Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite

von höflichen Redensarten, kriechenden Bitten und aristokratischen Anmaßungen. -- Er sandte diesen Brief sogleich durch einen erpressen Boten an Herrn Felchner.

Dieser saß eben mit Pauline, Georg und den Factoren beim Abendessen, welches so hastig und schweigsam eingenommen ward, wie immer, als man ihm des Rittmeisters Brief überbrachte. Er riß das Siegel verdrießlich auf -- "sollte er doch noch das Geld aufgetrieben, und mich so um den guten Handel, den ich so leicht mit dem Walde gemacht hätte, betrügen?"

Als er gelesen, und die Papiere durchgesehen, stand er halb ärgerlich, halb lächelnd auf, und ging in sein Comtoir. Hier schrieb er an den Rittmeister: "Euer Hochwohlgeboren haben mir kein baares Geld geschickt, sondern elende Papiere, zum Theil von sehr relativem Werth. Wer wird eine Schuldzahlung in Actien annehmen? Die Bürgschaft des Grafen Hohenthal ist für mich ohne Werth, denn sie ist nicht gerichtlich. Ein Mann, ein Wort -- ich habe sechs Wochen Geduld gehabt, und Ihnen heute erklärt, daß dieselbe zu Ende ist. Bemühen Sie sich ja nicht weiter, mit höflichen Redensarten mich andern Sinnes zu machen. Ich schicke Ihnen Ihre Papiere wieder, und übergebe morgen unsere Sache dem Gericht."

Er versiegelte Alles, und gab das Paquet dem Boten des Rittmeisters. Dann rief er seine Tochter.

von höflichen Redensarten, kriechenden Bitten und aristokratischen Anmaßungen. — Er sandte diesen Brief sogleich durch einen erpressen Boten an Herrn Felchner.

Dieser saß eben mit Pauline, Georg und den Factoren beim Abendessen, welches so hastig und schweigsam eingenommen ward, wie immer, als man ihm des Rittmeisters Brief überbrachte. Er riß das Siegel verdrießlich auf — „sollte er doch noch das Geld aufgetrieben, und mich so um den guten Handel, den ich so leicht mit dem Walde gemacht hätte, betrügen?“

Als er gelesen, und die Papiere durchgesehen, stand er halb ärgerlich, halb lächelnd auf, und ging in sein Comtoir. Hier schrieb er an den Rittmeister: „Euer Hochwohlgeboren haben mir kein baares Geld geschickt, sondern elende Papiere, zum Theil von sehr relativem Werth. Wer wird eine Schuldzahlung in Actien annehmen? Die Bürgschaft des Grafen Hohenthal ist für mich ohne Werth, denn sie ist nicht gerichtlich. Ein Mann, ein Wort — ich habe sechs Wochen Geduld gehabt, und Ihnen heute erklärt, daß dieselbe zu Ende ist. Bemühen Sie sich ja nicht weiter, mit höflichen Redensarten mich andern Sinnes zu machen. Ich schicke Ihnen Ihre Papiere wieder, und übergebe morgen unsere Sache dem Gericht.“

Er versiegelte Alles, und gab das Paquet dem Boten des Rittmeisters. Dann rief er seine Tochter.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0212" n="202"/>
von höflichen Redensarten, kriechenden Bitten und aristokratischen Anmaßungen. &#x2014; Er sandte diesen Brief sogleich durch einen erpressen Boten an Herrn Felchner.</p>
        <p>Dieser saß eben mit Pauline, Georg und den Factoren beim Abendessen, welches so hastig und schweigsam eingenommen ward, wie immer, als man ihm des Rittmeisters Brief überbrachte. Er riß das Siegel verdrießlich auf &#x2014; &#x201E;sollte er doch noch das Geld aufgetrieben, und mich so um den guten Handel, den ich so leicht mit dem Walde gemacht hätte, betrügen?&#x201C;</p>
        <p>Als er gelesen, und die Papiere durchgesehen, stand er halb ärgerlich, halb lächelnd auf, und ging in sein Comtoir. Hier schrieb er an den Rittmeister: &#x201E;Euer Hochwohlgeboren haben mir kein baares Geld geschickt, sondern elende Papiere, zum Theil von sehr relativem Werth. Wer wird eine Schuldzahlung in Actien annehmen? Die Bürgschaft des Grafen Hohenthal ist für mich ohne Werth, denn sie ist nicht gerichtlich. Ein Mann, ein Wort &#x2014; ich habe sechs Wochen Geduld gehabt, und Ihnen heute erklärt, daß dieselbe zu Ende ist. Bemühen Sie sich ja nicht weiter, mit höflichen Redensarten mich andern Sinnes zu machen. Ich schicke Ihnen Ihre Papiere wieder, und übergebe morgen unsere Sache dem Gericht.&#x201C;</p>
        <p>Er versiegelte Alles, und gab das Paquet dem Boten des Rittmeisters. Dann rief er seine Tochter.</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[202/0212] von höflichen Redensarten, kriechenden Bitten und aristokratischen Anmaßungen. — Er sandte diesen Brief sogleich durch einen erpressen Boten an Herrn Felchner. Dieser saß eben mit Pauline, Georg und den Factoren beim Abendessen, welches so hastig und schweigsam eingenommen ward, wie immer, als man ihm des Rittmeisters Brief überbrachte. Er riß das Siegel verdrießlich auf — „sollte er doch noch das Geld aufgetrieben, und mich so um den guten Handel, den ich so leicht mit dem Walde gemacht hätte, betrügen?“ Als er gelesen, und die Papiere durchgesehen, stand er halb ärgerlich, halb lächelnd auf, und ging in sein Comtoir. Hier schrieb er an den Rittmeister: „Euer Hochwohlgeboren haben mir kein baares Geld geschickt, sondern elende Papiere, zum Theil von sehr relativem Werth. Wer wird eine Schuldzahlung in Actien annehmen? Die Bürgschaft des Grafen Hohenthal ist für mich ohne Werth, denn sie ist nicht gerichtlich. Ein Mann, ein Wort — ich habe sechs Wochen Geduld gehabt, und Ihnen heute erklärt, daß dieselbe zu Ende ist. Bemühen Sie sich ja nicht weiter, mit höflichen Redensarten mich andern Sinnes zu machen. Ich schicke Ihnen Ihre Papiere wieder, und übergebe morgen unsere Sache dem Gericht.“ Er versiegelte Alles, und gab das Paquet dem Boten des Rittmeisters. Dann rief er seine Tochter.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Repository TextGrid: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-23T11:52:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christoph Leijser, Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-23T11:52:15Z)
HATHI TRUST Digital Library: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-23T11:52:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss01_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss01_1846/212
Zitationshilfe: Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss01_1846/212>, abgerufen am 23.11.2024.