger Schauer -- seine Hände ließen die Bettpfoste los, auf die sie sich vorhin gestützt hatten -- er sah auf sie, eben so starr, eben so fest, wie sie auf ihn -- doch lag ein ungläubiges Forschen in diesem Blick und eine innige Zärtlichkeit, welche flehte: nimm das Wort zurück -- ich verstehe Dich nicht. Sie hielt diesen vertrauenden Liebesblick nicht aus, und indem sie ihr Gesicht abwendete, schrie sie auf: "Fluch mir lieber! Ich kann das eher ertragen, als Deine Engelmilde, als Deine blindvertrauende Liebe -- -- ich habe Dich geachtet, ich habe Ehrfurcht vor Dir gehabt -- ich habe mir tausend Mal gesagt, daß Du edler, besser seiest, als all' die andern Männer -- auch als er -- mein Geist hat es mir gesagt, nicht mein Herz -- mein Verstand, aber nicht mein Gefühl -- und so habe ich Dich niemals lieben können, wie Du Dich geliebt glaubtest -- niemals wie ihn -- -- und so habe ich doppelt gefehlt, an ihm, dem ich die Treue brach, und an Dir, dem ich Liebe heuchelte -- ich habe Euch Beide unglücklich gemacht, Ihr müßt mir Beide vergeben, damit ich versöhnt aus dem Leben gehen kann." Johannes trat noch ein paar Schritte zurück und niedergeschlagenen Augen, dann aber heftete sie dieselben weitgeöffnet ängstlich auf ihren Gatten, um zu erforschen, welchen Eindruck dieses Geständniß auf ihn mache. Ueber seine ganze Gestalt rießelte es wie ein eisiger Schauer — seine Hände ließen die Bettpfoste los, auf die sie sich vorhin gestützt hatten — er sah auf sie, eben so starr, eben so fest, wie sie auf ihn — doch lag ein ungläubiges Forschen in diesem Blick und eine innige Zärtlichkeit, welche flehte: nimm das Wort zurück — ich verstehe Dich nicht. Sie hielt diesen vertrauenden Liebesblick nicht aus, und indem sie ihr Gesicht abwendete, schrie sie auf: „Fluch mir lieber! Ich kann das eher ertragen, als Deine Engelmilde, als Deine blindvertrauende Liebe — — ich habe Dich geachtet, ich habe Ehrfurcht vor Dir gehabt — ich habe mir tausend Mal gesagt, daß Du edler, besser seiest, als all’ die andern Männer — auch als er — mein Geist hat es mir gesagt, nicht mein Herz — mein Verstand, aber nicht mein Gefühl — und so habe ich Dich niemals lieben können, wie Du Dich geliebt glaubtest — niemals wie ihn — — und so habe ich doppelt gefehlt, an ihm, dem ich die Treue brach, und an Dir, dem ich Liebe heuchelte — ich habe Euch Beide unglücklich gemacht, Ihr müßt mir Beide vergeben, damit ich versöhnt aus dem Leben gehen kann.“ Johannes trat noch ein paar Schritte zurück und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0033" n="23"/> niedergeschlagenen Augen, dann aber heftete sie dieselben weitgeöffnet ängstlich auf ihren Gatten, um zu erforschen, welchen Eindruck dieses Geständniß auf ihn mache.</p> <p>Ueber seine ganze Gestalt rießelte es wie ein eisiger Schauer — seine Hände ließen die Bettpfoste los, auf die sie sich vorhin gestützt hatten — er sah auf sie, eben so starr, eben so fest, wie sie auf ihn — doch lag ein ungläubiges Forschen in diesem Blick und eine innige Zärtlichkeit, welche flehte: nimm das Wort zurück — ich verstehe Dich nicht.</p> <p>Sie hielt diesen vertrauenden Liebesblick nicht aus, und indem sie ihr Gesicht abwendete, schrie sie auf: „Fluch mir lieber! Ich kann das eher ertragen, als Deine Engelmilde, als Deine blindvertrauende Liebe — — ich habe Dich geachtet, ich habe Ehrfurcht vor Dir gehabt — ich habe mir tausend Mal gesagt, daß Du edler, besser seiest, als all’ die andern Männer — auch als er — mein Geist hat es mir gesagt, nicht mein Herz — mein Verstand, aber nicht mein Gefühl — und so habe ich Dich niemals lieben können, wie Du Dich geliebt glaubtest — niemals wie ihn — — und so habe ich doppelt gefehlt, an ihm, dem ich die Treue brach, und an Dir, dem ich Liebe heuchelte — ich habe Euch Beide unglücklich gemacht, Ihr müßt mir Beide vergeben, damit ich versöhnt aus dem Leben gehen kann.“</p> <p>Johannes trat noch ein paar Schritte zurück und </p> </div> </body> </text> </TEI> [23/0033]
niedergeschlagenen Augen, dann aber heftete sie dieselben weitgeöffnet ängstlich auf ihren Gatten, um zu erforschen, welchen Eindruck dieses Geständniß auf ihn mache.
Ueber seine ganze Gestalt rießelte es wie ein eisiger Schauer — seine Hände ließen die Bettpfoste los, auf die sie sich vorhin gestützt hatten — er sah auf sie, eben so starr, eben so fest, wie sie auf ihn — doch lag ein ungläubiges Forschen in diesem Blick und eine innige Zärtlichkeit, welche flehte: nimm das Wort zurück — ich verstehe Dich nicht.
Sie hielt diesen vertrauenden Liebesblick nicht aus, und indem sie ihr Gesicht abwendete, schrie sie auf: „Fluch mir lieber! Ich kann das eher ertragen, als Deine Engelmilde, als Deine blindvertrauende Liebe — — ich habe Dich geachtet, ich habe Ehrfurcht vor Dir gehabt — ich habe mir tausend Mal gesagt, daß Du edler, besser seiest, als all’ die andern Männer — auch als er — mein Geist hat es mir gesagt, nicht mein Herz — mein Verstand, aber nicht mein Gefühl — und so habe ich Dich niemals lieben können, wie Du Dich geliebt glaubtest — niemals wie ihn — — und so habe ich doppelt gefehlt, an ihm, dem ich die Treue brach, und an Dir, dem ich Liebe heuchelte — ich habe Euch Beide unglücklich gemacht, Ihr müßt mir Beide vergeben, damit ich versöhnt aus dem Leben gehen kann.“
Johannes trat noch ein paar Schritte zurück und
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