Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846.Seele, und es gab Momente, wo er sinnend in selige Träumereien versank -- sie kamen ihm dann, wenn er ihrer gedachte. Der Frühling war gekommen. Bella nahm Urlaub zu einer Kunstreise. Jaromir hatte sich nun noch mehr, als je gelangweilt. Er hatte daher mit Vergnügen den Vorschlag eines seiner Bekannten, von Waldow, angenommen, ihn auf das Gut seines Oheims, welchen er früher schon einmal kennen gelernt, zu begleiten, um fern von der Stadt in Bergen und Thälern den Frühling in seinem ersten Kommen zu belauschen. Und so hält denn jetzt der Wagen, in welchem der Rittmeister von Waldow mit seinem Neffen und Jaromir sitzt, im weiten Hofe des Schlosses Hohenthal. Die Ankommenden wurden gemeldet, und in das Empfangzimmer geführt. Die Gräfin, eine sehr hohe Gestalt, mit edlen, feinen Zügen, welche noch im Alter Spuren einer stolzen Schönheit zeigten, saß auf dem Sopha -- der Graf trat einige Schritte nach der Thüre den eintretenden Gästen entgegen. Jaromir ward vorgestellt, und mit besondrer Huld begrüßt. Bereits hatte man sich eine Weile ziemlich lebhaft unterhalten, und der Rittmeister dem Grafen fein zu verstehen gegeben, daß er ihn allein und in Geschäften zu sprechen wünsche; man stand eben auf, um, weil jetzt gerade die Sonne noch so warm schien, einen Spazier Seele, und es gab Momente, wo er sinnend in selige Träumereien versank — sie kamen ihm dann, wenn er ihrer gedachte. Der Frühling war gekommen. Bella nahm Urlaub zu einer Kunstreise. Jaromir hatte sich nun noch mehr, als je gelangweilt. Er hatte daher mit Vergnügen den Vorschlag eines seiner Bekannten, von Waldow, angenommen, ihn auf das Gut seines Oheims, welchen er früher schon einmal kennen gelernt, zu begleiten, um fern von der Stadt in Bergen und Thälern den Frühling in seinem ersten Kommen zu belauschen. Und so hält denn jetzt der Wagen, in welchem der Rittmeister von Waldow mit seinem Neffen und Jaromir sitzt, im weiten Hofe des Schlosses Hohenthal. Die Ankommenden wurden gemeldet, und in das Empfangzimmer geführt. Die Gräfin, eine sehr hohe Gestalt, mit edlen, feinen Zügen, welche noch im Alter Spuren einer stolzen Schönheit zeigten, saß auf dem Sopha — der Graf trat einige Schritte nach der Thüre den eintretenden Gästen entgegen. Jaromir ward vorgestellt, und mit besondrer Huld begrüßt. Bereits hatte man sich eine Weile ziemlich lebhaft unterhalten, und der Rittmeister dem Grafen fein zu verstehen gegeben, daß er ihn allein und in Geschäften zu sprechen wünsche; man stand eben auf, um, weil jetzt gerade die Sonne noch so warm schien, einen Spazier <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0200" n="190"/> Seele, und es gab Momente, wo er sinnend in selige Träumereien versank — sie kamen ihm dann, wenn er ihrer gedachte.</p> <p>Der Frühling war gekommen. Bella nahm Urlaub zu einer Kunstreise. Jaromir hatte sich nun noch mehr, als je gelangweilt. Er hatte daher mit Vergnügen den Vorschlag eines seiner Bekannten, von Waldow, angenommen, ihn auf das Gut seines Oheims, welchen er früher schon einmal kennen gelernt, zu begleiten, um fern von der Stadt in Bergen und Thälern den Frühling in seinem ersten Kommen zu belauschen.</p> <p>Und so hält denn jetzt der Wagen, in welchem der Rittmeister von Waldow mit seinem Neffen und Jaromir sitzt, im weiten Hofe des Schlosses Hohenthal.</p> <p>Die Ankommenden wurden gemeldet, und in das Empfangzimmer geführt. Die Gräfin, eine sehr hohe Gestalt, mit edlen, feinen Zügen, welche noch im Alter Spuren einer stolzen Schönheit zeigten, saß auf dem Sopha — der Graf trat einige Schritte nach der Thüre den eintretenden Gästen entgegen. Jaromir ward vorgestellt, und mit besondrer Huld begrüßt. Bereits hatte man sich eine Weile ziemlich lebhaft unterhalten, und der Rittmeister dem Grafen fein zu verstehen gegeben, daß er ihn allein und in Geschäften zu sprechen wünsche; man stand eben auf, um, weil jetzt gerade die Sonne noch so warm schien, einen Spazier </p> </div> </body> </text> </TEI> [190/0200]
Seele, und es gab Momente, wo er sinnend in selige Träumereien versank — sie kamen ihm dann, wenn er ihrer gedachte.
Der Frühling war gekommen. Bella nahm Urlaub zu einer Kunstreise. Jaromir hatte sich nun noch mehr, als je gelangweilt. Er hatte daher mit Vergnügen den Vorschlag eines seiner Bekannten, von Waldow, angenommen, ihn auf das Gut seines Oheims, welchen er früher schon einmal kennen gelernt, zu begleiten, um fern von der Stadt in Bergen und Thälern den Frühling in seinem ersten Kommen zu belauschen.
Und so hält denn jetzt der Wagen, in welchem der Rittmeister von Waldow mit seinem Neffen und Jaromir sitzt, im weiten Hofe des Schlosses Hohenthal.
Die Ankommenden wurden gemeldet, und in das Empfangzimmer geführt. Die Gräfin, eine sehr hohe Gestalt, mit edlen, feinen Zügen, welche noch im Alter Spuren einer stolzen Schönheit zeigten, saß auf dem Sopha — der Graf trat einige Schritte nach der Thüre den eintretenden Gästen entgegen. Jaromir ward vorgestellt, und mit besondrer Huld begrüßt. Bereits hatte man sich eine Weile ziemlich lebhaft unterhalten, und der Rittmeister dem Grafen fein zu verstehen gegeben, daß er ihn allein und in Geschäften zu sprechen wünsche; man stand eben auf, um, weil jetzt gerade die Sonne noch so warm schien, einen Spazier
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