Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846.I. Die Erziehungsanstalt.
Betty Paoli. Zehn Uhr Abends. Um diese Stunde mußten in dem großen Hause des Herrn Doctor Nollin alle Lichter verlöscht und sollten alle Augen geschlossen sein. Und es waren viel schöne Augensterne, die da mit den Lichtern um die Wette zu leuchten aufhören mußten, statt daß manche von ihnen gewiß noch so gern abendlich geschwärmt und geblinkt hätten. Denn mehr als zwanzig junge Mädchen bewohnten dieses Haus auf der breiten, aber etwas einsamen Königsstraße einer Deutschen Residenz zweiter Größe. Herr und Madame Nollin leiteten nämlich ein Institut zur Erziehung und Ausbildung junger Mädchen aus den höheren Ständen. Das Institut war eben so vornehm, als kostspielig eingerichtet und daher auch nur von den Töchtern solcher Familien besucht, welchen Rang und Reichthum einen I. Die Erziehungsanstalt.
Betty Paoli. Zehn Uhr Abends. Um diese Stunde mußten in dem großen Hause des Herrn Doctor Nollin alle Lichter verlöscht und sollten alle Augen geschlossen sein. Und es waren viel schöne Augensterne, die da mit den Lichtern um die Wette zu leuchten aufhören mußten, statt daß manche von ihnen gewiß noch so gern abendlich geschwärmt und geblinkt hätten. Denn mehr als zwanzig junge Mädchen bewohnten dieses Haus auf der breiten, aber etwas einsamen Königsstraße einer Deutschen Residenz zweiter Größe. Herr und Madame Nollin leiteten nämlich ein Institut zur Erziehung und Ausbildung junger Mädchen aus den höheren Ständen. Das Institut war eben so vornehm, als kostspielig eingerichtet und daher auch nur von den Töchtern solcher Familien besucht, welchen Rang und Reichthum einen <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0013"/> <div> <head> <hi rendition="#g #b">I.<lb/> Die Erziehungsanstalt.</hi> </head><lb/> <cit rendition="#right"> <quote> <lg> <l> „Was er mir ist? O, frage Blumenkelche,</l><lb/> <l> Was ihnen wohl der Thau, der sie besprengt?“</l><lb/> </lg> </quote><lb/> <bibl> <hi rendition="#g">Betty Paoli.</hi> </bibl> </cit> <p><hi rendition="#in">Z</hi>ehn Uhr Abends. Um diese Stunde mußten in dem großen Hause des Herrn Doctor Nollin alle Lichter verlöscht und sollten alle Augen geschlossen sein. Und es waren viel schöne Augensterne, die da mit den Lichtern um die Wette zu leuchten aufhören mußten, statt daß manche von ihnen gewiß noch so gern abendlich geschwärmt und geblinkt hätten. Denn mehr als zwanzig junge Mädchen bewohnten dieses Haus auf der breiten, aber etwas einsamen Königsstraße einer Deutschen Residenz zweiter Größe. Herr und Madame Nollin leiteten nämlich ein Institut zur Erziehung und Ausbildung junger Mädchen aus den höheren Ständen. Das Institut war eben so vornehm, als kostspielig eingerichtet und daher auch nur von den Töchtern solcher Familien besucht, welchen Rang und Reichthum einen </p> </div> </body> </text> </TEI> [0013]
I.
Die Erziehungsanstalt.
„Was er mir ist? O, frage Blumenkelche,
Was ihnen wohl der Thau, der sie besprengt?“
Betty Paoli. Zehn Uhr Abends. Um diese Stunde mußten in dem großen Hause des Herrn Doctor Nollin alle Lichter verlöscht und sollten alle Augen geschlossen sein. Und es waren viel schöne Augensterne, die da mit den Lichtern um die Wette zu leuchten aufhören mußten, statt daß manche von ihnen gewiß noch so gern abendlich geschwärmt und geblinkt hätten. Denn mehr als zwanzig junge Mädchen bewohnten dieses Haus auf der breiten, aber etwas einsamen Königsstraße einer Deutschen Residenz zweiter Größe. Herr und Madame Nollin leiteten nämlich ein Institut zur Erziehung und Ausbildung junger Mädchen aus den höheren Ständen. Das Institut war eben so vornehm, als kostspielig eingerichtet und daher auch nur von den Töchtern solcher Familien besucht, welchen Rang und Reichthum einen
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