Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite
XI.
Wiedersehen.
"Ein Thor, wer auch die Hefen schlürfte,
Weil er den Becher ausgeleert;
Wir wären, wenn's so enden dürfte,
Eines des Andern nimmer werth."

Franz Dingelstedt.

Die Langeweile war es, welche Jaromir noch lange an Bella gefesselt hatte, obwohl sein Herz längst Nichts mehr wußte von diesem Bande. Auch hatte sich das Verhältniß geändert, früher war er der Sklave ihrer Launen gewesen, später mußte sie die seinen ertragen.

Zuweilen war er lange außen geblieben, aber endlich war er doch immer wieder zu ihr gegangen, weil er für die Stunden, die er bei ihr zuzubringen pflegte, doch nirgends andern Ersatz fand. Um es mit einfachen Worten kurz zu sagen: es fehlte ihm Etwas, wenn er lange nicht bei ihr gewesen war, und so ging er immer wieder zu ihr. Wollte sie ihn dann mit Vorwürfen empfangen, daß er so lange nicht da gewesen, so setzte er ihrer leidenschaftlichen Heftigkeit eine ernste, fast schwermüthige Ruhe entgegen,

XI.
Wiedersehen.
„Ein Thor, wer auch die Hefen schlürfte,
Weil er den Becher ausgeleert;
Wir wären, wenn’s so enden dürfte,
Eines des Andern nimmer werth.“

Franz Dingelstedt.

Die Langeweile war es, welche Jaromir noch lange an Bella gefesselt hatte, obwohl sein Herz längst Nichts mehr wußte von diesem Bande. Auch hatte sich das Verhältniß geändert, früher war er der Sklave ihrer Launen gewesen, später mußte sie die seinen ertragen.

Zuweilen war er lange außen geblieben, aber endlich war er doch immer wieder zu ihr gegangen, weil er für die Stunden, die er bei ihr zuzubringen pflegte, doch nirgends andern Ersatz fand. Um es mit einfachen Worten kurz zu sagen: es fehlte ihm Etwas, wenn er lange nicht bei ihr gewesen war, und so ging er immer wieder zu ihr. Wollte sie ihn dann mit Vorwürfen empfangen, daß er so lange nicht da gewesen, so setzte er ihrer leidenschaftlichen Heftigkeit eine ernste, fast schwermüthige Ruhe entgegen,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0188" n="178"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#g #b">XI.<lb/>
Wiedersehen.</hi> </head><lb/>
        <cit rendition="#right">
          <quote>
            <lg>
              <l>&#x201E;Ein Thor, wer auch die Hefen schlürfte,</l><lb/>
              <l>Weil er den Becher ausgeleert;</l><lb/>
              <l>Wir wären, wenn&#x2019;s so enden dürfte,</l><lb/>
              <l>Eines des Andern nimmer werth.&#x201C;</l>
            </lg>
          </quote><lb/>
          <bibl> <hi rendition="#g #right">Franz Dingelstedt.</hi> </bibl>
        </cit>
        <p><hi rendition="#in">D</hi>ie Langeweile war es, welche Jaromir noch lange an Bella gefesselt hatte, obwohl sein Herz längst Nichts mehr wußte von diesem Bande. Auch hatte sich das Verhältniß geändert, früher war er der Sklave ihrer Launen gewesen, später mußte sie die seinen ertragen.</p>
        <p>Zuweilen war er lange außen geblieben, aber endlich war er doch immer wieder zu ihr gegangen, weil er für die Stunden, die er bei ihr zuzubringen pflegte, doch nirgends andern Ersatz fand. Um es mit einfachen Worten kurz zu sagen: es fehlte ihm Etwas, wenn er lange nicht bei ihr gewesen war, und so ging er immer wieder zu ihr. Wollte sie ihn dann mit Vorwürfen empfangen, daß er so lange nicht da gewesen, so setzte er ihrer leidenschaftlichen Heftigkeit eine ernste, fast schwermüthige Ruhe entgegen,
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[178/0188] XI. Wiedersehen. „Ein Thor, wer auch die Hefen schlürfte, Weil er den Becher ausgeleert; Wir wären, wenn’s so enden dürfte, Eines des Andern nimmer werth.“ Franz Dingelstedt. Die Langeweile war es, welche Jaromir noch lange an Bella gefesselt hatte, obwohl sein Herz längst Nichts mehr wußte von diesem Bande. Auch hatte sich das Verhältniß geändert, früher war er der Sklave ihrer Launen gewesen, später mußte sie die seinen ertragen. Zuweilen war er lange außen geblieben, aber endlich war er doch immer wieder zu ihr gegangen, weil er für die Stunden, die er bei ihr zuzubringen pflegte, doch nirgends andern Ersatz fand. Um es mit einfachen Worten kurz zu sagen: es fehlte ihm Etwas, wenn er lange nicht bei ihr gewesen war, und so ging er immer wieder zu ihr. Wollte sie ihn dann mit Vorwürfen empfangen, daß er so lange nicht da gewesen, so setzte er ihrer leidenschaftlichen Heftigkeit eine ernste, fast schwermüthige Ruhe entgegen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Repository TextGrid: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-23T11:52:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christoph Leijser, Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-23T11:52:15Z)
HATHI TRUST Digital Library: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-23T11:52:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss01_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss01_1846/188
Zitationshilfe: Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss01_1846/188>, abgerufen am 24.11.2024.